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Am Horizont die Freiheit

Am Horizont die Freiheit

Titel: Am Horizont die Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorge Molist
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Felipe in Geringschätzung. Nur noch wenig fehlte, bis er die Größe des anderen erreichen würde, und die ständigen Übungen mit der Azcona seines Vaters ließen seinen Rücken breit und seine Arme stark werden. Aber noch wagte er nicht, es mit dem Bandenführer aufzunehmen, denn er wusste, wozu der andere fähig war. Er beobachtete ihn, während dieser Hochrufe ausstieß, frenetisch klatschte und von den Übrigen durch Zeichen verlangte, dass sie es ihm nachtaten. Bartomeu und die übrigen Leute, die Joan respektierte, unterstützten den Stadtrat gegen die neuen Inquisitoren, und der Junge ahnte, dass dieser triumphale Einzug nichts Gutes bringen würde.
    Joan hatte bei den Corrós große Fortschritte gemacht. Seit anderthalb Jahren war er nun schon Lehrling. Seine Arbeitszeit war die gleiche wie die der Übrigen, und er wohnte nun in der Buchhandlung. Sein Bruder arbeitete weiter im Klostergarten. Er besuchte ihn beinahe täglich. Er unterhielt sich auch gern mit dem jovialen und dickbäuchigen Bruder Jaume, mit Bruder Melchor, der ihn zusammen mit Abdalá im Lateinischen unterrichtet hatte, und mit Bruder Pere, dem früheren Novizen und nunmehrigen Mönch, bei dem er heimlich lesen lernte.
    Er kopierte in einer vorzüglichen Schrift und lernte bei Abdalá unaufhörlich Neues über Bücher und Sprachen. Für seinen Lehrmeister empfand er große Bewunderung und Zuneigung. Regelmäßig arbeitete er auch in der Werkstatt, denn er wollte den Titel eines Buchbindermeisters erwerben.
    Gerade dieses Thema verdüsterte Felips Laune. Er war schon über zwanzig, und der Herr schlug ihn nicht für die Prüfung vor, während er sich selbst schon lange für ausreichend vorbereitet hielt. Als Felip die Erlaubnis Mosén Corrós erbat, antwortete dieser lediglich, er müsse sich größere Mühe bei der alltäglichen Arbeit geben, er solle barmherzig sein und gute Werke tun. Ein Meister müsse nicht nur bei der Arbeit, sondern auch durch seine guten Sitten und seine Moral ein Vorbild sein.
     
     
    Seit einem Jahr besuchte Joan regelmäßig die Hafenschänken. Als er den Herrn um Erlaubnis fragte, lehnte dieser mit den Worten ab, dort könne ein Lehrling nichts Gutes lernen.
    Er gab nur nach, weil Bartomeu eingriff.
    »Der Junge will herausbekommen, was mit seiner Familie geschehen ist«, sagte er zu seinem Freund, dem Buchhändler. »Und er ist groß genug, um keine Dummheiten zu machen.«
    Danach warnte er Joan mit einem Lächeln: »Aber wenig Wein und keine Frauen.«
    Der Junge suchte Gespräche mit Seeleuten aus Frankreich und den verschiedenen italienischen Staaten. Er hatte eine gute sprachliche Grundausbildung und notierte die Wörter, die er nicht verstand, auf einem Zettel. Dazu nahm er ein Stück Graphit, das von einem Metallröhrchen gehalten wurde, wie er es benutzte, um die Bücher zu linieren, bevor er in ihnen schrieb. Danach versteckte er das Papier, damit Abdalá es nicht sah, und wiederholte ihm die Wörter. Der Alte staunte immer wieder, welch gutes Gedächtnis der Junge hatte, denn er wusste ja nicht, dass sein Lehrling schon seit einiger Zeit fließend lesen konnte.
    Joan fragte die Seeleute nach Galeeren, die Piraterie trieben, und nach gefangenen Christinnen. Aber das war eine schwierige Angelegenheit: Er erhielt vage Antworten und bekam schließlich die unklare Geschichte eines fabulierenden Betrunkenen zu hören. Er konnte es sich nicht erlauben, jede Nacht zum Hafen zu gehen, und wenn er es tat, legte er sich gewöhnlich entmutigt schlafen. Wenn allerdings ein Schiff aus Übersee kam, eilte er hoffnungsvoll herbei, um sich nach neuen Nachrichten zu erkundigen.
    Diese Beschäftigung bot ihm außerdem eine gute Entschuldigung, um weniger häufig bei den Treffen von Felips Bande dabei zu sein. Der Raufbold erlaubte keine Fahnenflucht.
    An dem Tag, als der Herr zu Joan sagte, er nehme ihn mit schriftlichem Vertrag als Lehrling auf, trübte nur ein einziger Gedanke seine Freude. Er würde nicht mehr den Krug am Brunnen füllen! Seit langer Zeit traf er sich beinahe täglich mit Anna am Sant-Just-Brunnen. Wenn einer von ihnen aus irgendeinem Grund nicht kommen konnte, war es ein trüber Tag, selbst wenn die Sonne strahlte. Sobald ihn das Mädchen aus der Ferne sah, lächelte sie ihm zu und strahlte.
    Anna war fast fünfzehn Jahre alt, und ihr Körper hatte sich gestreckt und zugleich gerundet. Ihr Gewand betonte noch die schmale Taille, die sich nun aber an wohlgeformte Hüften anpasste.
    Ihr Lächeln und die

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