Am ersten Tag - Roman

Titel: Am ersten Tag - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Levy

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auf meine Ratschläge gehört. Versuch nur, ihn nicht wieder am Boden zerstört zurückzulassen, das wäre gemein und außerdem nicht gut für deinen Ruf.«
    »Ach, habe ich denn einen Ruf?«
    »Nach deiner Abreise wurde wenig freundlich über dich gesprochen.«
    »Wenn du wüsstest, wie egal mir das ist. Im Übrigen war ich viel zu weit entfernt, um die bösen Zungen zu hören.«
    »Du vielleicht, aber ich nicht. Ich war hier und habe dich verteidigt.«
    »Aber in was mischen sich all diese Leute aus deinem sogenannten ›gesellschaftlichen Leben‹ denn ein, Jeanne? Wer sind diese ›guten‹ Freunde, die quatschen, tratschen und sich die Mäuler zerreißen?«
    »Ich nehme an diejenigen, die Max getröstet haben! Ach
und noch etwas, solltest du erneut fragen, ob du dich deiner Schwester gegenüber unmöglich verhältst, lautet die Antwort ›ja‹!«
    Keira verließ Jeannes Büro und schlug die Tür hinter sich zu. Kurz darauf lief sie den Quai Branly Richtung Pont d’Alma hinauf. Auf der Seinebrücke stützte sie sich auf die Brüstung und beobachtete einen Frachtkahn, der zur Passerelle Debelly fuhr. Sie zog ihr Handy heraus und rief Jeanne an.
    »Wir wollen uns doch nicht jedes Mal streiten, wenn wir uns sehen. Ich hole dich morgen Mittag ab, und wir gehen essen, nur wir beide. Ich erzähle dir alles von meinem äthiopischen Abenteuer, und du sagst mir, was du in diesen Jahren gemacht hast. Du kannst mir gerne auch noch einmal erklären, warum du dich von Jérôme getrennt hast. Er hieß doch Jérôme, oder?«

London
    Walter sagte nichts, doch es war nicht zu übersehen, dass er mit jedem Tag entmutigter war. Ihm meine Arbeit zu erklären, war ebenso illusorisch wie der Versuch, ihm innerhalb einer Woche Chinesisch beizubringen. Astronomie und Kosmologie erforschen so gigantische Sphären, dass alle auf der Erde verwendeten Maßeinheiten zur Bestimmung von Zeit, Geschwindigkeit und Entfernung ungeeignet sind. Man hat andere erfinden müssen, das Vielfache vom Vielfachen, verzwickte Gleichungen. Unsere Wissenschaft besteht nur aus Wahrscheinlichkeiten und Vermutungen, denn wir bewegen uns tastend voran, unfähig, uns die wirklichen Grenzen des Universums, in dem wir leben, vorzustellen.
    Innerhalb der letzten zwei Wochen war es mir nicht gelungen, einen Satz zu formulieren, ohne dass Walter einen Begriff hervorgehoben hätte, dessen Sinn er nicht verstand, eine Ausführung, deren Tragweite er nicht zu erfassen vermochte.
    »Walter, zum letzten Mal, ist das Universum flach oder gekrümmt?«
    »Vermutlich gekrümmt. Aber wenn ich Ihre Erklärungen begriffen habe, dann ist das Universum in stetiger Bewegung und weitet sich wie ein Stoff aus, den man spannt, und zieht dabei die Galaxien mit, die an seinen Fasern hängen.«
    »Das ist zwar etwas schematisch, aber eine Möglichkeit, die Theorie des sich ausdehnenden Universums zusammenzufassen.«

    Walter stützte den Kopf in die Hände. Zu dieser späten Stunde war der Lesesaal der großen Bibliothek leer. Nur an unseren beiden Tischen brannte noch Licht.
    »Adrian, ich bin nichts als ein bescheidener Verwalter. Trotzdem spielt sich mein Alltag innerhalb der Mauern der Akademie der Wissenschaften ab, doch ich verstehe kein Wort von dem, was Sie mir da erzählen.«
    Auf einem Tisch entdeckte ich eine Zeitschrift, die ein Leser nicht weggeräumt hatte. Die Titelseite zeigte eine schöne Landschaft aus dem Devonshire.
    »Ich glaube, ich habe eine Idee, wie ich Ihnen das Ganze vermitteln kann«, sagte ich zu Walter.
    »Ich höre?«
    »Sie haben schon genug zugehört, und ich habe etwas Besseres gefunden, um Ihnen einige Grundkenntnisse über unseren Kosmos zu vermitteln. Es ist Zeit, von der Theorie zur Praxis überzugehen. Kommen Sie mit!«
    Ich fasste meinen Schüler beim Arm, und gemeinsam durchquerten wir die Eingangshalle. Sobald wir draußen waren, hielt ich ein Taxi an und befahl dem Fahrer, uns so schnell wie möglich zu mir nach Hause zu bringen. Dort angekommen führte ich Walter dieses Mal nicht zur Haustür, sondern zu einem kleinen Gebäude nebenan.
    »Verbirgt sich hinter dieser Metalljalousie eine illegale Spielhölle?«, fragte mich Walter, und seine Augen blitzten schelmisch auf.
    »Ich muss Sie leider enttäuschen, es ist nur eine Garage«, antwortete ich und öffnete die Tür.
    Walter pfiff bewundernd. Obgleich mein alter MG von 1962 weniger wert war als seine modernen Geschwister, löste sein Anblick oft solche Reaktionen aus.
    »Machen wir eine