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Am Rande der gefrorenen Welt - Die Geschichte von John Sperry Bischof der Arktis

Am Rande der gefrorenen Welt - Die Geschichte von John Sperry Bischof der Arktis

Titel: Am Rande der gefrorenen Welt - Die Geschichte von John Sperry Bischof der Arktis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Vollkommer
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tiefgefrorene Gewässer bewohnen. Der traditionelle Abschiedsgruß in dieser Umgebung war in früheren Zeiten nicht »Auf Wiedersehen«, sondern » Falls wir uns wiedersehen«.
    Namen auf der Landkarte sind dort nicht bloß Navigationshilfen für wilde Abenteurer, die verrückt genug waren, sich auf diese barbarische Einöde einzulassen. Sie erzählen endlose Geschichten unvorstellbaren menschlichen Leides: »Starvation Cove« (Hunger-Bucht), »Desolation Island« (Insel der Trostlosigkeit), »Bay of Hollow Cheeks« (Hafen der Hohlen Wangen). Und am schauerlichsten: »Place of Eating Human Flesh« (Ort, an dem man Menschenfleisch isst).
    Dieses Buch erzählt von außerordentlichen Menschen, den Eskimos, wie man sie lange nannte. In der Unbewohnbarkeit des hohen Nordens Kanadas und großen Widrigkeiten zum Trotz bauten sie sich ein Zuhause. Nicht weil sie es so wollten, sondern weil sie keine andere Möglichkeit hatten. Dieses Buch ist auch die Geschichte eines ebenso außerordentlichen Ehepaares, das sich entschied, ihr Leben mit diesen Menschen zu teilen, ihre Sprache zu lernen, ihre eigene Familie mitten in der Eiswüste zu gründen, Teil dieser zu Eis gefrorenen Erdgeschichte zu werden, und hier alt zu werden. Dieses Leben war gleichzeitig der Versuch, ein Denkmal für eine Welt zu setzen, die es nicht mehr gibt. Denn Schneehäuser gehören inzwischen der Vergangenheit an und sind nur noch Stoff für Nostalgie. Als John Sperry dem Lockruf der Arktis nicht mehr widerstehen konnte und sich dorthin aufmachte, ahnte er, dass er auch den Untergang genau jener Kultur miterleben würde, die er so sehr ins Herz geschlossen hatte. Das Inuitvolk blieb aber seine große Liebe, auch als er es als dritter »Bishop of the Arctic« zu großem Ansehen gebracht hatte und sich mit der höchsten Prominenz Kanadas auf Augenhöhe befand.
    Einer seiner Vorgänger im Bischofsamt sagte einmal: »Auch wenn die Arktis eine kalte und grausame Welt ist, gibt es nichts Wärmeres als den Handschlag eines Eskimos.« Diese Worte machte John Sperry zu seinem Leitbild.

Ein Interview; ein Jubiläum und ein geheimnisvolles Land
    Es war im Frühsommer des Jahres 2006. Die Reporterin der Canadian Broadcasting Company hatte ihr Skript bestens geprobt.
    »Die Stadt Kugluktuk ist im Vergleich zu den Fünfzigerjahren kaum wiederzuerkennen. Sie hatte damals sogar einen anderen Namen: Coppermine. Ein halbes Dutzend Familien, Polizisten, die nichts zu tun hatten: Das waren ihre Bewohner. Es war eine ganz andere Welt als die Großstadt in England, in der John Sperry aufwuchs. Und ganz anders als die Stadt Kugluktuk heute.«
    Professionell und mit einer ausdrucksstarken Stimme trug sie ihren Text vor. Jubiläen und Festtage für die kanadische Bevölkerung zu kommentieren war für sie Routine. Es war nicht ihr erstes Interview mit dem Bischof der Arktis, John Reginald Sperry. Sein Leben und Wirken faszinierte sie seit Jahren.
    »John Sperry, der später Bischof der Arktis wurde, kam im Jahr 1950 als Missionar nach Kugluktuk. Allein der Flug kostete ihn fast sein Leben. Er blieb ganze 19 Jahre. Am kommenden Wochenende fliegt er dorthin zurück, wo alles anfing. Denn die Stadt feiert ihren 80. Geburtstag. Bischof Sperry und sein Sohn John sind als Ehrengäste eingeladen. Gestern hatte ich das Vorrecht, mit dem Bischof zu reden.«
    Auch für den Bischof waren solche Interviews Routine. Es ging schließlich um ein Thema, über das er stundenlang erzählen konnte. In den 20 kurzen Minuten des Gesprächs streifte er die wichtigsten Eckpunkte seines ereignisreichen Lebens und knüpfte zwischen den großen Unterschieden von damals und heute faszinierende Verbindungen.
    Erst wenige Tage davor war er 82 Jahre alt geworden. Diese Gelegenheit, auf eine Kultur zurückzublicken, die es in der ihm vertrauten Form nicht mehr gab, erweckte in ihm gemischte Gefühle.
    »Und wie geht es Ihnen dabei, Bischof?«, fragte die Reporterin gegen Ende des Interviews. »Sie sehen den gleichen Fluss, den gleichen Ozean, aber eine völlig andere Ortschaft, von Menschen bewohnt, die auf Motorschlitten herumfahren, in Büros arbeiten und in modernen Häusern leben!«
    »Der damalige Lebensstil ist zwar verschwunden«, antwortete der Bischof nachdenklich, »aber die Menschen leben und gedeihen. Und es ist meine Überzeugung, dass Gott in erster Linie mit Menschen Geschichte schreibt und nicht mit Kulturen oder geografischen Ortschaften.«
    »Haben Sie Ihre Entscheidung, die besten Jahre

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