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Am Ende eines Sommers - Roman

Am Ende eines Sommers - Roman

Titel: Am Ende eines Sommers - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Ashdown
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nah beieinander, weil das Bett so schmal ist. »Kennst du die Geschichte vom Trojanischen Krieg, Jake?«, würde sie mich fragen. »Erzählen Sie mir davon«, flüstere ich ihr ins Ohr.
    Ellie schnuppert an der Tür; anscheinend habe ich sie ausgesperrt. Ich setze mich auf, rot im Gesicht und aufgeregt, und sortiere mich, während ich zur Tür stolpere. Ich versuche, nicht wütend auf Ellie zu sein, bin es aber doch. Sie schaut mit traurigen Augen zu mir auf, und mir bleibt nichts anderes übrig, als ihr zu verzeihen, und ich fahre ihr spielerisch durch das Fell. Ich gehe zum Pinkeln nach nebenan aufs Klo und beschließe, mir den Rest des Hauses anzusehen, solange es noch still ist.
    Die Treppe, die von den Dachzimmern nach unten führt, ist aus dunklem Holz, schmal und gewunden. Scharrend und rutschend kommt Ellie mir nach. Sie ist zu groß für die engen, glatten Stufen. Von oben bis unten hängen unheimliche alte Porträts an der Wand. Wahrscheinlich Vorfahren. Im nächsttieferen Stock sind die Schlafzimmer der Familie, außerdem ein großes Bad und ein Spielzimmer. Ich werfe einen Blick in das Spielzimmer und sehe Regale vom Boden bis zur Decke, die sich unter allen erdenklichen Brettspielen biegen. Monopoly , Mensch ärgere Dich nicht , Cluedo , Wer war’s? , Yahtzee , Domino , Puzzles, Reversi . An allen Wänden hängen Poster, und überall sind kleine runde graue Flecken, wo Klebepads die Farbe abgerissen haben. Eine Wand ist schwarz gestrichen und voller Zeichnungen und Wörter in rosa und blauer Kreide. Unter dem Fenster steht eine große Truhe mit Bären und Plastikpuppen, ein paar davon mit abrasierten Haaren, sie sehen aus wie nackte Chemo-Patienten. Der Teppich ist dreckig; den Krümeln und lila Flecken nach dürfen sie hier oben essen und trinken. An der Wand lehnt ein echt alt aussehendes Schaukelpferd, und ein elektronisches Keyboard ist eingestöpselt und spielbereit. In einer Ecke steht sogar ein richtiges Schlagzeug.
    »Was willst du hier?«, knurrt George beinahe flüsternd und dicht an meinem Ohr.
    Er jagt mir einen Heidenschreck ein. Ich fahre herum, und aus meinem Mund kommt ein Quieken. Ich muss wirklich blöd und ängstlich aussehen, denn er lacht schnaubend, und dann nimmt er seine Schlagzeugstöcke und setzt sich großspurig auf den Hocker. Ich glaube, das soll mich beeindrucken. Ellie plumpst neben ihm zu Boden und legt seufzend den Kopf auf die Vorderpfoten.
    »Na los«, sage ich. »Spiel uns was vor.«
    George sieht mich spöttisch an und kratzt sich mit einem Trommelstock hinter dem Ohr.
    »Und, auf was stehst du?«, fragt er, als wollte er Krach mit mir anfangen. »Musik? Auf was stehst du?«
    Ich sehe ihn ausdruckslos an. »Keine Ahnung. Alles Mögliche. Ja, ich hab eigentlich einen ziemlich breit gefächerten Geschmack.« Das klingt ziemlich erfahren, finde ich.
    »Zum Beispiel?« Er lässt nicht locker, und jetzt klingt er wirklich höhnisch, als wäre ich ein Weichei, das auf ABBA steht oder so. Ich bemühe mich, nicht die Poster von Bands anzusehen, die hinter seinem Schlagzeug an der Wand hängen.
    »Alles Mögliche. Und du? Auf was stehst du?«
    Er schnaubt wieder und schüttelt den Kopf, und dann fängt er an zu trommeln, langsam zuerst, und bei jedem Schlag starrt er mich an. Je länger er mich anstarrt, desto mehr Lust habe ich, ihm in sein dummes Gesicht zu lachen. Ich frage mich, wer von uns wohl zuerst geboren ist, welcher von uns ein paar Stunden älter als der andere ist. Ich. Lass es mich sein, bitte. Sein Getrommel schwillt an, wird schneller und härter, und eigentlich klingt es ganz gut. Er fängt an, rhythmisch den Kopf zu schütteln, und sein langes Haar schwingt hin und her vor seinen Augen, die mich unentwegt anstarren. Bald halte ich das Gestarre nicht mehr aus. Meine Augen fangen an zu tränen. Er sieht aus wie ein Wahnsinniger, wie ein irres, durchgedrehtes Tier. Und dann – ich weiß nicht, warum, aber ich fange an zu tanzen, auf eine verrückte, jazzige Art und ohne ihn aus den Augen zu lassen, ich zapple herum wie ein Kobold, schmachte ihn an, lasse die Arme kreisen und hebe die Knie wie eine Marionette. Und die ganze Zeit halte ich den Blickkontakt.
    Er trommelt und trommelt, und ich hopse und japse, ta-ta-ta-bumm ta-ta-ta-bumm ta-ta-ta-bumm, und ich lache wie ein Irrer. Er schleudert seine Mädchenhaare hin und her und starrt und starrt mich an, und dann schmeißt er seine Stöcke auf die scheppernden Becken und schreit: »Okay, du bescheuerter Spasti,

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