Am Ende eines Sommers - Roman
einen Blick zu, um ihn anzuspornen.
»Ja«, sagt er, als sei er plötzlich aufgewacht. »Und was machen Sie, junger Mann?«
Billy richtet sich auf. »Ich bin Schreiner.«
»Ein schöner Beruf. Jesus war auch einer.« Daddy ist Atheist. »Und was bauen Sie? Schränke? Kirchen?« Er schaut lachend in die Runde und wartet auf Ermunterung.
»Hauptsächlich renoviere ich alte Häuser. Seit zwei Jahren arbeite ich jetzt in London Bridge, und es nimmt einfach kein Ende. Wird auch gut bezahlt.«
Mummy wirft mir einen wissenden Blick zu, den ich ignoriere. Ich ziehe eine große Gräte aus dem Mundwinkel und sorge dafür, dass sie sieht, wie ich sie auf den Tellerrand lege.
»Der Eigentümer ist irgendein Ägypter. Hab ihn noch nie gesehen, aber das Geld kommt regelmäßig wie ein Uhrwerk, jede Woche. Und ich kann da mietfrei wohnen.«
»Das heißt, Sie haben eine Wohnung in London? Glückspilz. Das ist Gold wert.« Daddy wischt sich mit der Serviette das Kinn ab, und Mummy fängt an, die Vorspeisenteller abzuräumen. »Aber natürlich sollten Sie Ihr Geld in eine eigene Immobilie investieren. Da ist wirklich etwas zu verdienen. Aber das brauche ich Ihnen nicht zu sagen, Billy. Sie sind ja selbst in der Immobilienbranche, sozusagen.«
Billy nickt stumm und schiebt sein Besteck zurecht.
»Und Mary? Wie geht’s mit der Malerei? Hast du schon etwas, das sich über den Kamin zu hängen lohnt?«
»Nein. Nichts. Alles, was ich male, ist Müll. Der Himmel weiß, warum ich einen Studienplatz in St. Martin’s bekommen habe.« Ich ziehe eine Grimasse, und er tippt sich an die Nase und deutet dann mit dem Finger auf mich. »Vielleicht hätte ich auf die Sekretärinnenschule gehen sollen, wie Rachel«, füge ich vielsagend hinzu.
Daddy lässt die Schultern hängen. »Ganz und gar nicht, Liebling. Nicht du. Du wirst eine große Künstlerin. Nicht wahr, Penny?«
Mummy antwortet nicht. Sie stellt mir einen neuen Teller hin. Bœuf bourguignon , mit frischen Gemüsen. Ich sehe lächelnd zu ihr auf, aber sie merkt es nicht.
»Mein Leibgericht«, sage ich, als sie sich wieder hinsetzt.
»Ich weiß, Liebes«, sagt sie und reicht die Weinflasche über den Tisch.
Ich schenke uns nach und gebe Daddy die Flasche.
»Cheers«, sagt er, und wir heben die Gläser.
Der Rest der Mahlzeit verläuft in halbwegs guter Laune, und Daddy hat eine neue Flasche aufgemacht, als wir zum Dessert kommen. Nach ein paar Gläsern ist Billy lockerer geworden, und Mummy ist ein bisschen aufgetaut.
»Sie haben ein schönes Haus, Mrs Murray. Wer ist Ihr Innenarchitekt?« Er lächelt bezaubernd.
Mummy wird rot und nimmt noch ein Schlückchen Wein. »Innenarchitekt! Sie wollen mich aufziehen, junger Mann! Ich mache alles selbst. Nicht wahr, Charles? Charles?«
Daddy nickt abwesend.
»Na, es gefällt mir sehr«, sagt Billy.
»Vielen Dank!«, sagt Mummy.
»Gut«, sagt Daddy. »Nachdem das geklärt ist, wollen wir uns zum Brandy ins Wohnzimmer setzen, ja?«
Mummy stochert im Feuer und legt Holz nach. Ich fühle die Glut der Flammen auf meinen Rotweinwangen, und mich überkommt das nostalgische Gefühl, zu Hause zu sein. Daddy hat sich mir gegenüber in den Sessel gesetzt; zwinkernd dirigiert er Billy zu mir auf das Sofa. Mummy hockt sich auf die Armlehne seines Sessels.
»Na, ihr seid jedenfalls ein hübsches Paar. Das ist die Wahrheit.« Daddy reicht Billy ein Glas Brandy. Die Flüssigkeit kriecht wie Öl über die Innenseite des Glases, und Billy folgt Daddys Vorbild und schwenkt es in der wärmenden Handfläche.
»Ich möchte auch einen«, sage ich.
Mummy zieht die Brauen hoch.
»Nur einen kleinen«, sage ich.
»Nun gib ihr schon ein Glas.« Daddy stößt sie mit dem Ellenbogen an. Sie geht und kommt mit zwei Gläsern zurück und trinkt mit uns.
Nach einer Weile wird es still im Zimmer. Es wird Zeit. Mein Magen macht einen Satz, als Billy mit der Schuhspitze meinen Fuß drückt. Er nimmt meine Hand. Mummy erstarrt. Daddy starrt weiter träumend ins Feuer.
»Mr Murray«, fängt Billy an.
Mum gibt Daddy einen kleinen Schubs.
»Mmm?«, sagt er.
»Mr Murray, wir sind aus einem bestimmten Grund hier. Ich möchte Sie um Erlaubnis bitten, Ihre Tochter zu heiraten.«
Mummy schnappt nach Luft.
»Wieso das denn?«, brüllt Daddy, als wäre es ein Witz. »Verdammt, ihr seid zu jung!«
»Wir lieben uns«, sage ich. Es klingt wie ein Winseln.
»Natürlich tut ihr das. Ihr seid jung! Sie ist noch ein verdammter Teenager, Herrgott noch mal!«
»Ich
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