Am Ende des Winters
Bahn getan, die – er wußte nicht, wohin, ins Unermeßliche? – führen würde. Voll Dankbarkeit verbarg er den Wunderstein wieder in seinem Beutel. Er würde seine Forschungsbemühungen an einem anderen Tag fortsetzen. Aber wenigstens hatte er nun den Anfang gemacht. Endlich.
In einem unruhevollen Traum erblickte Harruel sich selbst, wie er die Türme von Vengiboneeza mit seinen Händen packte und bis auf den Grund aus der Erde riß und sie wie dürre Stecken gegeneinander schlug, um dann verächtlich die Bruchstücke fortzuwerfen.
Koshmar zeigte sich in seinem Traum und stellte sich ihm gegenüber und höhnte ihn herausfordernd, er möge versuchen sie zu Boden zu werfen. Er brach einen gewaltigen Steinturm los und schwang ihn wie eine Keule hoch über Koshmars Haupt und suchte sie zu zerschmettern. Sie aber sprang hurtig beiseite. Er brüllte und schwang den Turm erneut. Und noch einmal. Und verfolgte sie durch die Straßen der Stadt, bis er sie zwischen zwei mächtigen sehwarzwandigen Gebäuden in die Enge getrieben hatte. Ruhig erwartete sie ihn dort, ein furchtloses spöttisches Lächeln auf dem Gesicht.
In brüllendem Groll faßte Harruel nun den Turm unter den Arm wie einen Speer. Und er begann damit auf die Führerin loszupreschen; aber gerade als er sich dazu anschickte, packte ihn etwas an der Kehle und hielt ihn fest. Der Turm entfiel seinen Händen und stürzte krachend zu Boden. Wer besaß die Kühnheit, ihn auf diese Weise zu hindern? Torlyri? Ja, Die Opferfrau hielt ihn mit erstaunlicher Stärke umfangen, so daß er spürte, wie ihm die Seele in seiner Brust nach oben und außen gepreßt wurde. Verzweifelt kämpfte Harruel, und allmählich gelang es ihm, ihre Umklammerung aufzubrechen, doch während sie noch rangen, nahm sie eine andere Gestalt an und verwandelte sich in seine Kopulationspartnerin, Minbain, und dann in diesen sonderbaren Jungen Hresh, der solch ein Rätselding für ihn war, und danach wurde sie zu einem brüllenden, tobenden Saphiräugigen, riesenhaft und grün und abscheulich, mit flammendblauen Augen und einem scheußlich schnappenden Riesenmaul voller zahlreicher unheilvoll blitzender Zahnreihen.
»Verwandle dich nur, wie du willst!« brüllte Harruel. »Ich werde dich dennoch töten!«
Er packte die langen Kiefer des Saphiräugigen und mühte sich, sie auseinanderzuzwängen, einhändig, und sie gespreizt zu halten, während er mit der anderen Hand nach einem Turm griff, um ihn wie einen Keil hineinzustopfen und das gräßliche Maul des Geschöpfs am Zuschnappen zu hindern. Die Kreatur wehrte sich mit wütenden Prankenhieben der krallenbesetzten Hände, doch er achtete dessen nicht, sondern zwang die gewaltigen Kiefer auf und stieß das große Haupt zurück…
»Harruel!« schrie das Ding. »Bitte, laß ab, Harruel! Harruel!«
Die Stimme war merkwürdig leise, fast nur ein Wimmern. Und es war eine Stimme, die er kannte. Die stimme einer Frau, beinahe wie die Stimme seiner Partnerin, Minbain…
»Harruel! Nicht…«
Er driftete ins Bewußtsein herauf, das wie ein Steinpflaster über ihm lag. Als er hindurchgebrochen war, merkte er, daß er sich dicht am Ende des Raumes befand, in dem er und Minbain schliefen. Minbain war gegen die Wand gedrückt und mühte sich, ihn fortzuschieben. Seine Arme waren wie in einem Irrsinnskrampf um die Frau geschlungen, sein Kopf preßte sich in die Grube zwischen Schulter und Hals.
»Yissou!« brummte er, und er gab sie frei und wälzte sich von ihr fort. Der dumpf stechende Gestank seines eigenen ranzigen Schweißes erfüllte den Raum und erregte bei ihm Übelkeit. Die oberen Muskelpartien seiner Arme zuckten und hüpften, als wollten sie von seinem Körper wegplatzen, und über seine Schultern und seinen Nacken verlief eine brennende Schwellung. Er wischte sich glitzernde Speichelfäden aus dem groben Pelzhaar um seine Kiefer. Über seinen Leib liefen heftige krampfartige Zuckungen.
Mit unsicherer Stimme fragte Minbain in die Stille: »Harruel?«
»Ein Traum«, stammelte er mit dicker Zunge. »Meine Seele hat sich von mir gelöst, und ich war in einer fremden Welt. Hab ich dir weh getan?«
»Du hast mir Angst gemacht«, antwortete Minbain. Ihre dunklen ernsten Augen bohrten sich in die seinigen. »Du warst irgendwie ganz wild – hast gräßliche Laute ausgestoßen, ein Würgen und Keuchen – und du hast um dich geschlagen – und dann hast du mich gepackt, und ich dachte schon, ich dachte, du willst…«
»Ich würde dir nie was
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