Am Fluss des Schicksals Roman
wütend auf mich, aber das Gegenteil ist der Fall. Er hat sogar gesagt, dass es ihm gefallen hätte, eine Schwester zu haben, und dass er glaubt, Frederick hätte mir verziehen. Das macht die Sache aber nur noch schlimmer, denn hätte ich nicht an der Liebe meines Mannes gezweifelt, würde meinem Sohn jetzt nicht der Galgen drohen.«
»Wir können die Zeit leider nicht zurückdrehen«, stieß Francesca heiser hervor.
»Nein, das können wir nicht«, sagte Regina. »Sonst würde ich vieles anders machen.«
35
C laude Mauston brachte Francesca zurück in die Stadt. Sie hatte mehr Zeit bei Regina verbracht, als sie beabsichtigt hatte, da ihr Zustand Besorgnis erregend war. Es war spät geworden, und Francesca fürchtete, dass Neal dahinter kommen könnte, wo sie gewesen war. Sie bat Claude, sie auf der High Street abzusetzen statt auf der Uferpromenade, und stieg unverzüglich aus, als die Kutsche zum Stehen gekommen war.
Nachdem Neal den ganzen Tag mit seinem Freund Fred Cook gearbeitet hatte, war er mit ihm noch auf ein Glas ins Orient Hotel gegangen. Obwohl es ihn drängte, zu Francesca zu kommen, hatte er Freds Vorschlag angenommen, weil er noch eine gute Flasche Wein für den gemeinsamen Abend mit Francesca besorgen wollte. Er verließ gerade das Hotel, als er Francesca aus der Kutsche der Radcliffes aussteigen sah und beobachtete, wie sie in einer Gasse verschwand, die zur Uferpromenade führte. Neal war so verwundert, dass er sich erst an ihre Fersen heftete, nachdem die Kutsche losgefahren war.
Francesca lief mit schnellen Schritten, sodass sie den Pier erreichte, bevor Neal sie entdecken konnte. Sie war ganz aus dem Häuschen vor Freude darüber, dass die Marylou dort vor Anker lag. Während sie am Pier entlangeilte, winkte sie Ned, der an Deck war.
»Francesca!«, rief Neal laut, als er sie beinahe eingeholt hatte. »Wo bist du gewesen?«
Francesca erschrak, als sie seine Stimme vernahm, diezornig klang. »Neal«, stieß sie atemlos hervor und wandte sich ihm zu. Sie sah ihm an, dass er verärgert war. Kurz kam ihr in den Sinn, dass Neal sie beobachtet hatte, als sie aus der Kutsche der Radcliffes ausgestiegen war. »Die Marylou ist zurück«, sagte sie, um ihn abzulenken.
»Wo bist du gewesen?«, wiederholte Neal und blickte sie zornig an.
»Ich ...« Sie überlegte, ob sie ihm eine Ausrede auftischen sollte, verwarf den Gedanken aber sofort wieder. Neal hatte Ehrlichkeit verdient. »Ich war bei Regina Radcliffe«, antwortete sie. »Ich mache mir große Sorgen um sie und ...«
Neal fiel ihr ins Wort. »Machst du dir Sorgen um Regina oder um Monty?«
Francesca starrte ihn verblüfft an. »Um Regina. Aber ich bin natürlich auch wegen Monty besorgt«, entgegnete sie.
»Hast du denn schon vergessen, dass er versucht hat, mich umzubringen?«
»Selbstverständlich nicht ...«
»Das scheint mir aber so. Regina macht gemeinsame Sache mit ihm, indem sie dich von der Ophelia lockt, damit er mich mit dem Schiff in die Luft jagen kann, und du hast nichts Besseres zu tun, als zur Farm zu fahren und dich nach dem Befinden der werten Gesellschaft zu erkundigen.«
»Es ist eine Tragödie, Neal.«
»Zumindest hätte es eine werden können.«
»Regina hat ihren Mann verloren, und jetzt sitzt auch noch Monty in Haft, und ihm droht der Strick ...«
»Hättest du mit ihnen auch Mitleid gehabt, wenn sie mich in die Luft gesprengt hätten?«, knurrte Neal. Nie zuvor war er so wütend gewesen.
»Wie kannst du so etwas fragen, Neal? Ich liebe dich, das weißt du doch.«
»Da habe ich meine Zweifel«, gab er schroff zurück und stapfte davon.
Francesca starrte ihm nach. Dann warf sie einen Blick auf die Marylou, von deren Deck aus Ned sie mit bekümmerter Miene beobachtete. Er hatte den Streit verfolgt.
Als Francesca an Bord der Marylou stieg, standen Joe und Lizzie mittlerweile ebenfalls an Deck, sodass Ned lieber den Mund hielt.
»Francesca!«, rief Joe aus und umarmte sie. »Wie schön, dich zu sehen.«
»Hallo, Dad ... Lizzie. Habt ihr euch gut erholt?« Francesca machte ein tapferes Gesicht, obwohl es ihr innerlich das Herz zerriss.
»Und ob, und wir haben ganze Eimer voll Fische gefangen. Elizabeth ist im Angeln mittlerweile äußerst geschickt. Sie übertrifft sogar mich.« Er zwinkerte Lizzie kurz zu, die ihm kokett zulächelte. »Trotzdem bezweifle ich, dass du uns vermisst hast.«
»Natürlich habe ich euch vermisst«, widersprach Francesca, wobei sie den Blick ihres Vaters mied, damit er nicht
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