Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Am Rande wohnen die Wilden

Am Rande wohnen die Wilden

Titel: Am Rande wohnen die Wilden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
Vom Netzwerk:
beiden Händen von sich weg. Der kleine Ringrichter hatte Schwerarbeit zu leisten, konnte aber nicht verhindern, daß die Zuschauer das Ende der sechsten Runde mit gellenden Pfiffen quittierten.
    »Es wird Zeit, Rod«, sagte Brewster in der Pause versöhnlich. »Bisher hast du dich gut gehalten. Jetzt bist du dran. Geh endlich nach vorn. Und triff ihn, solange du noch Kraft hast!«
    Rod schüttelte den Kopf. »Er ist zu clever. Ich kann mich einfach nicht entfalten.«
    »Dann warte, bis er sich wieder auflegen will. Greif ihn an, und wenn er zum Klammern ansetzt, dann geh einen Schritt zurück und bring deinen Aufwärtshaken. Du mußt es schaffen!«
    Rod stellte sich den notwendigen Bewegungsablauf vor und prägte ihn sich ein. Es mußte einfach klappen. Er würde es, wenn er sich alles gut vergegenwärtigte, fast automatisch tun können.
    Der Sprecher am Ring kündigte die, wie er sich ausdrückte, »ominöse« siebente Runde an. Als der Gong kam und Rod sich langsam erhob, erwartete ihn der Gegner bereits in der Ringmitte. Er schien sich gut erholt zu haben, aber Rod merkte sofort, daß es ein Trick war. Jenkins hatte ihn einschüchtern wollen, aber Rod fiel nicht darauf herein. Er bemühte sich, vorwärts zu gehen, und stellte mit Genugtuung fest, daß Jenkins die Taktik der sechsten Runde fortzusetzen gedachte. Er legte sich wieder schwer auf. Rod stemmte sich dagegen, in der Absicht, einen schnellen Schritt nach rückwärts zu tun, um einen Abstand zu schaffen, der zu einem Schlag notwendig war, da trat der Ringrichter dazwischen und rief sein »break!«.
    Diese Chance war also vertan, aber sie würde wiederkommen. Und sie kam etwa in der Mitte der Runde. Rod hatte eben eine Dublette abfangen können und wollte zu einem Konter ansetzen, als sich Jenkins wieder aufzulegen versuchte. Dabei preßte er die Rechte auf Rods Mund.
    Mahoney wartete nicht, bis ihn die Linke des Meisters umklammert hatte, sondern steppte blitzschnell einen Schritt zur Seite. Dabei drehte er sich ein wenig und schoß noch im Sprung die Rechte ab. Sie traf Jenkins am Jochbein und warf ihn in die Seile. Als er sich aus der Umspannung herausfedern ließ, kam die Linke und traf mit trockenem Schlag das Kinn. Es war ein Aufwärtshaken, und er riß den Meister von den Beinen. Jenkins brach in die Knie und stützte sich auf die Hände. Der Ringrichter wies Rod in die neutrale Ecke und begann zu zählen. Das Publikum jubelte.
    Bei sieben stand Jenkins wieder auf, und bei neun gab der Ringrichter den Kampf erneut frei. Jenkins war benommen und taumelte noch. Es war für Rod ein leichtes, ihn ein zweitesmal zu treffen. Er landete eine Rechte am Kopf, aber Jenkins hatte dem Schlag durch eine automatische Rückwärtsbewegung etwas an Kraft genommen. Immerhin verlor er das Gleichgewicht und lief in leichter Schräglage auf den Ringrichter zu. Der kleine Mann fing das Muskelpaket auf und stellte ihn mit gewaltiger Kraftanstrengung senkrecht. Dann wies er Rod wieder in die neutrale Ecke, bevor er zu zählen begann. Kostbare Sekunden gingen dadurch verloren.
    Als der Kampf wieder freigegeben wurde, griff Rod sofort an. Er trieb Jenkins vor sich her, um ihn in eine gute Position zu bringen. Der Meister schien jetzt den Clinch vermeiden zu wollen, denn aus dem Nahkampf heraus hatte er den ersten vollen Schlag eingefangen, den er immer noch nicht verdaut hatte.
    Endlich konnte ihn Rod an den Seilen stellen, doch Jenkins schlug eine rechte Gerade, hinter der alle Wucht, der er noch fähig war, lag. Rod konnte dem Schlag ausweichen. Für einen Augenblick sah er den weißen Körper des Gegners ohne Deckung vor sich. Automatisch schlug er zu. Jenkins fiel wie vom Blitz getroffen. Er wälzte sich auf den Rücken und versuchte die Magengegend anzuheben. Dabei stöhnte er mit angstverzerrtem Gesicht. Rod konnte den Anblick nicht ertragen, er wandte sich ab, aber das Stöhnen drang ihm weiter in die Ohren. In diesen Sekunden war es totenstill in der großen Halle, nur das Stöhnen stieg unter die Decke hinauf. Rod wußte, daß er den Solarplexus getroffen hatte, und er wußte, daß ein gut gelandeter Schlag die Luftzufuhr für den Körper für Sekunden unterbrechen und Todesangst auslösen konnte.
    Jenkins wurde durch den Gong gerettet. Seine Sekundanten schleppten den Riesen zu seinem Stuhl, streckten ihn aus und arbeiteten wie die Irren an ihm. Aber alle Mühe war vergebens. Jenkins konnte zur achten Runde nicht mehr antreten. Der kleine Ringrichter zog Rod zur

Weitere Kostenlose Bücher