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Am Rande wohnen die Wilden

Am Rande wohnen die Wilden

Titel: Am Rande wohnen die Wilden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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Kampf?« rief er und streckte ihr beide Hände entgegen. »Da kann man doch nur herzlichst gratulieren.«
    Langsam wandte sich das Mädchen ab. »Gratulieren Sie Rod, aber bitte nicht mir«, sagte sie, und es war unverkennbar Resignation in ihrer Stimme. Bracke legte ihr den Arm um die Schultern. Es war eine Geste, die so viel Mitgefühl ausdrückte, daß die Mornen mit Interesse aufblickten. Auch Karin Bachfeld erinnerte sich nicht, Bracke jemals derartig einfühlsam erlebt zu haben.
    »Was ist denn?« fragte er weich. »Sprechen Sie sich aus, Betty. Reden Sie sich Ihren Kummer von der Seele. Vielleicht kann Ihnen der alte Bracke helfen.«
    Das Mädchen versuchte ein Lächeln. »Rod hat einen neuen Vertrag unterschrieben. Und er hatte fest versprochen, nach dem Kampf um die Meisterschaft aufzuhören.«
    Bracke begriff nicht sofort. »Solch ein Unsinn!« wetterte er. »Er ist zur Zeit der beste Boxer der Welt. Es wäre mehr als dumm von ihm, wollte er jetzt aufgeben.«
    Betty machte sich aus seinem Arm frei. »Sie werden das kaum begreifen können, Mister Bracke«, versuchte sie zu erklären. »In den letzten Wochen habe ich ihn nur für Minuten gesehen. Er hat trainiert und trainiert, hatte für nichts anderes mehr Zeit. Vielleicht hat er nicht einmal bemerkt, daß ich inzwischen hier in San Francisco Arbeit gefunden habe, Arbeit, die mir Spaß macht. Soll ich nun wieder hinter ihm her ins Trainingslager reisen? Nein und nochmals nein! Lieber trenne ich mich von ihm.«
    Bracke hob die Schultern. Er schien langsam zu begreifen, um was es der jungen Frau ging. »Aber das ist doch jetzt vorbei, Miss Betty. Mindestens ein halbes Jahr hat er vor sich, in dem er ausspannen kann und in dem er jeden Tag eine Menge Zeit für Sie hat.«
    »Und was wird, wenn er eines Tages wieder arbeiten muß, wenn er nicht mehr aus dem verfluchten Amateurfonds des Mister Sullivan leben kann?« 
    Darauf konnte Bracke selbstverständlich auch keine Antwort finden, aber er brauchte es auch nicht, denn Karin Bachfeld ruckte herum. »Was hat Lester Sullivan mit der ganzen Sache zu tun?«
    Tekla spürte die Spannung, die in dieser Frage lag.
    Betty zuckte die Schultern. »Tut mir leid, Miss Bachfeld, aber Sie werden sich an unser Gespräch erinnern, in dem ich Ihnen erklärte, daß Mister Sullivan auf Rod eingewirkt hat, weiter zu trainieren, um Meister zu werden, vielleicht sogar eines Tages Weltmeister; bei den Amateurbestimmungen in der amerikanischen Region ist das sogar ziemlich sicher, und Rod hat sich damals überzeugen lassen. Ich halte diesen ganzen Rummel um Rod für nichts anderes als die Peitsche, mit der Mister Sullivan einen Sportler vorwärts treibt, um seine lokalpatriotischen Gelüste zu befriedigen.«
    Tekla war es, als lerne sie das Mädchen Betty zum erstenmal richtig kennen. So hatte sie sie noch nie gesehen. Sie hatte sich aufgerichtet, ihre Augen schienen zu sprühen, und ihre Gedanken überschlugen sich fast. Ganz anders verhielt sich in diesen Minuten Karin Bachfeld, die die Anklage gegen Lester zutiefst bedrückte. Zwar blieben der Mornin die emotionalen Belange der Menschen weitgehend unklar, aber sie begriff, daß es mehr war als normales Interesse, was die junge schwarze Frau dem Boxer entgegenbrachte.
    Unvermittelt trat sie neben sie und beugte sich zu ihr hinab. »Wir hatten uns, kurz bevor Sie kamen, dahin gehend geeinigt, daß wir Mahoney und Ihnen die Teilnahme an unserer Expedition antragen wollten.«
    Faunians Protest und Bojans Erstaunen über die Tatsache, daß sie Betty kurzerhand in die Einladung einbezog, ging in der Begeisterung Brackes unter.
    »Eine ausgezeichnete Idee. Die körperlichen Anstrengungen schaden ihm gar nichts, im Gegenteil, sie werden ihn fit halten. Und Sie beide können sich in dieser Zeit klarwerden, wie Sie Ihre Zukunft gestalten wollen«, rief er.
    Er ließ keinen Einwand gelten, auch nicht den Hinweis Bettys auf ihre vor wenigen Tagen angetretene Stellung, erklärte, die Mornen würden das schon regeln, und versprach, sofort Verbindung mit Rod Mahoney aufzunehmen. Auf dem Rückweg würde er im Hotel nachfragen, ob Lester Sullivan bereits angekommen sei.
    Wieder bemerkte Tekla, daß Karin Bachfeld interessiert aufblickte. Sie flüsterte Bracke einige Sätze zu. Es war ein leichtes für die Mornin, ihre Gedanken aufzunehmen.
    Woher wissen Sie, daß Lester Sullivan uns begleiten wird? vernahm sie, und sie fühlte mit dem sicheren Sinn einer über Jahrtausende geschulten geistigen

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