Am Montag flog der Rabbi ab
dabeibleiben, bis ich Erfolg hatte. Ich arbeitete schwer und scheue mich nicht zu sagen, dass ich oft daran dachte, in die Sicherheit und Geborgenheit des Rabbinats zurückzukehren. Doch dann fand ich, das wäre gleichbedeutend mit dem Eingeständnis meiner Niederlage. Als ich zum stellvertretenden Generaldirektor des Gebiets Nordost-Ohio befördert wurde, fand ich, dass ich meine Zeit abgedient hätte und noch mehr. Jetzt könnte ich wieder ein Rabbinat übernehmen, ohne das Gefühl haben zu müssen, ich täte es nur, weil ich im Geschäftsleben versagt hätte. Und ich stehe nicht an, Ihnen, Gentlemen, zu erklären, dass ich wesentlich mehr Geld machen könnte, wenn ich bei der National Agrochemical Corporation bliebe, als ich je als Rabbi zu verdienen hoffen kann. Aber das Rabbinat ist meine eigentliche Aufgabe. Meiner Meinung nach bin ich dazu berufen, und deshalb interessiere ich mich für diese Position.»
«Aber Sie sind doch aus allem heraus; Sie waren weg …»
«O nein, das stimmt nicht. Manchmal denke ich, dass ich nach meinem Ausscheiden aktiver war als in der Zeit, in der ich meine offiziellen Pflichten als Rabbiner wahrgenommen habe. Ich war Präsident der lokalen zionistischen Gesellschaft. Faktisch habe ich sie sogar mit ins Leben gerufen. Und ich war drei Jahre lang stellvertretender Vorsitzender in der Etatkommission der Gemeinde. Das steht alles in meinem Lebenslauf. Ich war im Vorstand des Ökumenischen Komitees – einer Vereinigung, die bessere Beziehungen zwischen Juden, Katholiken und Protestanten herstellen möchte. Ich gehörte dem Inspektionsausschuss von Slocumbe General an – das ist das städtische Krankenhaus. Außerdem war ich drei Jahre lang Ausschussvorsitzender der Kiwanis Bible Study Class , die jeden zweiten Donnerstag, Sommer wie Winter, zusammenkommt. Sie, Gentlemen, können sich sicher vorstellen, wer in dieser Gruppe der Wortführer war. Schließlich brauche ich Ihnen wohl nicht zu erzählen, was als Erstes in mein Gepäck kommt, wenn ich verreisen muss – selbstverständlich mein Tallit und meine Tefillin . Denn als ich meine Stellung als Rabbi aufgab, habe ich keineswegs darauf verzichtet, ein guter Jude zu sein. Ich wollte, ich hätte fünf Cent für jedes Mal, wo ich in irgendeiner Kleinstadt beim Minjan den Vorbeter gemacht habe, und für die vielen Male, wo man mich bat, eine kleine Predigt zu halten. In den Kleinstädten im Nordosten von Ohio war ich als der ‹Reisende Rabbi › bekannt. Und natürlich habe ich aus angeborener Neigung die ganze Zeit über meine Studien weiterbetrieben», fügte er hinzu, um das Bild eines mustergültigen Rabbi abzurunden.
Die Kommission war sehr angetan von Rabbi Shindler. Doch als sie später über ihn sprachen, tauchten neue Gedanken und Gesichtspunkte auf. Nicht dass sie seine Fähigkeiten als Prediger bezweifelten; sie waren mehr als zufrieden mit den Tonbändern seiner Predigten, die er ihnen als Arbeitsproben geschickt hatte. Sie waren sogar vor allem dadurch bewogen worden, ihn kommen zu lassen. Auch an dem Eindruck, den er im Gespräch gemacht hatte, konnten sie nichts aussetzen. Er war freimütig, gelassen und aufrichtig gewesen, wie ein guter Verkäufer, der an seine Ware glaubt und sich der Mühe unterzogen hat, seinen Auftritt gründlich vorzubereiten.
«Natürlich müssten wir bei seiner Gemeinde rückfragen …»
«Ich weiß nicht, ob wir da viel erfahren werden, immerhin ist er seit acht Jahren weg. Wahrscheinlich sind gar nicht mehr die gleichen Leute da.»
«Na ja, aber wenigstens sollten wir versuchen, bei National Agrochemical Auskünfte über ihn zu kriegen», schlug Drexler vor.
«Das können wir nicht machen, Marty», widersprach Raymond. «Er arbeitet ja noch für sie. Und wenn sie merken, dass er sich nach einer anderen Stellung umsieht … Du weißt, wie diese Firmen sind.»
«Aber wir können ihn doch nicht einfach auf seine eigenen Aussagen hin nehmen. Die ganze Geschichte könnte ja erfunden sein», beharrte Drexler.
«Wir wissen jedenfalls vom Seminar, dass er ein Rabbi ist. Stimmt’s? Weiter wissen wir, dass er predigen kann, dafür haben wir die Tonbänder. Und wir sind uns alle einig, dass er einen guten Eindruck macht.»
«Alles richtig. Aber da gibt’s etwas, das mich stört», sagte Arnold Bookspan. «Diese Tonbänder, die wurden doch direkt in der Synagoge aufgenommen, oder? Wieso eigentlich?»
«Was meinst du damit?»
«Ich meine, warum sollte ein Rabbi seine Predigt auf Tonband
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