Am Mittwoch wird der Rabbi nass
mal zwei getrunken. Und keineswegs heimlich. Ich bin nie mit einer Flasche zu Bett gegangen. Nur eben mal hier und da ein Drink in dieser Bar.»
Lanigan zuckte die Achseln. «Was hat es schon zu besagen, wie viel Sie tatsächlich trinken? Wenn Ihre Kunden Sie für einen Säufer halten und nicht mehr bei Ihnen kaufen, dann wäre es schon zu viel, wenn Sie einmal alle Jubeljahre einen winzigen Schluck tränken. Sie haben dadurch Ihren Laden verloren, nicht wahr?»
«Keineswegs. Ich habe meinen Laden verloren, weil man mich in die Klemme gebracht hat.»
«Ach, hören Sie!»
«Nein, es ist wahr, Chief! Sie kannten doch diesen Kestler, den alten Knacker, der neulich gestorben ist. Der hatte eine Hypothek mit Sicherheitsübereignung auf meinem Geschäft, und die hat er gekündigt. Hätte er mir ein bisschen mehr Zeit gegeben, ich hätte alles abzahlen können. Aber nein, er wollte unbedingt den Laden, weil er ihn zu einem guten Preis verkaufen konnte.»
«Kestler hat Ihnen also die Hypothek gekündigt, wie?» Lanigan lächelte. «Dann waren Sie sicher nicht allzu traurig, als er starb.»
«Soll ich Ihnen was Komisches sagen? Am selben Abend, als er starb, mussten wir für ihn ein Rezept anfertigen. Dr. Cohen, Dan Cohen, telefonierte es uns durch, und ich nahm den Auftrag entgegen. Als ich hörte, dass es für Kestler war, dachte ich mir, der kann zur Hölle fahren, bevor ich für ihn ein Rezept anfertige. Aber soll ich Ihnen was sagen? Als ich hörte, dass er tot war, tat mir der alte Kerl doch Leid.»
«Aber Sie haben das Rezept angefertigt, nicht wahr?», erkundigte sich Lanigan beiläufig.
«Den Teufel habe ich getan! Ich hab’s dem jungen Aptaker gegeben, damit der es macht. Ich hatte außerdem schon mit einem Rezept zu tun, auf das ein Kunde wartete, und der hat sich dann auch erboten, das Medikament für Kestler abzuliefern, darum …»
«Der junge Aptaker? Marcus?»
«Himmel, nein! Der ist älter als ich. Nein, ich meine Arnold.»
«Aber ich dachte, Arnold wäre erst vergangene Woche gekommen.»
«Das stimmt, aber er war neulich hier zu Besuch. Wir hatten bis über die Ohren zu tun, wegen des Unwetters, da ist er gekommen und hat uns in der Rezeptur geholfen.»
«Sie meinen, er hat nur an diesem einen Abend gearbeitet?», fragte der Polizeichef.
«Hm-hm. Er kam rein, als gehörte ihm der Laden, ging geradewegs durch in die Rezeptur und sagte: ‹Ich bin Arnold Aptaker, ich werde Ihnen helfen.› Ich hab zu Marcus rübergesehen, der vorne im Laden war, aber der grinste nur irgendwie stolz und sagte kein Wort. Also hab ich ihm alles gezeigt, wie alles organisiert war bei uns. Aber diese jungen Leute, denen kann man ja nichts mehr sagen. ‹Ich weiß, ich weiß›, hat er immer nur gesagt, also hab ich ihn fummeln lassen, und tatsächlich, ehe ich weiß, was geschieht, kippt er ‘ne Flasche Hustensaft um. Und will den Dreck dann mit Papiertüchern aufwischen. Das Zeug klebt, wissen Sie. Na ja, bei jedem anderen wäre ich in die Luft gegangen, aber das war schließlich Aptakers Sohn. Er war so froh und stolz, dass Arnold da war, dass ich kein Wort gesagt, sondern stillschweigend den Wischlappen geholt und sauber gemacht habe. Danach wurde Arnold dann ruhiger und war mir eine große Hilfe bei der Unmenge Rezepte, die wir hatten, und so wurden wir eine ganze Zeit eher fertig, als ich gedacht hatte. Ich hatte gehofft, er würde dableiben, weil es ein bisschen viel Arbeit ist für zwei Apotheker, aber am nächsten Tag sagte Mark, er sei nach Philadelphia zurückgegangen.»
«Aber jetzt ist er für immer hier?»
«Ich nehme an, er will hier bleiben, bis sein Daddy wieder auf den Beinen ist. Ob er anschließend noch bleiben wird, weiß ich nicht. Sie wissen ja, wie diese jungen Burschen sind.» Er sah auf die Uhr. «He, ich muss zurück in den Laden! Jetzt ist die Zeit, wo wir viel zu tun kriegen. Übrigens, mit dem Strafzettel …»
«Keine Sorge», antwortete Lanigan liebenswürdig. «Um den kümmere ich mich schon.»
43
Es war die Mutter, der Leah es zuerst erzählte, denn der Vater war nicht zu Hause, und sie hielt es nicht länger aus. «Er heißt Akiva …»
«Akiva? Spanisch?»
«Nein, Akiva ist sein Vorname. Nach dem berühmten Rabbi Akiva, weißt du, der …»
«Dann muss seine Familie ja sehr religiös sein», meinte Edie.
«Ich habe sie noch nicht kennen gelernt, aber soweit ich gehört habe, sind sie es nicht. Weißt du, das ist sein eigener Name. Ich meine, er hat ihn sich selber
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