Am Ende eines Sommers - Roman
du hast gewonnen!«
Er sitzt hinter seinen kreiselnden Becken, stemmt die Hände in die Hüften, schüttelt den Kopf mit diesen Schlenkerhaaren und grinst mich an. Dann kommt er hinter seinem Schlagzeug hervor und streckt mir die Hand entgegen. Ich grinse zurück und drücke seine Hand, und ich fühle mich verschwitzt und verwegen.
»Essen«, sagt George, als es unten gongt. Zum ersten Mal bin ich in einem Haus, das so groß ist, dass man einen Gong braucht, um die Kinder zum Essen zu rufen.
»Du wirst bald sehen«, fährt er fort und schiebt Blue Monday vorsichtig zurück in die 30-Zentimeter-Hülle, nicht ohne die Platte vorher auf Staub zu untersuchen, »sie ist komplett verrückt. Nicht erst seit Dad – sie ist einfach verrückt, von Natur aus.«
»Niemals«, sage ich, »ich finde, sie macht einen richtig coolen Eindruck. Völlig bei sich.« Ich zögere, denn ich kann sein Schweigen fühlen. »Ich meine, ist sie wirklich … ein bisschen verrückt?«
Achselzuckend steht er auf und legt die Hand auf den Türknauf. »Nee, sie ist in Ordnung. Nur manchmal nervtötend.«
Wir laufen die Treppe hinunter, und Tante Rachel ruft: »Jungs!« und schlägt noch einmal auf den Gong. Die Wärme und der Essensduft in der Küche wirken wie ein Hungerzauber, und mein Magen knurrt schmerzhaft. Es ist fast neun Uhr, und seit dem Mittagessen hatte ich nur eine heiße Schokolade. Wir helfen alle, das Essen aus der Küche ins Esszimmer zu tragen, wo Katy und Andy den Tisch decken. Sie klappern und plappern laut, und hier und im vorderen Zimmer brennt ein Feuer im Kamin. Es riecht nach Rauch und Leben. Ellie läuft schwanzwedelnd hin und her und bettelt, als wir die Schüsseln auf den Tisch stellen.
»Aus! Ellie! Aus!«, schreit Katy und erklärt uns, dass sie für die Hundeerziehung zuständig ist. Ellie ist erst zwei, aber das möchte man kaum glauben; sie sieht aus wie eine alte Lady mit all der grauen Wolle. Auf Katy hört sie anscheinend nicht; sie läuft einfach weiter zwischen dem Tisch und den Stühlen hin und her, bis wir uns alle hingesetzt haben.
»Okay, wollen wir beten?« Tante Rachel kommt herein und wirft ihre Schürze über die Stuhllehne. Die Stühle sehen alle gleich aus, mit hohen Lehnen und aus dunklem Holz geschnitzt, passend zu dem riesigen Tisch. Der Tisch sieht echt antik aus, wie ein alter Rittertisch mit tiefen Schrammen und Wasserkringeln überall auf der Platte.
»Oh – George! George, lass uns Kerzen anzünden, ja? Ja, wir zünden Kerzen an!«
George zieht ein Feuerzeug aus seiner Jeans, beugt sich über den Tisch und zündet die vier roten Kerzen in der Mitte an. Dann schiebt er das Feuerzeug mit dem Daumen zurück in die Tasche, als hätte er das schon eine Million Mal getan. Er merkt, dass ich ihn beobachte, und grinst.
»Und, wollen wir?« Tante Rachel sieht Mum an. »Beten?«
Mum schüttelt lachend den Kopf. »Nicht mehr seit zu Hause, Rachel. Und ihr?«
»Machst du Witze? Na, okay, um der alten Zeiten willen: Wir danken dir für diese Gaben, die wir von dir empfangen haben. Amen. Greift zu, Leute!«
Sie hat Folienkartoffeln gemacht und dazu Schüsseln mit Chili und Baked Beans und geriebenem Käse und Salat und Würstchen und Beefburgern. Katy geht um den Tisch herum und gießt Johannisbeersaft in unsere großen Weingläser, und Tante Rachel schenkt sich und Mum echten Wein ein. Als alle etwas haben, hebt sie ihr Glas.
»Auf die Familie, fern und nah. Auf neue Freundschaften – und auf alte. Auf uns in diesem Trümmerhaufen von einem Haus. Hoch die Tassen!«
»Hoch die Tassen!«, jubeln wir alle und fallen wie ein Heuschreckenschwarm über das Essen her. Gute Manieren sind nicht wichtig, alle reden durcheinander und beugen sich über den Tisch, nehmen, was sie haben wollen, ohne jedes Mal Entschuldigung oder Danke schön zu sagen. Ich hätte nicht gedacht, dass Leute in einem solchen Haus so sein würden. Mum und Rachel schwatzen in einem fort, sprechen die Sätze der anderen zu Ende, klopfen einander auf den Rücken und lachen. Mum packt ihre Zigaretten aus, und George springt auf, um ihr Feuer zu geben. Er reicht ihr nicht einfach das Feuerzeug, sondern zündet sie für Mum an. Die klappert mit den Wimpern und lächelt ihn an und streicht mit den Fingern über seinen Ärmel. Ganz begeistert von sich selbst, lässt er sich wieder auf seinen Stuhl fallen und zwirbelt das Feuerzeug zwischen Daumen und Zeigefinger.
»Mary und ich waren ein tolles Gespann, stimmt’s, Mary?« Tante
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