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Am Haken - Ein maximalistischer Roman ueber das Leben die Liebe und den grossen Hecht

Am Haken - Ein maximalistischer Roman ueber das Leben die Liebe und den grossen Hecht

Titel: Am Haken - Ein maximalistischer Roman ueber das Leben die Liebe und den grossen Hecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Ewo
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Ich will!
    Deshalb werde ich ganz verbissen. Und tue etwas, von dem ich nie geglaubt hätte, dass ich es tun werde. Ich schalte den Computer ein, gehe ins E-Mail -Programm, drücke auf das Feld » E-Mail schreiben« und fange an zu tippen.
    Das kostet mich einiges. Ich muss mich für die richtigen Worte entscheiden. Der Mann ist trotz allem Psychologe. Wie sehr ich auch versuche, die Dinge zu umschreiben und auszuschmücken, er wird mich durchschauen. Außerdem kennt er die Sache von der anderen Seite   – von Valens Seite. Aber ist Valen ehrlich gewesen? Sicher nicht! Ich kann mich an jedes Wort erinnern, das er   … gesagt hat. Und so viel habe ich schon kapiert, dass der Witz bei dem Ganzen darin besteht, diesem Psychologen zu zeigen, dass mir der Zusammenhang schon klar ist. Das erscheint wie eine Strafe. Das soll eine Strafe sein. Und das ist eine Strafe. Usw. usw.
     
    An: [email protected]
    Von: [email protected]
    Betreff: Erster Bericht
     
    Ich glaube, es hat damit angefangen, dass alle Sportgeräte weiß lackiert waren. Wir hatten Valen im Sportunterricht und er bestand darauf, dass unsere Körper immer in Bewegung blieben. Er liebt seine Sportgeräte und in diesem Schulhalbjahr hat er sie alle weiß angemalt. »Das bedeutet Reinheit, hochverehrte, desinteressierte Versammlung«, erklärte er. »Eine reine Seele in einem reinen Körper in einem reinen Raum auf reinen, weißen Geräten. Das wird sogar Persönlichkeiten wie euch in die richtige Stimmung versetzen, sodass es euch möglich sein wird, das kleine bisschen Extra zu leisten, durch das eure schlaffen Leiber zu den Adoniskörpern werden, die sie sein sollten. Vorausgesetzt, dass ihr euch überhaupt für derartige Dinge interessiert.«
    So hat er geredet. Wort für Wort.
    Umständlich und mit vielen Andeutungen, die nichts anderes ausdrücken sollten, als dass wir Idioten seien. Aber ich hatte mich an Valen und seine unfeinen Kommentare über mein Körpergewicht gewöhnt. Ich hatte mich daran gewöhnt, seine Reden zu hören   – vielmehr zu überhören. Das waren die Stunden, in denen ich gelernt habe, die Ohren zu verschließen.
    Aber da war dieses Weiß. Im Laufe der Winterferien war Valen stundenlang damit beschäftigt gewesen, alle Geräte weiß zu streichen   – das Sprungbrett, das Pferd, den Schwebebalken und nicht zuletzt   – den Bock. Das war kein gewöhnlicher Sportgeräte-Bock. Das war der Bock aller Böcke. Er hatte nicht einmal die normale Größe. Valen muss für dieSchule von Tipling einen XX L-Bock angeschafft haben. Denn alle hatten Mühe, über diesen Bock zu kommen.
    Aber es war das Weiß, das mich provozierte. Dass diese Farbe für etwas Reines und Schönes stehen sollte. Für Frieden, Leben und positive Dinge.
    Denn meine Erfahrung mit Sportgeräten entsprach einer vollkommen anderen, sie bereiteten mir die größten Niederlagen in meinem Alltag. Zweimal pro Woche verlor ich gegen die Sportgeräte. Sie waren meine Feinde.
    »Versuch es noch einmal, wenn du dich traust«, pflegte Valen zu sagen.
    »Los, bring deinen dicken Hintern in Schwung«, pflegte Valen zu sagen.
    Doch darum scherte ich mich nicht.
    Aber dass die Geräte dastanden und mich weiß angrinsten   – das ertrug ich nur schwer.
    Ich balancierte, kletterte, hüpfte und sprang schlechter als je zuvor.
    Weil sie mich gleichzeitig wütend machten und verzweifeln ließen und noch mehr demütigten als vorher.
    Das Weiß verhöhnte mich und erzeugte eine weiße Wut in mir.
    So vergingen Januar, Februar, März und April.
    Weißer Hohn und weiße Wut.
    Weiße Demütigung und weiße Verzweiflung.
    Ich schaffte es einfach nicht über den Bock. Alle anderen hatten sich offenbar eine Geheimtechnik angeeignet, die es ihnen ermöglichte, wie die Ziegen über das weiße Monstrum zu springen.
    Während ich   – während ich gegen den Bock rannte. Ich kollidierte mit dem Bock. Ich schlug mir die Eier am Bockblau. Ich blieb auf dem Bock hängen und ruderte mit den Armen. Ein einziges Mal gelang es mir hochzukommen. Dann musste ich mich aber mit den Armen weiterziehen, um auf die andere Seite zu kommen.
    »Was für eine Masse dieser Junge hat!«, sagte Valen.
    »Das sieht ja aus, als würde er sich mit dem Bock prügeln, statt zu versuchen, über ihn drüberzuspringen«, sagte Valen.
    »Das sieht aus, als hättest du sowohl vorne als auch hinten einen Hintern«, sagte Valen.
    Weißer Hohn und weiße Wut.
    Im Mai hielt ich es nicht

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