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Am Mittwoch wird der Rabbi nass

Am Mittwoch wird der Rabbi nass

Titel: Am Mittwoch wird der Rabbi nass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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sondern richtig ein Opfer bringt –, dann hat man ein ganz besonders gutes Gefühl.»
    Sie erkundigte sich, wie lange er zu Hause bleiben werde, und er antwortete. «Ich weiß noch nicht. Meine Mutter sagt, es werde mindestens drei Monate dauern, bis mein Vater wieder arbeiten kann. So lange werde ich also vermutlich mindestens bleiben. Meine Wohnung in Philly habe ich aufgegeben.»
    «War dein Job da denn so viel besser als das, was du hier hast?»
    «Nein. Ich bin in Philly geblieben, weil ich da zur Schule gegangen bin und die Stadt bereits kannte. Und außerdem wollte ich weit genug weg sein von zu Hause, um mich so richtig frei zu fühlen.»
    «Und nun?»
    Er grinste. «Na ja, wie frei war ich denn, wenn es meiner Mutter gelungen ist, mich mit einem einzigen Anruf zurückzuholen?»
    Leah stieß nach. «Dann wirst du also vielleicht bleiben?»
    Er zuckte mit den Achseln. «Vielleicht muss ich – vielleicht will ich aber auch.»
    Da er wusste, dass seine Mutter wahrscheinlich aufbleiben würde, bis er heimkam, ging er um elf. An der Tür sagte er noch: «Bis auf die Sonntage werde ich wahrscheinlich jeden Abend arbeiten müssen. Wenn ich fertig bin, ist es zu spät, noch irgendwohin auszugehen, zum Essen oder ins Kino. Aber ich würde dich trotzdem sehr gern sehen …»
    «Ich gehe nicht sehr oft aus, wegen Jackie. Wenn du willst, kannst du herkommen, sobald du fertig bist.»
    Er hatte Erfahrungen genug, um sich darüber klar zu sein, wie ungewöhnlich ihre Offenheit war. «Ich werde kommen», antwortete er.

37
    Das Telefon läutete; Rabbi Small nahm den Hörer ab. «David? Hier ist Mort Brooks. Können Sie mich zur Synagoge mitnehmen? Mein Wagen hat einen Platten.»
    «Ja gut, aber lassen Sie mich nicht warten.»
    «Ich werde draußen sein, wenn Sie kommen.»
    Tatsächlich stand der Direktor der jüdischen Schule bereits am Bordstein, als der Rabbi seinen Wagen mit quietschenden Bremsen zum Halten brachte. «Wann werden Sie endlich diesen Schrotthaufen verkaufen?», erkundigte sich Brooks verächtlich, als er auf dem Beifahrersitz Platz nahm.
    Der Rabbi warf einen kurzen Blick auf das Cabrio in der Einfahrt und erwiderte ein wenig bissig: «Ich nehme Sie mit, nicht Sie mich.»
    «Einen Platten kann jeder mal haben.» Brooks hatte ausgestellte Hosen und ein Hahnentritt-Sportjackett an. Er trug den Hemdkragen geöffnet und ein seidenes, seitlich geknotetes Halstuch dazu.
    «Wollen Sie zu einer Gartenparty?», fragte der Rabbi säuerlich.
    «Allerdings. Nach der Sonntagsschule. Das heißt zu einer Grillparty.» Er verrenkte sich auf seinem Sitz, um sich im Rückspiegel zu betrachten, und warf seinem Spiegelbild ein zufriedenes Lächeln zu. «Der Sonntag ist für mich ein Ruhetag, und ich ziehe mich gern entsprechend an.»
    «Nicht der Samstag?»
    «Der Samstag auch. Bei den heutigen Nervenanspannungen und dem Stress braucht man zwei Ruhetage pro Woche.»
    «Welchem Stress sind Sie denn unterworfen?», fragte der Rabbi.
    «Machen Sie Witze? Bei einer ganzen Schule voll verwöhnter Blagen mit ihren fürsorglichen Eltern?» Er schüttelte sich. «Wenn ich abends nach Hause komme, bin ich ein absolutes Wrack. Caroline drängt mich ständig, ich soll endlich aufhören.»
    «Und zum Theater zurückkehren?»
    «Genau», antwortete Brooks. «Aber Sie wissen ja, wie es am Broadway heute aussieht. Frauen denken so unpraktisch.» Er drehte sich um und sah den Rabbi an. «Aber sie sind nicht die einzigen, David. Wie ich gerüchteweise hörte, wollen Sie bei der Vorstandssitzung Einspruch gegen die Abstimmung letzte Woche über den Verkauf des Goralsky-Blocks erheben. Das ist unpraktisch gedacht, ganz und gar unpraktisch.»
    «Diese Gerüchteküche, aus der Sie schöpfen …»
    «Wollen Sie sagen, dass das nicht stimmt?»
    «O doch, es stimmt», erwiderte der Rabbi. «Ich möchte bloß wissen, wie diese Gerüchteküche arbeitet.»
    Brooks lächelte. «Sie haben es Kaplan gesagt, und der hat es einigen Vorstandsmitgliedern gesagt, unter anderem meinem Nachbarn Cy Feinstone. Es war ein einstimmiger Beschluss. Wieso glauben Sie, daran noch etwas ändern zu können?»
    «Ja, er war einstimmig», entgegnete der Rabbi. «Aber nur, weil Kaplan ihn durchgepeitscht hat. Das bedeutet nicht, dass es keine Opposition gab. Ich weiß, wie so was gemacht wird. Es wird abgestimmt, und dann sagt einer: ‹Kommt, wir machen den Beschluss einstimmig.› Also stimmen sie nochmal ab, und dann ist er tatsächlich einstimmig.»
    «Machen Sie sich

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