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Am Horizont die Freiheit

Am Horizont die Freiheit

Titel: Am Horizont die Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorge Molist
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begonnen, aber seine Gefangenschaft dauerte schon länger. Abdalá gehörte zu einem Zweig der nasridischen Königsfamilie, doch er zog die Literatur den Waffen vor. Die Hofintrigen führten zu Bruderkriegen, die die katholischen Könige Isabella und Ferdinand von außen schürten. Abdalá erlebte voller Sorge den Niedergang seines Königreichs und sah dessen tragisches Ende voraus. Aber er wollte seinem Vaterland helfen und nahm das Amt eines Botschafters Granadas am französischen Hof an. Frankreich war der traditionelle Feind Aragoniens im Mittelmeer und hatte während des katalanischen Bürgerkriegs einen Teil Kataloniens – das Roussillon und die Cerdaña – besetzt. Seine diplomatische Aufgabe war sehr wichtig, denn jeder Druck, den Frankreich zusammen mit seinem Verbündeten Genua auf die am Mittelmeer gelegenen Besitzungen des Königs Ferdinand ausübte, leitete die Ressourcen um, die dieser gegen Granada hätte einsetzen können. Abdalá ließ sich in Paris nieder, doch er folgte dem französischen Hof bei seinen Reisen und erhielt auch diplomatische Aufträge in Italien, vor allem in Genua und Venedig, die mit Aragonien im Mittelmeer konkurrierten. Da er ein gebildeter Mann war, der Arabisch, Latein und Kastilisch vollendet beherrschte, nahm er mühelos Französisch und Katalanisch in seinen Wissensschatz auf und erwarb umfangreiche Kenntnisse der in Italien gesprochenen Sprachen. Damit öffneten sich ihm die Tore des christlichen Wissens und der westlichen Kultur.
    Bei einer seiner Reisen wurde das genuesische Schiff, auf dem er fuhr, von der Flotte des Admirals Bernat de Vilamarí angegriffen. Als König Ferdinand von seiner Gefangennahme hörte, befahl er Vilamarí, ihn nicht freizulassen, obwohl Granada eine hohe Summe für seinen Freikauf bezahlen wollte. Die Kenntnisse des Gefangenen waren von strategischer Bedeutung, und es war ratsam, ihn gefangen zu halten, denn seine persönlichen Beziehungen an verschiedenen Höfen machten ihn gefährlich.
    So begann die Gefangenschaft Abdalás in Barcelona. Wegen seines gesellschaftlichen Ranges galten milde Haftbedingungen, und er durfte Briefe an seine Gattin in Frankreich und seinen Sohn in Granada schicken. Doch seine Möglichkeiten, an Bücher zu gelangen, waren sehr beschränkt, und Abdalá schmachtete in der Haft. Der tragische Tod seiner Gattin auf der Rückreise nach Granada und seines Sohnes, der bei einem der Bruderkämpfe im Königreich ermordet wurde, machten seine Gefangenschaft noch viel leidvoller. Die Nachrichten, die aus seinem geliebten Vaterland kamen, wurden immer schlimmer, und er wünschte nicht mehr, heimzukehren. Er wollte nicht miterleben, wie die muslimische Hochkultur in Spanien endete. Deshalb vergaß er aber nicht die sagenhafte Schönheit seiner Heimat: den Glanz der Sonne auf dem Schnee der Berge Granadas, das Rauschen seiner Quellen, den Duft seiner Blüten, die Harmonie seiner Paläste und den Klang der nasridischen Poesie.
    Abdalá lernte den Buchhändler Corró kennen, nachdem dieser von seiner Gefangenschaft im königlichen Kerker an der Plaza del Rey erfahren hatte. Er kam zu ihm und bat ihn um eine Übersetzung aus dem Arabischen. Abdalá stimmte begeistert zu. Diese Arbeit bedeutete Zerstreuung und Freude für sein reizloses Leben. Als Corró den Granadiner bezahlen wollte, nahm dieser kein Geld an, sondern bat ihn als Gegenleistung um einen Gefallen: dass er ihn zu seinem Sklaven machte. Es überraschte den Buchhändler, dass jemand aus einem Königsgeschlecht etwas wünschte, was nicht einmal die Ärmsten haben wollten. Abdalá entgegnete, es gebe nichts Schlimmeres als die Langeweile. Die Untätigkeit des Verstandes sei geistige Sklaverei und für ihn viel schlimmer als körperliche Sklaverei. Er sagte, wenn Corró seine Religion respektiere und ihm gestatte, alle Arten von Büchern zu bekommen, werde er ihm gewissenhaft als Übersetzer und Kopist dienen.
    Ramón Corró wusste, wie wertvoll ein solches Angebot war, und darum sprach er mit dem Admiral Vilamarí, der immer zu wenig Geld hatte, um die Flotte zu unterhalten, und dieser nahm begeistert das Angebot von einhundertzwanzig Pfund an, dreimal mehr, als ein gewöhnlicher Sklave kostete. Der Vertreter des Königs in der Stadt bestätigte die Zustimmung des Monarchen, nachdem Abdalá geschworen hatte, dass er keinen Fluchtversuch unternehmen werde. Damals hatte sich der strategische Wert des Granadiners verringert, und wenn ein Muslim aus einem königlichen

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