Am Fluss des Schicksals Roman
Kommissionsmitglieder der Reihe nach an, doch jeder von ihnen mied tunlichst ihren Blick. Obwohl Frannie ahnte, dass sie versagt hatte, wünschte sie den Prüfern einen angenehmen Tag und verließ hoch erhobenen Hauptes den Raum. Doch kaum hatte sie die Tür von außen hinter sich zugezogen, brach sie in Tränen aus. Joe und Ned saßen ein Stück weiter unten im Flur. Sie eilten sofort an ihre Seite.
»Was ist, mein Mädchen?«, fragte Joe.
»Ich werde mein Kapitänspatent nicht bekommen«, schluchzte Francesca. Sie fühlte sich schrecklich, weil sie ihren Vater enttäuscht hatte.
»Haben die das etwa zu dir gesagt?«, sagte Ned aufgebracht.
»Nein, aber sie haben mich auf das Rennen mit der Kittyhawk angesprochen, haben mir rücksichtsloses Verhalten vorgeworfen und mich kritisiert, dass ich nicht das Ufer angesteuert habe, statt mich auf das Rennen einzulassen. Ich habe ihnen zwar erklärt, wie es dazu gekommen ist, aber es hat sie nicht beeindruckt.« Francesca tupfte sich die Tränen ab. »Habe ich die Möglichkeit, die Prüfung zu wiederholen?«
»Es gibt keinen Grund, dir das Patent zu verweigern«, sagte Joe wütend. Ohne zu zögern, betrat er den Prüfungsraum, wo die Kommissionsmitglieder über Francesca berieten.
»Verzeihen Sie, Gentlemen«, platzte er dazwischen. »Ich habe Ihnen etwas mitzuteilen.« Am einen Ende des Tisches erkannte er Frank Gardener. Da dieser ein guter Bekannter von Mungo McCallister war, wusste Joe sofort, von wem die Information über das Rennen stammte. Er hatte damit gerechnet, dass Mungo sich auf irgendeine Weise für dieDemütigung rächen würde, doch es erfüllte ihn mit Zorn, dass es ausgerechnet auf Kosten Francescas geschehen sollte, die sich so hart auf die Prüfung vorbereitet hatte.
»Wie einige von Ihnen wissen, bin ich Joe Callaghan, Francescas Vater. Fran stand unter meiner Aufsicht am Ruder. Bei dem Vorfall mit der Kittyhawk hat sie lediglich meine Anweisungen befolgt.«
»Wir sind der Meinung, dass Ihre Anweisungen nicht gerade ratsam waren, Mr Callaghan«, entgegnete einer der Prüfer.
Joe zügelte mühsam seine Wut. »Meine Anwesenheit war in dieser Situation erforderlich. Seit siebzehn Jahren befahre ich diesen Fluss, und mein Verhalten war stets vorbildlich, auch bei dem fraglichen Zwischenfall. Wir haben alles getan, was in unserer Macht stand, um das Rennen mit der Kittyhawk zu vermeiden. Wir haben sogar zwischendurch das Ufer angesteuert.«
»Miss Callaghan hat nichts von einem Zwischenstopp am Ufer erwähnt.«
»Das war unsere erste Reaktion, aber die Kittyhawk hat neben uns gehalten. Mungos Sohn schlug eine Wettfahrt vor, aber wir haben den Vorschlag zurückgewiesen. Nachdem wir wieder abgelegt hatten, ist uns die Kittyhawk gefolgt, und Mungos Sohn, wie Sie vermutlich bereits von meiner Tochter erfahren haben, hat mehrmals unsere Fahrrinne blockiert. Nicht wir, sondern einzig und allein Mungo und sein Sohn haben sich rücksichtslos verhalten. Da sie zudem die entgegenkommenden Schiffe behindert haben, gab ich meiner Tochter den Befehl, mit voller Kraft voraus zu fahren, um sie abzuhängen. Das ist uns auch gelungen, aber dann ist der Kessel der Kittyhawk explodiert.«
»Haben Sie Halt gemacht und Hilfe geleistet? Wir haben Grund zu der Annahme, dass Sie es unterlassen haben.«
»Selbstverständlich haben wir unsere Hilfe angeboten!Aber Mungo McCallister hat abgelehnt. Sie dürfen meiner Tochter nicht die Schuld an diesem Vorfall geben. Francesca hat großes Geschick am Ruder eines Schaufelraddampfers. Sie ist ein Naturtalent.«
»Vielen Dank für Ihren Einwurf, Mr Callaghan, aber wir können ihn bei unserer Entscheidung nicht berücksichtigen. Miss Callaghan wird das Ergebnis innerhalb der nächsten Tage mitgeteilt.«
Joe ahnte, dass Frannie die Prüfung nicht bestehen würde. Es brach ihm fast das Herz.
27
V on den zwanzig Schankstuben in Echuca hatte Joe bereits fünfzehn abgeklappert, bevor er Mungo McCallister im Fisherman’s Inn auf der Red Gum Street vorfand. Er hockte alleine an einem Tisch in der hintersten Ecke der verräucherten Kneipe, eine einsame, Mitleid erregende Gestalt, verbittert in ihrem fehlgeleiteten Groll. Als Joe sich ihm näherte und Mungo daraufhin den Kopf hob, konnte man seine innere Verfassung deutlich an seiner mürrischen Miene ablesen. Für Joe gab es keinen Zweifel, dass Mungo der Kommission von dem Vorfall berichtet hatte, der zur Explosion seines Schiffskessels führte.
Als Joe seinen Tisch erreichte,
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