Am Ende eines Sommers - Roman
redet.
»Na, ich kann’s mir denken, glaub ich«, murmele ich.
»Na, dann liegst du richtig. Heute Abend sind wir viele, und wer ein bisschen ungestört sein möchte, kann es da sein.«
Ich weiche Shonas Blick aus.
»Und niemand verrät denen da unten etwas«, fügt sie mit drohendem Unterton hinzu.
Andy starrt sie mit weit aufgerissenen Augen an. Schwarzauge lacht und quetscht seine Wangen mit flachen Händen in fingerlosen Handschuhen zusammen. Andy sieht aus wie ein erschrockener Guppy.
»Keine Angst, Baby-Boy. Du musst nicht ins Knutschzimmer, wenn du nicht willst. So eine Party ist es nicht.«
Sie grinst spöttisch und selbstzufrieden und geht mit uns ins Musikzimmer, wo ein Haufen Kids sich auf Sitzsäcken und Kissen lümmeln. Stapel von Platten liegen herum, ein Plattenspieler ist da, und auch ein Kassettendeck. Laute Musik erfüllt das Zimmer. Ich kenne das Stück, das gerade läuft, aus Georges Sammlung auf Manningly Farm.
Shona zeigt mit dem Daumen auf uns. »Jake. Andy.« Was sie wohl machen würde, wenn sie keine Daumen hätte? Die anderen Kids nicken uns zu, und einer lächelt.
»The Cure?«, sage ich und lasse mich auf einen freien Sitzsack fallen. Dem Himmel sei Dank für George und seine ausgezeichnete Plattensammlung.
»Ja«, sagt Shona, ohne mich anzusehen.
»Cool«, sage ich, und während der nächsten Stunde blättern wir in den Plattencovern und vergleichen unsere Lieblingsbands und -stücke.
Shona hebt dauernd die Stimme, um die älteren Jungs auf sich aufmerksam zu machen, aber die sind nicht interessiert. Ein paar von ihnen sind ungefähr sechzehn; sie scheinen sich alle zu kennen und bleiben für sich. Wie sich rausstellt, ist Luke, der Popper, Shonas kleiner Bruder. Trotz seines merkwürdigen Klamottengeschmacks ist er ganz in Ordnung, und er und Andy verziehen sich ins Fernsehzimmer. Ein paar kleinere Kinder rennen im Korridor herum; ab und zu steckt eins den Kopf zu uns herein und läuft dann erschrocken wieder weg. Ich erinnere mich an dieses Gefühl; als ich klein war, kamen mir die älteren Kinder auch sehr erwachsen vor, und ich habe sie beobachtet und bin ihnen gleichzeitig aus dem Weg gegangen.
Shona lehnt sich zurück, schiebt die Hand hinter den Blumenfeen-Vorhang und holt zwei Dosen Bier hervor, die von ihren Plastikschlaufen zusammengehalten werden.
»Willst du auch eins?« Sie reißt die eine Dose auf, trinkt einen Schluck und beäugt die älteren Jungs in der Ecke gegenüber. Einer wirft ihr einen Blick zu, trinkt selbst einen Schluck Bier aus seiner Dose und unterhält sich dann weiter.
Shona ruckelt sich auf ihrem Sitzsack zurecht und breitet ihren bauschigen schwarzen Rock um sich herum aus wie einen Fallschirm. Ihre Strickjacke klappt auf der einen Seite auf, und ich sehe eine blasse, sommersprossige Schulter und einen weißen BH -Träger.
»Ich hab’s geklaut«, sagt sie. »Das Bier. Hab’s meinem Dad geklaut, als wir angekommen sind. Das ist das Gute am Grufti-Sein – die weiten Klamotten. Jede Menge Platz, um Zeug zu verstauen. Bier, Kippen, Kram. Niemand sieht was.«
»Oh. Dann bist du ein Grufti?«
»Du merkst auch alles. Was glaubst du, warum ich so angezogen bin, Spießer-Boy?« Sie schüttelt den Kopf und schnaubt in ihre Bierdose. »Wahrscheinlich fragst du mich als Nächstes, ob ich von einer Beerdigung komme. Kannst du ruhig. Die Frage hör ich ungefähr achtzehn Mal am Tag.«
Und ich hatte Angst, Andy könnte sich peinlich benehmen.
»Tu ganz beiläufig«, befiehlt Shona, als sie mich losschickt, noch ein paar Dosen besorgen. Ich will eigentlich gar nichts mehr, aber sie offenbar schon.
Die Uhr in der Diele zeigt viertel nach zehn. Also noch knapp zwei Stunden bis Mitternacht. Ich frage mich, ob Dad schon da ist. Inzwischen sind Unmassen von Leuten hier, aber die meisten kenne ich nicht, und alle scheinen ziemlich betrunken zu sein. Ich zwänge mich durch die Küche und entdecke Stu am Spülbecken; er klopft Eiswürfel aus der Schale auf die Ablaufplatte. Wenn Stu hier ist, muss Dad auch irgendwo sein.
»Stu!«, rufe ich durch das Gedränge.
Er schaut über die Schulter und wirft ein paar Eiswürfel in ein Glas. Kling-klang.
»Jakey, Alter! Wie geht’s? Hab mich schon gefragt, ob du hier irgendwo bist.«
Er kippt einen ordentlichen Schuss Gin auf das Eis, und es sieht klar und flüssig und glänzend aus.
»Was treibst du so, Jakey?«
»Nichts Besonderes.« Ich zucke die Achseln. »Musik hören, ein Bier trinken, du weißt schon.«
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