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Am Fluss des Schicksals Roman

Titel: Am Fluss des Schicksals Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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entschlossener denn je, sein Vorhaben in die Tat umzusetzen. Er würde Neal Mason ein für alle Mal aus dem Weg räumen, und wenn es das Letzte war, was er tat.
    Neal hatte den Auftrag bekommen, Post und Versorgungsgüter von Echuca nach Barmah zu transportieren. Es war eine lukrative und begehrte Fuhre, doch Neal ahnte nicht, dass Monty den Auftraggeber bestochen hatte, Neal den befristeten Vertrag anzubieten, damit er, Monty, ihn genauestens im Auge behalten konnte. So verfolgte Monty minutiös, wo und wann Neal und sein Hilfsmatrose Holz luden, und er verspürte mit Genugtuung, dass sein Plan aufging. Falls alles klappte, war Francesca bald Witwe.

    Die Ophelia lag im Schatten hoher Eukalyptusbäume, auf die eine warme Nachmittagssonne schien. Als Francesca an Bord ging, traf sie Neal alleine am Heck an. Er saß mit einer Flasche dort und ließ sich voll laufen. Sein Hilfsmatrose, Wally Carson, wohnte in der Stadt und ging nach Feierabend immer nach Hause.
    Francesca war den ganzen Tag todunglücklich gewesen und hatte rot geweinte Augen. Sie fühlte sich innerlich ausgetrocknet. Neal genügte ein Blick, um zu wissen, dass sie ihre Prüfung nicht bestanden hatte – so wie Francesca ein Blick genügte, um zu erkennen, dass er betrunken war.
    »Was ist passiert?«, fragte er.
    »Die Kommission wusste von unserer Wettfahrt mit der Kittyhawk, und sie kreidet es mir an. Das Thema kam erst zum Schluss zur Sprache. Bis dahin hatte ich den Eindruck gehabt, dass es gut für mich lief.« Erneut traten ihr Tränen in die Augen, die sie ungeduldig fortwischte. Sie war das Selbstmitleid und die Tränen leid.
    »Du kannst jetzt sicher ein Glas Wein vertragen.«
    »Nein ...«
    »Das beruhigt dich ein bisschen«, beharrte Neal. Er schenkte ihr ein Glas ein und zog einen Stuhl neben seinen. Nachdem Francesca sich gesetzt hatte, bemerkte sie, dass Neal die Angelschnur ausgeworfen hatte, und sie folgerte daraus, dass er noch nicht gegessen hatte.
    »Wie hat die Kommission von der Wettfahrt mit der Kittyhawk erfahren?«, fragte Neal.
    »Dad sagt, unter den Prüfern ist ein Freund von Mungo McCallister.«
    »Joe muss stocksauer sein.«
    »Er hat sich irgendwann verzogen, ohne zu sagen, wohin. Hoffentlich will er sich nicht Mungo vorknöpfen.«
    Schweigend saßen sie eine Zeit lang da. Nachdem Francesca ihr Glas geleert hatte, füllte Neal es wieder nach. Sie atmete mehrmals tief durch, und die Anspannung des Tages fiel zum ersten Mal ein wenig von ihr ab. Während die Sonne allmählich hinter den Baumkronen am anderen Flussufer versank, legte sich ein warmer rötlicher Schimmer über die Wasseroberfläche.
    »Ich kann es gar nicht abwarten, älter zu werden«, bemerkte Francesca aus heiterem Himmel.
    »Warum das denn?«
    »In jungen Jahren hat man nicht genügend Menschenkenntnis. Man glaubt an das Gute im Menschen ... und dann ist die Enttäuschung umso größer. Wenn man älter ist, lässt man sich bestimmt nicht mehr so oft ins Bockshorn jagen und hat ein Gespür dafür entwickelt, wem man trauen kann.«
    »Es spielt keine Rolle, wie alt man ist – wenn es um Menschen geht, kann man sich immer und überall irren«, entgegnete Neal. Mit einem Mal hatte er Gewissensbisse, weil er mit dem Gedanken gespielt hatte, mit ihr zu schlafen. »Manchmal wird man enttäuscht, aber manchmal erlebt man auch angenehme Überraschungen.«
    Francesca hatte nicht allzu viele angenehme Überraschungen in ihrem Leben erlebt. »Wie gehst du mit Enttäuschungen um, Neal?«
    Er blickte einen Moment nachdenklich drein. »Enttäuschungen lassen sich nicht vermeiden, Francesca, sie gehören zum Leben. Ich finde, man muss das Glück beim Schopf packen und jeden Augenblick genießen.«
    »Das hört sich gut an«, sagte Francesca. Vom Alkohol war sie gelöster und nun auch offen dafür, das Leben von einer anderen Seite zu betrachten, und Neals Ratschlag machte Sinn. Wozu sollte es gut sein, sich ständig den Kopf über die Zukunft zu zerbrechen? »Vor lauter Grübelei, was in nächster oder ferner Zukunft alles eintreten könnte oder nicht, verpasse ich völlig, was um mich herum vorgeht.«
    »Stimmt«, pflichtete Neal ihr bei und sah sie an.
    Francesca betrachtete sein attraktives Gesicht. In seiner Gegenwart fühlte sie sich immer wie von einer unsichtbaren Kraft zu ihm hingezogen, besonders in diesem Moment, wo ihre Gesichter sich so nahe waren. Um sie herum tauchte die Abendsonne die Landschaft in ein sanftes, beinahe magisches Licht, und die Luft war

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