Am Mittwoch wird der Rabbi nass
leidet natürlich unter ein paar neuen Supermärkten in der Gegend. Wenn man ihm glauben darf, hat sich McLane gehen lassen, als seine Frau gestorben war, doch der Mann war überzeugt, dass er sich wieder aufgerappelt hätte. Aber –» er stellte die Füße auf den Boden und richtete sich auf, um dem, was er jetzt sagte, noch mehr Bedeutung zu verleihen – «Joe Kestler kündigte die Hypothek und trieb ihn damit in die Enge. Das alles war vor ungefähr einem Jahr.»
Lanigan blieb stumm; nur seine Finger trommelten nervös auf der Armlehne, während er die Folgerungen aus dem Bericht des Lieutenant erwog. Dann brach Jennings das lange Schweigen. «Sagen Sie, Hugh, soll ich McLane zur Befragung vorführen?»
Lanigan antwortete nicht sofort. Er lehnte sich weit zurück und blickte zur Decke. Jennings sah ihn erwartungsvoll an; der Adamsapfel hüpfte in seinem mageren Hals. Endlich sagte Lanigan, das Gesicht noch immer zur Decke gerichtet: «Vielleicht war es ein Fehler, Sie zur FBI-Schule zu schicken und Sie letztes Jahr zu diesem Kursus in Boston abzustellen. Sie haben sich Großstadtmanieren angewöhnt, Eban, und die Großstadtdenkweise. Wenn so etwas wie dieses in Boston passiert wäre, hätte man Aptaker vermutlich sofort zur Vernehmung aufs Revier geholt. Ein paar Cops wären zu ihm in den Laden gegangen und hätten ihn auf der Stelle in Gewahrsam genommen. Falls gerade Kunden im Laden waren – sein Pech. Falls er allein gewesen wäre, hätte er eben für diesen Tag schließen müssen. Und dann, nachdem er vernommen worden wäre, wenn sich herausgestellt hätte, dass sie ihm nichts anhängen konnten, hätten sie ihn laufen lassen. Vielleicht hätten sie sich sogar entschuldigt. Und der arme Kerl wäre in seinen Laden zurückgekehrt und noch glücklich gewesen, dass er von jedem Verdacht befreit war.»
Er richtete sich kerzengerade auf und sah Jennings in die Augen. «Aber dann hätte er feststellen müssen, dass er gar kein Geschäft mehr hatte. Es hätte sich herumgesprochen. Verflixt, es ist schließlich ein Drugstore. Falls auch nur der geringste Verdacht bestand, dass er eventuell einen Fehler beim Anfertigen eines Rezepts begangen hätte – wer würde noch bei ihm kaufen? Dies aber ist eine Kleinstadt, Eban. Die Leute hier sind unsere Freunde und Nachbarn. Mehr noch, sie stimmen jedes Jahr bei der Stadtversammlung über unsere Gehälter ab. Wir können es uns nicht leisten, den Unschuldigen zu schaden, während wir hinter den Schuldigen her sind.»
«Aber Sie sagten doch selbst, dass Sie mit Marcus Aptaker sprechen wollten.»
«Sicher, aber ich hätte ihn niemals hierher bringen lassen. Ich wollte zu ihm hineingehen, wenn niemand anders im Laden war. Wir hätten uns freundschaftlich unterhalten, und ich hätte ihm die Lage erklärt. Wenn er dann etwas gestanden hätte, hätte ich ihn verhaftet. Wenn nicht, wenn er eine Erklärung bereitgehabt hätte, hätte ich die ganze Sache erst gründlich überprüft und mich vergewissert, dass ich wirklich etwas gegen ihn in der Hand hatte, ehe ich etwas unternahm. Ich hätte niemals befürchtet, dass er die Stadt verlassen würde.»
«Nun, bei McLane …»
«Bei McLane ist das etwas anderes», fiel ihm der Chief ins Wort.
«Wieso?»
«Weil er nur da arbeitet», erklärte Lanigan. «Es ist nicht sein Laden. Es geht nicht ihm an den Kragen, wenn das Geschäft kaputtgeht. Er sucht sich einfach einen anderen Job. Und wenn ich McLane vorführen ließe oder selbst wenn ich hinginge und mit ihm spräche, er würde reden – auch wenn er von jedem Verdacht frei wäre. Er würde sich bei jeder nur möglichen Gelegenheit über diese dämlichen Cops beschweren. Und das ist der Unterschied: Marcus Aptaker würde niemals reden, denn er wüsste, dass das seinem Geschäft schaden würde. Und er kennt mich gut genug, um zu wissen, dass ich ebenfalls nicht rede.»
«Was werden Sie also tun?», fragte Jennings.
«Oh, ich werde schon mit McLane sprechen, aber ich werde versuchen es so einzurichten, dass es ganz wie zufällig wirkt», erwiderte Lanigan. «Bis dahin möchte ich, dass Sie wieder nach Revere gehen und alles sammeln, was Sie über McLane auftreiben können. Spüren Sie ihm nach bis zu seiner Taufe. Übrigens, den Kestlers auch. Gehen Sie zu Captain O’Day …»
«Der ist pensioniert.»
«Weiß ich», sagte Lanigan. «Aber er treibt sich immer noch im Präsidium herum und kann an eine Menge Informationen heran, an die Sie nicht rankommen. Ihnen, als einem
Weitere Kostenlose Bücher