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Am Ende eines Sommers - Roman

Am Ende eines Sommers - Roman

Titel: Am Ende eines Sommers - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Ashdown
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Jahr zu dir auf die Highschool kommt. Ich habe ihr erzählt, dass du sauber und ordentlich bist, und Andy ist ein Ferkel. Du hast grüne Augen, und Andy hat braune.«
    Sie schaut mich an, und ich sehe, sie möchte, dass ich mich freue über all den Quatsch, den sie Tante Rachel erzählt hat.
    »Ja, Mum. Aber was ist mit allem andern? Wer ist mein bester Freund, zum Beispiel? Was ist meine Lieblingsserie im Fernsehen? Was wünsche ich mir zu Weihnachten? Oder wenigstens, was esse ich zum Frühstück?«
    Sie starrt mich an. Andy starrt Mum an und ist beunruhigt, als ihr wieder die Tränen in die Augen steigen. Ich mach’s immer wieder. Ich kann einfach keine fünf Minuten den Mund halten. Ich reiße ein winziges Päckchen Würfelzucker auf, stopfe mir die Stücke in den Mund und stürme davon. Ich halte es nicht aus in ihrer Nähe.
    Ich spaziere auf dem Deck herum, um mich abzukühlen. Die eisige Gischt auf meinem heißen Gesicht fühlt sich gut an. Die Glasfenster ziehen sich um das Innendeck herum, und ich kann die anderen Passagiere beobachten, während ich draußen in der Dunkelheit herumwandere. Gruppen von lachenden Männern stehen an der Bar; sie trinken Bier und rauchen. Eine gelangweilt aussehende Barfrau wischt die Spritzer und Pfützen weg, die sie machen, weil sie beim Trinken so ungeschickt sind. Jedes Mal, wenn sie mit ihrem Lappen über den Tresen fährt, schwappt wieder etwas aus einem Glas auf die trockene Fläche. Als das ein paar Mal passiert ist, kapiert sie, dass die Männer sich einen Jux mit ihr machen, und sie lacht und lässt es. Es ist alles ganz freundlich.
    Auf den Sesseln im Salon sitzen Scharen von Müttern mit ihren Kindern an den Tischen. Die Kinder haben Malbücher und Buntstifte und essen Kekse. Hier und da sitzt ein Dad, liest Zeitung und überlässt die Kinder der Mum. Ein kleiner Junge sieht mich, als ich vorbeigehe. Er legt seine schmutzige Hand an die Scheibe und lacht, als ob er mich kennt. Er ist erst zwei oder drei. Ich winke und lege meine Hand von außen ans Fenster.
    Der Dunst über dem Meer wird immer dichter, und ich bin schon ganz nass ohne meine Jacke. Als ich zum Café zurückgehe, sehe ich Mum und Andy durch das salzverschmierte Fenster. Sie sitzen zusammengekuschelt auf dem Ecksofa. Sie hält ihn locker im Arm, und er sieht warm und glücklich aus. Sie lächeln beide, und Mum wickelt Würfelzucker aus und gibt ihm die Würfel, damit er sie isst. Mum sieht jetzt wacher aus, aus der Entfernung sogar hübsch. Ich bleibe eine Weile so stehen und beobachte sie, sie auf der einen Seite der Glasscheibe, ich auf der anderen.
    Tante Rachel erwartet uns, als wir auf der anderen Seite von der Fähre kommen. Sie ist groß und schlank und trägt einen langen braunen Dufflecoat und grüne Gummistiefel, und ihr krauses, leicht ergrautes Haar ist zu einem losen Knoten hochgesteckt. Sie sieht gammelig aus und ein gutes Stück älter als Mum, aber sie hat ein Gesicht wie ein Filmstar – nur Wangenknochen und leuchtende Augen. Angestrahlt steht sie unter einer Laterne in der nebligen Dunkelheit.
    »Rachel«, ruft Mum, als wir uns mit unserem Gepäck über die Gangway plagen.
    Tante Rachel sieht uns, hebt beide behandschuhten Hände und kommt lächelnd auf uns zugelaufen. Sie und Mum umarmen sich eine Ewigkeit lang.
    »Du meine Güte!« Sie tritt zurück und betrachtet uns. »Mary, du hast gesagt, sie sind hübsch – aber das habe ich nicht geahnt!« Sie gibt uns keinen Kuss, sondern streckt die Hand aus. »Ist mir eine Freude, Jungs – und längst überfällig!«
    Mum sieht sehr stolz aus, und ihre Tränen fließen.
    »Kein Matthew?«, fragt Tante Rachel. Mum wirft mir einen warnenden Blick zu. Ich schaue auf meine Schuhe, bücke mich und tue so, als müsste ich mir die Schnürsenkel binden.
    »Er ist weg –«, will Andy sagen, aber Mum fällt ihm sofort ins Wort.
    »Er ist weggefahren«, lügt sie. Sie weiß nicht, wo er ist. »Die Reiselust – weißt du, er ist schon siebzehn, Rachel.«
    Rachel zieht die Nase kraus, nur ganz kurz, und ihr Blick hüpft über uns alle hinweg. »Natürlich, du hast es mir bestimmt schon erzählt.« Sie lacht und streicht über Mums Arm. »Sie bleiben nicht ewig Babys, was? Kommt, der Wagen steht da drüben.« Sie nimmt eine Tasche, hängt sie sich über die Schulter und marschiert auf einen schlammbespritzten alten Volvo zu, der auf einer doppelten gelben Linie parkt.
    »Entschuldigt die Hundehaare«, ruft sie und räumt ein verknäultes Seil und

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