Am Haken - Ein maximalistischer Roman ueber das Leben die Liebe und den grossen Hecht
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Wir standen in einer langen Reihe hintereinander, um über meinen ärgsten Feind zu springen – über den weißen Bock. Ich war Nummer drei.
Zuerst sprang Sanner. Und kam drüber. »Prima!«, sagte Valen.
Dann sprang Kent. Und kam drüber. Perfekte Landung. »Schön!«, sagte Valen.
Dann war ich an der Reihe. Aber ich blieb still stehen.
»Nun komm schon. Der beißt nicht«, sagte Valen. »Das traut er sich gar nicht nach all den Prügeln, die du ihm schon verpasst hast.«
Alle lachten, ich blieb still stehen.
»Nun komm, Martin«, sagte Valen. »Zier dich nicht wie ein Mädchen. Alle haben schon mal gesehen, wie du dich blamierst. Das ist doch nichts Neues, dass du beim Bock ein Loser bist.«
Ich blieb ganz ruhig stehen.
Valen kam auf mich zu und dachte, das würde mir Angst machen. Aber da er einen halben Kopf kleiner ist als ich, wares fast komisch, als der kleine Mann zu mir aufschaute und sagte: »Nun sieh zu, dass du springst!«
Ich blieb still stehen und sah ihn lange an, bevor ich antwortete: »Nein.«
Er versuchte, mich zu schieben. Aber ein Floh wie Valen schafft es nicht, mich zu bewegen.
»DU SPRINGST JETZT!«, schrie er.
»Nein«, antwortete ich, immer noch vollkommen ruhig.
Valen drehte mir den Rücken zu, während die anderen Jungs mich verwundert anstarrten. Valen ging ans Fenster und schaute hinaus. Wir sahen, dass er sich zusammenreißen musste, um nicht zu explodieren. Es fehlte nicht viel, und aus seinen Ohren wäre Dampf aufgestiegen.
Dann fasste er offenbar einen Entschluss und drehte sich wieder zu uns um. »Tritt zur Seite, Martin.«
Ich latschte davon.
»Nein! Du bleibst an der Startlinie stehen. Du hast die Aufgabe nicht erfüllt. Und dort bleibst du so lange stehen, bis du es tust.«
Also stand ich da, während Finn, John, Alex und all die anderen einer nach dem anderen sprangen.
Ich stand treu und brav an der Startlinie.
Auch noch, als die anderen zu anderen Geräten gingen.
Valen passte auf. Er achtete darauf, dass ich mich nicht einen Zentimeter vom Strich wegbewegte. Und dort blieb ich stehen, bis die Stunde zu Ende war und er sagte: »Jetzt hast du hoffentlich etwas gelernt, Martin. Nächste Stunde kommst du nicht wieder mit solchen dummen Streichen, nicht wahr?«
Doch seine Hoffnung ging nicht auf.
Mit freundlichen Grüßen
Bud Martin
25. BUDS NÄCHTLICHER AUSFLUG
Ein Schaudern durchläuft meinen Körper. Ich schaffe es nicht, weiter zu berichten. Weiß nicht einmal, ob ich es irgendwann schaffen werde.
Also mache ich Schluss, schicke Starbokk die E-Mail und schalte den Computer aus.
Genau in dem Moment kommt ein gut gelaunter Jerry ins Zimmer. Er will reden, aber ich will nicht. Deshalb redet er, während ich als Antwort nur etwas murmele, und so gucken wir ein paar Stunden fern.
Bis Jerry mitten in einem endlosen Satz einschläft. Ich lege ihm die Decke über die Schultern und sehe auf die Uhr. Es ist fünf nach zwei in der Nacht und ganz Tipling schläft.
Das Einzige, was zu hören ist, das sind die Holztransporter auf der Hauptstraße. Sie dröhnen davon mit ihren Brettern, die hinaus in die Welt sollen, um sie zu verändern.
Ich habe einen Entschluss gefasst!
Ich muss ein paar Kleinigkeiten erledigen, während Jerry hier ist. Sonst werde ich noch total wahnsinnig! Und werde die letzten 3 % Selbstsicherheit auch noch verlieren.
Ich mache einen großen Schritt über die Matratze, auf der das schlafende Plappermaul Jerry Storm zum Laden liegt. Schnappe mir ein T-Shirt und schleiche mich aus dem Zimmer. Ich öffne die Kellertür und trete in die Dunkelheit.
Gehe den Gang entlang, dann nach rechts. Zu demhintersten Regal. Hocke mich davor. Wie viele Tage wird Jerry hierbleiben?
Sieben Tage.
Aber tagsüber werde ich nie allein sein.
Es muss also nachts passieren.
Heute ist Montag, am Sonntag fährt er wieder.
Bleiben sechs Nächte.
Ich schnappe mir sechs Flaschenhälse und trage meine Beute aus dem Keller.
Meine nackten Fußsohlen treffen auf das kühle Gras, die Zehen krümmen sich. Mir gefällt das Gefühl von nachtkaltem Gras und der Erde unter meinen Füßen.
Man kann viel über meinen Großvater sagen. Aber Stil hat er. Ich denke an seinen Pavillon. Dort will ich nämlich hin. Ich schleiche mich übers Gras – zu dem Loch in der Hecke – auf das Grundstück meines Großvaters und kann dort bereits den gefliesten Weg erkennen, der zu der Treppe hinauf zum Pavillon führt. Großvater hat sein Gartenhaus nämlich
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