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Am Ende war die Tat

Am Ende war die Tat

Titel: Am Ende war die Tat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Joel ihrer Anweisung folgte, sah Genera zu Toby. Der kurze Moment der Versöhnlichkeit verflog. Was sie sah, waren das Rätsel, das jeder sah, und die Verantwortung, die niemand wollte. Die einzige Antwort auf die Frage, was denn mit Toby eigentlich nicht stimmte, die man je zu geben gewagt hatte, war das nutzlose Etikett »defizitäres Sozialverhalten« gewesen, und in dem allgemeinen Chaos, das kurz vor seinem vierten Geburtstag zur Normalität geworden war, hatte niemand den Mut aufgebracht, den Dingen weiter auf den Grund zu gehen. Auch Genera wusste nicht mehr über dieses Kind, als was sie vor sich sah - und dennoch fand sie sich plötzlich in der Zwangslage, mit ihm zurechtkommen zu müssen, bis sie eine Möglichkeit auftat, sich dieser Verantwortung wieder zu entledigen.
    Als sie ihn so dastehen sah - mit dem lächerlichen Schwimmreifen, den kahlen Stellen am Kopf, die Jeans zu lang, die Turnschuhe mit Klebeband verschlossen, weil er nie gelernt hatte, sich die Schuhe zu binden -, wollte sie am liebsten einfach weglaufen.
    »Na«, sagte sie kurz angebunden zu Toby. »Und du? Alles klar?«
    Toby hielt in seinem Tanz inne und sah zu Joel, auf der Suche nach einem Hinweis darauf, was er tun sollte. Als Joel ihm keinen Hinweis gab, sagte er zu seiner Tante: »Ich muss ma\ Is' das hier Jamaika?«
    »Tobe. Du weiß', dass es das nich' is'«, warf Joel ein.
    »Nicht ist«, verbesserte Genera. »Sprich anständig in meiner Gegenwart. Ich weiß, dass du dazu in der Lage bist.«
    »Tobe, das hier ist nicht Jamaika«, sagte Joel folgsam.
    Genera führte die Jungen ins Haus und schaltete die Lichter im Erdgeschoss ein, während Joel zwei Koffer, die Plastiktüten und den Trolley hereinbrachte. An der Tür blieb er stehen und sah sich verstohlen um. Er war nie zuvor im Haus seiner Tantegewesen. Was er sah, war eine noch kleinere Wohnstatt als das Haus an der Henchman Street.
    Im Erdgeschoss gab es nur zwei Zimmer, dahinter versteckt ein winziges WC. Eine Art Essecke gleich am Eingang, dann die Küche mit einem Fenster, das jetzt nachtschwarz war und Kendras Spiegelbild zurückwarf, als sie das Deckenlicht einschaltete. Zwei Türen im rechten Winkel zueinander machten die hintere linke Küchenecke aus. Eine führte in den Garten mit dem Grill, den Toby gesehen hatte, die andere stand offen und gewährte einen Blick auf die Treppe. Zwei Stockwerke lagen darüber, wie Joel später entdecken sollte. Im ersten befand sich das Wohnzimmer, im zweiten das Bad und zwei Schlafzimmer.
    Genera schleppte den Massagetisch auf die Treppe zu. Joel eilte zu ihr, um ihr zu helfen. »Soll der nach oben, Tante Ken? Ich kann das machen. Ich bin stärker, als ich ausseh.«
    »Kümmere dich um Toby«, erwiderte Genera. »Sieh ihn dir doch an, er muss zum Klo.«
    Joel sah sich suchend nach einer Toilette um, ein Blick, den Genera vielleicht hätte sehen und interpretieren können, hätte sie irgendetwas wahrgenommen außer dem Gefühl, dass die Wände ihres Hauses auf sie einstürzten. Sie machte sich an den Aufstieg. Joel, der keine Fragen stellen wollte, die ihn vielleicht dumm erscheinen ließen, wartete, bis er seine Tante auf der Treppe hörte, wo das anhaltende Gepolter darauf hinwies, dass sie den Massagetisch in die oberste Etage brachte. Dann schloss er die Gartentür auf und führte seinen Bruder hastig ins Freie. Toby erhob keine Einwände, sondern pinkelte in das erstbeste Blumenbeet.
    Als Genera zurück nach unten kam, standen die Jungen wieder bei den Koffern und dem Einkaufstrolley. Genera hatte eine Weile in ihrem Schlafzimmer verharrt und versucht, sich zu beruhigen, einen Schlachtplan zu entwerfen, doch ihr war keine Lösung eingefallen, die ihr Leben nicht vollkommen auf den Kopf stellen würde. Sie war an dem Punkt angelangt, da sie eine Frage stellen musste, deren Antwort sie lieber gar nichthören wollte. Sie wandte sich an Joel. »Und wo ist Vanessa? Ist sie mit eurer Großmutter gegangen?«
    Joel schüttelte den Kopf. »Sie läuft da draußen irgendwo rum«, antwortete er. »Sie wa' zickig und ...«
    »Wütend«, verbesserte Genera. »Nicht zickig. Wütend. Verärgert. Aufgebracht.«
    »Verärgert«, stimmte Joel zu. »Sie war verärgert und ist weggelaufen. Aber sie kommt bestimmt bald zurück.« Diese Vermutung sprach er aus, als sei er überzeugt, seine Tante müsse glücklich ob dieser Aussicht sein. Dabei kam die Sorge für das ungebärdige, aufsässige Mädchen auf der Liste der Dinge, die Genera am Hals haben

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