Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Am Ende eines Sommers - Roman

Am Ende eines Sommers - Roman

Titel: Am Ende eines Sommers - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Ashdown
Vom Netzwerk:
Tisch und daneben eine kleine, halb leere Flasche Schweppes Tonicwater.
    »Wofür ist das?«, frage ich.
    »Damit sie wissen, welchen Tisch wir haben, wenn das Essen fertig ist«, sagt Mum.
    »Nicht das – das Tonic«, sage ich …
    Einen Moment lang ist es still, und Mum und Dad wechseln einen Blick.
    »Das ist doch nur der eine, Jake«, sagt Mum, und sie klingt gereizt. »Ich habe seit Monaten keinen Tropfen angerührt, oder?«
    »Nein«, sage ich.
    »Und außerdem haben wir etwas zu feiern.« Sie breitet die Hände aus.
    Dad greift in seine Gesäßtasche und wirft vier kleine schwarze Bücher auf den Tisch. »Wisst ihr, was das ist?«, fragt er.
    Ich drehe eins um. Es ist ein Pass. Ich sehe Dad an und ziehe die Brauen hoch. Er zieht seine auch hoch.
    »Yep. Wir fahren in Urlaub. Die letzten drei Wochen im August. In die Dordogne. Frankreich.« Dad sieht höchst zufrieden mit sich aus.
    Mein Gesicht will grinsen wie verrückt. Ich war noch nie im Ausland. Aber mein Blick wandert immer wieder zu Mums Glas. Das ist wie ein juckender Ausschlag, der keine Ruhe gibt. Ich weiß nicht, für welches Gefühl ich mich entscheiden soll – das gute oder das schlechte. Beides gleichzeitig ist schwierig. Andy macht seine Hammer-Faust, und in Mums Ausschnitt leuchten rote Flecken. Eine Mutter vom Nachbartisch rennt immer wieder zum Kletterturm, damit ihre Kleinen nicht kopfüber von den obersten Sprossen donnern. Ihr Freund sitzt auf der Bank, trinkt sein Bier und hat kaum einen Blick für die Kinder.
    »Aber was ist mit Mr Horrocks?«, frage ich Mum und ziehe die Stirn kraus. »Und mit Griffin?«
    »Keine Sorge, Jake«, sagt Mum und streicht mir die Haare aus den Augen. Ich wünschte, sie würde das bleiben lassen. »Ich habe schon mit ihm gesprochen. Er weiß Bescheid.«
    Ich schaue meinen Pass an, blätterte durch die leeren Seiten bis zu den persönlichen Daten am Ende. Und da bin ich, ich starre mir entgegen, blass und ernst auf dem Foto, das wir am Automaten in Brighton im Bahnhof aufgenommen haben, kurz bevor Dad uns erzählt hat, dass er wieder nach Hause kommt. Meine Kehle ist eng und zugeschwollen, und mein Herz hoppelt in der Brust.
    »Und? Was sagst du, Jakey?«, fragt Mum und klappert nervös mit den Eiswürfeln in ihrem Glas.
    Andy zeigt auf mein Foto und lacht, und ich lange ihm eine, quer über den Tisch.
    »Super«, sage ich und weiche Mums Blick aus. »Das wird super.«
    Am Samstag vor unserem Urlaub sagt Dad, wir müssen Gran besuchen.
    »Oooch – muss das sein?«, winselt Andy. »Das ist so weit weg. Und sie wird bloß wieder meckern.«
    »Nein, wird sie nicht. Und es sind nur zehn Minuten, du Waschlappen. Benehmt euch, so gut ihr könnt, und sie wird nett sein.« Dad sucht in seinen Taschen nach dem Autoschlüssel.
    »Es ist egal, wie man sich benimmt – sie glaubt trotzdem immer, man hätte irgendwas verbrochen«, sage ich. »Wieso hasst sie Mum eigentlich so sehr?«
    »Sie hasst Mum nicht. Jetzt zieht eure Jacken an und steigt ein. Wir kommen rechtzeitig zurück, um im Oak noch ein Sandwich zu essen. Und wenn ihr brav seid, gebe ich euch Geld für Süßigkeiten.«
    Andy und ich prügeln uns um den Vordersitz, bis Dad die Nase voll hat und Andy hinten sitzen muss. Dad startet den Motor und zieht den Sicherheitsgurt über sich, als wir auf der Hauptstraße sind. Er zündet eine Zigarette an und lässt sie locker im Mundwinkel hängen, während er versucht, das Fenster herunterzudrehen und gleichzeitig zu fahren. Ich dachte, er hätte aufgehört zu rauchen. Aber das macht er dauernd und fängt dann wieder an. Ich verkneife mir, etwas dazu zu sagen, sonst wird er nur sauer.
    »Was ist eigentlich mit unserem Granddad passiert? Ist er gestorben, bevor wir geboren wurden?« Ich sehe Dad von der Seite an. Er hat eine tiefe Falte zwischen den Brauen und blinzelt, weil ihm der Rauch in die Augen weht.
    »Er ist gestorben, als ich noch klein war. Kann mich eigentlich kaum an ihn erinnern. Deshalb ist Gran manchmal ein bisschen, du weißt schon, brummig. Sie hatte ein schweres Leben, ganz allein mit vier Kindern.« Er sieht mich an, und ich nicke. »Mal sehen, ob Gran noch Fotos von ihm hat, wenn’s dich so sehr interessiert.«
    Es ist heiß und stickig in Dads Auto, und ich fummle an den Belüftungsreglern herum, bis Dad mir auf die Finger haut. Nach einer Weile biegen wir in Grans Straße ein. Sie ist von endlosen Reihenhäusern gesäumt, von einem Ende der schmalen Straße zum anderen, alle sehen haargenau

Weitere Kostenlose Bücher