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Am Fluss des Schicksals Roman

Titel: Am Fluss des Schicksals Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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Nachthemd und darüber einen Morgenrock, der völlig zerknittert war. Ihr Haar, das sie sonst immer in einer ordentlichen Frisur getragen hatte, hing ihr strähnig und ungekämmt bis auf die Schultern. Die Regina, wie Francesca sie zu Beginn kennen gelernt hatte, hatte mit dieser Frau keine Ähnlichkeit mehr.
    Francesca setzte sich auf einen Stuhl neben dem Bett. Regina wandte den Blick von ihr ab und starrte wieder gedankenverloren aus dem Fenster. Sämtliche Vorhänge waren zugezogen bis auf einen, der ihr einen schmalen Ausblick auf den Himmel ermöglichte. Francesca sah, dass Regina bitterlich geweint hatte. Ihre Augen waren rot und geschwollen.
    »Wie geht es dir?«, fragte Francesca sanft.
    »Nicht besonders«, erwiderte Regina. »Und wie steht es mit dir?«
    Francesca war verwundert über die Frage. »Mir gehtes gut.« Sie hatte beinahe ein schlechtes Gewissen, weil sie glücklich war.
    Regina musterte sie kurz, wobei sie den Ausdruck der Verliebtheit auf Francescas Gesicht bemerkte. Ohne zu fragen, wusste sie, dass Frannie und Neal sämtliche Probleme, die sie belasteten, ausgeräumt hatten, zumal Francesca schöner aussah denn je, was Regina erneut den Schmerz ihres Sohnes vor Augen führte. »Was führt dich hierher?«
    »Ich mache mir Sorgen um dich.«
    Regina war gerührt. »Ich wollte, ich selbst käme an den Galgen, anstelle meines Sohnes«, sagte sie, wobei ihr Tränen in die Augen stiegen.
    »Du kannst aber nicht mit Monty tauschen, Regina. Außerdem bist du für seine Tat nicht verantwortlich.«
    »Doch. Hätte ich ihm gesagt, dass du meine Tochter bist, wäre er auf deine Verbindung mit Neal gar nicht erst eifersüchtig gewesen.«
    Francesca wusste, dass Regina die Wahrheit sprach. Trotzdem hatte sie Neds Worte im Ohr. Egal wie eifersüchtig Monty sein mochte – es war keine Rechtfertigung dafür, dass er einen Mordanschlag auf Neal verübt hatte. »Gibt er dir die Schuld?«
    »Nein. Er sagt, er habe sich mit seinem Schicksal abgefunden, aber ich weiß, dass er schreckliche Angst hat.« Ihre Stimme war lauter geworden. »Und ich ebenso. Die Vorstellung, ihn hängen zu sehen, geht über meine Kraft. Das ist so ungerecht, Francesca! Nicht einmal Silas hatte den Tod verdient, und dabei war er ein rücksichtsloses Scheusal, während Monty stets ein anständiger Mensch gewesen ist.«
    »Wenn sein Verteidiger dem Richter die genauen Umstände erklärt, lässt er vielleicht Milde walten.«
    »Silas war charakterlos, aber in der Gemeinde geachtet. Mit der Zeit hat er einige einflussreiche Freunde gewonnen, darunter auch Richter Gleeson. Wenn er die Verhandlunggegen Monty führt, wird er an ihm ein Exempel statuieren, da bin ich mir sicher. Wäre Frederick noch am Leben – er wüsste, was zu tun ist. Er hatte großen Respekt vor ihm, und das zu Recht. Ich vermisse ihn schmerzlich. Jedes Mal, wenn ich nach unten gehe, höre ich seinen Rollstuhl«, sagte Regina und drückte beide Hände auf die Ohren. »Das Geräusch hört nicht auf ...«
    Francesca verspürte tiefes Mitleid. Sie erhob sich, setzte sich aufs Bett und umarmte Regina, die an ihrer Schulter den Tränen freien Lauf ließ.
    Zum ersten Mal fühlte Francesca sich als ihre Tochter.

    »Ich muss jetzt in die Stadt zurück«, sagte Francesca etwas später.
    Regina nickte und trocknete ihr tränenüberströmtes Gesicht mit einem zerknüllten Taschentuch. Francesca sah ihr an, dass es ihr widerstrebte, sie gehen zu lassen, aber sie musste sich auf den Weg machen. Sie wollte nicht, dass Neal von ihrem Besuch bei Regina erfuhr. Er würde kein Verständnis dafür haben.
    »Ich werde für Monty beten«, sagte Francesca und wandte sich zur Tür.
    Regina nickte müde und verfiel wieder in ihre Depression. Die einst so stolze, starke Frau war nur noch ein Häufchen Elend.
    »Ich verdiene nicht, dass du mich ›Mutter‹ nennst«, sagte Regina leise.
    Francesca blieb vor der Tür stehen und wandte sich um. Offenbar hatte Regina doch gehört, dass sie »Mutter« zu ihr gesagt hatte. Sie blickte durch die offenen Verandatüren zum wolkigen Himmel empor. »Und ich habe auch keinen Sohn wie Monty verdient.«
    Francesca beschlich die Angst, sie könnte eine Dummheit begehen. Sie blickte hinaus auf den Balkon und sah bildlichvor sich, wie Regina in den Tod sprang. »Du hast Fehler gemacht, Regina, aber jeder macht Fehler. Ich habe dir verziehen, und Monty wird dir ebenfalls verzeihen – wenn er es nicht schon getan hat, so wie ich.«
    »Ich wünschte, er wäre

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