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Am Ende zählt nur das Leben

Am Ende zählt nur das Leben

Titel: Am Ende zählt nur das Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja B.
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kleinen Familie alles gefunden zu haben, wonach er sich sehnte.
    Charlotte erinnerte mich anfangs unentwegt an Sarah, und ich verglich die beiden unwillkürlich. Anders ging es einfach nicht. Die Vergleiche drängten sich förmlich auf, und ich sperrte mich nicht dagegen. Es schien mir natürlich, und solange es mich nicht deprimierte, sah ich keinen Grund, es nicht zu tun. Wie schlief Charlotte? War sie ruhiger oder unruhiger als ihre ältere Schwester? Einige Male nannte ich sie sogar Sarah, aber ohne dass ich Sarah in ihr sah. Sie war wirklich ein ganz anderes Mädchen. Diese Namensverwechslung verging recht bald, aber in den ersten Monaten nach Charlottes Geburt rief ich mir trotzdem häufig die Worte meiner Therapeutin in Erinnerung: Es war ein ganz anderes, ein neues Leben.

Trauung und Taufe
    Am Morgen unserer kirchlichen Trauung war der Himmel bewölkt, und es regnete sogar ein wenig. Es war Ende Mai, das frische Laub der Bäume leuchtete, und der Geruch von Apfelblüten lag in der Luft. Wenige Minuten bevor wir in die Kirche traten, riss der Himmel auf und zeigte sich in strahlendem Blau. Sobald die Sonne hervortrat, steigerte die einsetzende Wärme mein Wohlgefühl. Ich schwebte förmlich dahin. Träumte ich? Beinah hätte ich Anja gebeten, mich zu kneifen, damit ich auch fühlte, dass dieser wunderbare Tag wahrhaftig war.
    Es sah lustig aus, wie mein Bräutigam unsere kleine Charlotte im Kinderwagen vor uns herschob. Unsere Hochzeitsgäste saßen auf den engen Kirchenbänken und drehten ihre Köpfe herum. Wir hatten hundert Angehörige und Freunde eingeladen, die in ihrer festlichen Kleidung irgendwie anders aussahen als sonst. Aus den Augenwinkeln erkannte ich manch einen von ihnen kaum. Die Sonne tauchte das Innere des Gotteshauses in ein mildes Licht, ihre Strahlen leuchteten durch die bunten Scheiben.
    Vor dem Altar erwartete uns der Pastor. Er war der Ehemann der Pastorin, die mich in der Trauerphase zweimal bei meinen Eltern besucht und mir Trost gespendet hatte.
    Robert hob Charlotte aus dem Wagen und nahm sie auf den Arm. Er war so stolz auf seine Tochter.
    Als der Pastor zu sprechen begann, brach unser Mäuschen in Tränen aus und weinte erstaunlich laut. Zunächst versuchten wir, sie mit einem Schnuller zur Ruhe zu bringen. Der Pastor stockte und lächelte, aber unsere Charlotte zeigte keinerlei Lust, sich zu beruhigen, und wurde sogar noch lauter. An eine Fortführung der Trauung war unter diesen Umständen nicht zu denken. Plötzlich stand mein Vater neben uns und nahm Robert die kleine Charlotte ab. Unsere Tochter war sofort ruhig, und die Hochzeitsgäste klatschten. Nun konnte unsere Trauung weitergehen.
    Nachdem Robert und ich vom Pastor mit kirchlichem Segen zu Mann und Frau erklärt worden waren, küssten wir uns. Ich hätte vor Freude weinen können, aber es gab noch eine weitere Aufgabe zu erfüllen. Charlotte sollte getauft werden.
    »Schnuckelpups, jetzt bist du dran«, sagte Robert und nahm unsere Kleine wieder auf den Arm. Charlotte erhielt denselben Taufspruch mit auf den Weg wie ich zu meiner Konfirmation und wie ihre Schwester Sarah zu ihrer Taufe.
    Ich strahlte, als der Pastor die Worte sprach und die Stirn unseres kleinen Engels mit Wasser benetzte.
    Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.
    Am Nachmittag bekamen wir schönstes Sommerwetter. Unsere Hochzeitsfeier fand in einem Lokal an einem See statt. Die Kinder tobten auf der Wiese und am Ufer, während die Erwachsenen an Tafeln saßen und schlemmten. Anja hatte einen Animateur engagiert, der mit den Kleinen spielte.
    Zwischendurch posierten Robert und ich für einen Fotografen. Ich war stolz darauf, mich vier Monate nach der Geburt beinahe wieder so rank und schlank zu zeigen wie einst. In meinem Traumkleid machte ich eine gute Figur. Mein Wunsch war in Erfüllung gegangen: Der Mann meines Lebens hatte mich vor den Traualtar geführt, ich war wieder Mutter und lebte im Kreis einer großen Familie. Beinahe war es zu viel des Glücks. Meine Tränen verwischten das Make-up. Endlich waren es Freudentränen.
    Nach einem nachmittäglichen Kaffeetrinken eröffneten Robert und ich das Parkett mit einem Ehrentanz. Wie lange hatten wir nicht mehr gemeinsam getanzt? Es fühlte sich vertraut und zugleich fremd an. Zum Tanzen hatten wir in den letzten Jahren weder Zeit noch Muße gefunden. Ich stellte mir vor, für immer von seinen Armen gehalten zu

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