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Am Fluss des Schicksals Roman

Titel: Am Fluss des Schicksals Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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Lebens wiederzuerlangen, der lange Zeit verloren gewesen war.
    Nachdem Francesca die Flussbiegung hinter sich gelassen hatte, war der Dampfer immer noch nicht zu sehen, sodass sie stehen blieb und überlegte, was sie tun sollte. Sie befand sich nun auf einem schmalen Pfad, der von Eukalyptusbäumen gesäumt war und hauptsächlich von Fischern benutzt wurde. Raddampfer fuhren flussauf und flussab, manche mit Kähnen im Schlepptau. Plötzlich sah sie, wie die Ophelia sich näherte, und ging hinter einem Baum in Deckung, damit Neal Mason nicht auf den Gedanken kam, sie habe sich verlaufen. Nachdem sein Dampfer vorbeigefahren war, ließ Francesca den Blick flussaufwärts schweifen, wo in einiger Entfernung Pelikane auf ihrer Uferseite schwammen. Dabei wurde ihre Aufmerksamkeit auf ein Schiff gelenkt, das von herabhängenden Baumästen fast vollständig verdeckt wurde. Sie beschloss, der Sache auf den Grund zu gehen, in der Hoffnung, dass jemand an Bord ihr Auskunft geben könnte, ob ihr Vater in der Nähe ankerte.
    Als Francesca sich dem Schiff näherte, das sich als Flussdampfer erwies, stellte sie fest, dass der Anstrich abblätterte, die Reling verfiel und die Decks dringend geschrubbt werden mussten. Sie fragte sich, wem das Schiff gehörte. Es machte einen verwahrlosten, bejammernswerten Eindruck, zumal es einst ein prächtiges Dampfschiff gewesen sein musste. Als sie mühsam den Namen entzifferte, verschlug es ihr vor Schreck den Atem.
    Das Schiff war die Marylou.
    Francesca ging an Bord und machte sich durch zögerndes Rufen bemerkbar. Kurz darauf erschien Ned. Der gute Ned, ging es Francesca durch den Kopf. Sie hatte ihn und ihren Vater vor zwei Jahren das letzte Mal gesehen, als die beiden Männer sie in Pembroke besucht hatten. Seit damals war Ned deutlich gealtert. Seine Haare waren jetzt schlohweiß,und er ging leicht gekrümmt; dennoch stand er ihrem Vater seit vielen Jahren treu zur Seite – sowohl in guten Zeiten, während der glücklichen, unbeschwerten Kinderjahre Francescas, als es noch reichlich Arbeit gegeben hatte, als auch in schweren Zeiten wie damals, als Francesca auf tragische Weise ihre Mutter verloren hatte. Damals war sie erst sieben gewesen, aber sie würde nie vergessen, wie schrecklich sie und ihr Vater unter dem Verlust gelitten hatten. Bald darauf hatte er sie ins Internat geschickt. Damals hatte Francesca den Grund dafür nicht begriffen, und was noch viel schlimmer war: Ihr Vater hatte ihr das Gefühl gegeben, dass der Unfall irgendwie ihre Schuld gewesen sei. Erst im Laufe der Zeit hatte Francesca erkannt, dass ihr Vater nur zu ihrem Besten gehandelt hatte.
    »Hallo, Ned«, begrüßte sie ihn, während dieser sie fassungslos anstarrte.
    »Frannie!«, entfuhr es ihm dann heiser. Als er sie das letzte Mal zu Gesicht bekommen hatte, war sie noch ein schlaksiges junges Mädchen gewesen. Er konnte nicht fassen, dass die bildschöne, elegante junge Frau, die nun vor ihm stand, seine kleine Frannie war.
    Neds Gedanken schweiften unwillkürlich zu jener Nacht zurück, als er bei dem Versuch, ein Neugeborenes aus dem Fluss zu retten, beinahe ertrunken wäre. Als er Francesca nun betrachtete, hätte sein Stolz nicht größer sein können, wäre sie seine eigene Tochter gewesen. In den ersten sieben Jahren ihres Lebens hatte ein enges Band zwischen ihnen bestanden. Es hatte Ned fast das Herz gebrochen, als Joe das Mädchen nach Marys Tod fortgeschickt hatte, doch er hatte mit diesem Schmerz leben müssen. Schließlich hegte er für Joe eine tiefe kameradschaftliche Zuneigung. Ned hatte darauf vertraut, dass Joe wusste, was für Frannie am besten war. Außerdem tröstete er sich mit dem Gedanken, dass ein Leben an Bord eines Raddampfers mit zwei Männern, dieTag für Tag hart schuften mussten, nichts für ein kleines Mädchen war.
    Als Ned auf sie zukam, ein Lächeln auf dem faltigen Gesicht, fiel Francesca sein steifer Gang auf.
    »Tut mir Leid, dass ich euch nicht Bescheid gegeben habe«, sagte Francesca und stellte ihren Koffer ab. »Ich bin kurz entschlossen zu euch gekommen.« Ned umarmte sie und drückte sie liebevoll.
    »Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr ich mich freue, dich zu sehen, Frannie. Aber ... was machst du hier?«
    »Ich habe meine Stelle gekündigt, Ned. Es hatte keinen Sinn mehr.« Sie sah sich um. Das Schiff war in einem schlimmen Zustand, was Francesca umso mehr verwirrte, als die Marylou der ganze Stolz ihres Vaters gewesen war. »Wo ist Dad?« Mit einem Mal beschlich

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