Am Haken - Ein maximalistischer Roman ueber das Leben die Liebe und den grossen Hecht
Morgen zwei Tonnen Gewichte stemmen und anschließend die Hanteln zum Frühstück verspeisen. Sie wirft uns böse Blicke zu.
»Seht ihr nicht, dass das mein Angelplatz ist?« Sie deutet auf etwas hinter uns. Und jetzt entdecke ich ein paar Meter entfernt einen zusammenklappbaren Stuhl mit einem kleinen Beutel und eine Angel, die an einen Baum gelehnt ist.
Mein Tag ist bereits so schwarz, dass ich dazu bereit bin, über fast alles zu streiten. »Nun ja, du hast … äh, du warst ja gerade nicht hier und … äh, hast hier nicht besonders eifrig geangelt«, antworte ich. »Wir sind ja schon seit einer halben Stunde da.«
»Das spielt überhaupt keine Rolle«, erwidert sie. »Das ist mein Platz. Ich bin nur eine Runde gelaufen,um mich aufzuwärmen.« Sie zieht ein Handtuch aus ihrer Tasche und wischt sich den Schweiß ab.
»Kannst du nicht … äh … einfach ein paar Meter weitergehen?« Ich zeige vage in die Richtung.
»Nix da«, erklärt sie entschieden und öffnet ihren Beutel. »Haut ab!«
»Das ist nicht dein Privatsee«, sage ich, überraschend entschlossen.
»Nein, aber ich bin der Profi hier«, erwidert sie und holt eine Dose mit Ködern und ein Messer heraus. »Ich will von euch nicht gestört werden. Amateure machen das Angeln kaputt.«
Was soll ich erwidern? Schnelle Antworten sind nicht gerade meine Stärke.
»Entschuldige, aber wie heißt du?«, fragt Jerry plötzlich.
»Was spielt denn das für eine Rolle?«, erwidert sie misstrauisch, während sich plötzlich ihr Zopf löst und ihr das Haar ins Gesicht fällt.
»Gar keine.« Seine Augen bekommen diesen merkwürdigen Glanz, der nur eins bedeuten kann: Er ist an ihr interessiert.
»Maggie«, antwortet sie und schiebt sich das Haar irritiert zur Seite. »Und wie heißt du?« Sie versucht immer noch, sauer zu sein. Aber ich kenne das. Es fehlt nicht mehr viel, dann kippt sie um. Nur dass sie das selbst noch nicht weiß.
»Jerry«, antwortet er leise.
»Jerry.« Sie lässt sich den Namen wie eine Pastille auf der Zunge zergehen. »Schöner Name.« Schmeckt noch nach und zeigt ein schiefes Lächeln.
»Ich mag deine Art«, sagt Jerry.
»Hm«, antwortet sie. Sie wirft den Kopf zurück, um das Haar wegzubekommen. Und diese Bewegung entlarvt sie. Sie will uns ihr Gesicht zeigen, die Augen, den Mund und den Blick.
Und es scheint, als würde von hier aus eine breite Autobahn geradewegs zum Küssen und Knutschen und zur großen Liebe führen – ein richtiger Highway, auf dem Jerry und Maggie Hand in Hand dem Sonnenuntergang entgegengehen.
Es ist nur noch eine Frage der Zeit.
Derjenige, der Jerry nicht kennt, wird verwirrt sein. Denn was ist mit Selma, die er doch liebt? Die Antwort ist folgende: Jerry ist in der Lage, viele gleichzeitig zu lieben. Sein Herz ist ein großes Haus mit vielen Räumen und Stockwerken. Außerdem ist er fantastisch darin, das zu vergessen, was er vor einer Stunde gesagt hat.
Was mir egal sein könnte.
Aber ausnahmsweise ist es mir nicht egal.
Jetzt ist der Tag noch schwärzer als die Nacht.
Gerade jetzt würde ich am liebsten in meinem Schrank hocken, ohne einen einzigen Gedanken zu denken. Nur ein wenig atmen. Ein und aus.
Genau in diesem Moment würde ich am liebsten in ein schwarzes Loch in der Erde versinken.
21. DAS GEBET DES FETTSACKS
Warum? Der Grund ist, die Liebe hat mich erwischt – flink, wie eine Forelle am Haken hängt. Ausgerechnet mich, der ich nicht einmal geahnt habe, dass die Leine ausgeworfen wurde!
Ich sehe, wie sich ihr Zopf löst und ihr das Haar über die Augen fällt. Sehe die Hand, die es zur Seite schiebt. Und später, wie sie den Kopf zurückwirft, um es wegzubekommen.
Die Liebe schleicht sich heran, während Maggie ganz gewöhnliche Dinge tut.
Mein Herz krampft sich zusammen, als wäre es in allen Kammern von vergifteten Liebeskugeln getroffen worden. Ich weiß, dass ich sie haben will. Ich will Maggie. Ich will sie lieben. Ich will der Ihre sein.
Ich liebe jedes Milligramm ihres kräftigen, schönen Körpers und würde mich am liebsten unter ihm begraben, mich in ihm vertiefen und von ihm umfasst werden.
Gleichzeitig bin ich verzweifelt, da ich weiß, dass dies nie geschehen wird. Nicht, wenn Jerry sich & sein Interesse angemeldet hat. Und schon gar nicht, wenn sie Jerry mag … Was sie offensichtlich tut.
Ich kenne nicht viele Gebete. Aber ich improvisiere eines vom Fleck weg: »Lieber Gott. Ich bete nicht oft. Und nicht viel. Ich weiß, es gibt nicht
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