Am Rande wohnen die Wilden
Mitte des Ringes und hob seine rechte Hand in die Höhe. Das Publikum raste. Auf dem Weg zur Dusche drängten sich Reporter um den neuen Meister, aber Rod wies sie ab. Seine Leber begann zu schmerzen. Erst unter der Dusche fiel ihm Betty wieder ein. Trotzdem konnte er sich nicht aufraffen, nach ihrem und ihrer Begleiter Verbleib zu forschen. Er fühlte sich müde und abgespannt, und die zerschlagenen Körperstellen taten ekelhaft weh. Fast war er an diesem Tage seinem Manager dankbar, daß er ihm die aufdringlichen Reporter vom Halse hielt.
Zwei Stunden später verließ er die Sporthalle durch einen wenig benutzten Seiteneingang und war froh, den Reportern fürs erste entgangen zu sein. Die ersten ärztlichen Untersuchungen hatte er hinter sich, er fühlte sich zwar müde, aber nicht schlecht.
Draußen sah er eine schmale Gestalt an der Wand lehnen. Es war Betty. Sie hatte den Mantelkragen aufgeschlagen und sah traurig und abgespannt aus. Er ging auf sie zu und nahm ihren Arm. Da sah er, daß sie Tränen in den Augen hatte, und ihr Gesicht verriet ihm, daß es keine Freudentränen waren.
Wortlos reichte sie ihm eine druckfrische Sonderausgabe der »Frisco News«. Sie deutete auf ein Bild auf der Vorderseite des Blattes. Im Dämmerlicht einer der hochhängenden Punktlaternen erkannte er sein eigenes Gesicht. Siegerpose, die Hände hoch über dem Kopf, ein strahlendes Lächeln. Darunter in fetten Lettern der Titel: DER NEUE MEISTER!
Und wieder ein wenig tiefer und ein wenig feiner gedruckt: »Noch in der Kabine unterschrieb Rod Mahoney seinen neuen Vertrag, der ihn auf weitere zwei Jahre an seinen Manager J. F. Brewster bindet.«
Er verzog das Gesicht und ließ das Blatt sinken. Betty war bereits ein gutes Stück der Straße hinabgegangen. Ihr Schatten verließ eben die helle Fläche, die der Strahler auf das Pflaster malte, als sich eine andere Frau von der Hauswand löste und ein Stück neben ihr herging. Dann hakte sie Betty unter, und es schien, als straffe sich die schmale Silhouette. Schneller schritten die beiden aus.
Rod blickte ihnen nach, bis sie von der Dunkelheit verschlungen waren, dann wandte er sich um und trabte zurück in die Halle, in der Brewster seine erste Pressekonferenz nach dem Kampf gab.
ERDE
Tekla hatte den Kopf gesenkt und lauschte den Worten Bojans. Ruhig, nicht anders als er sich immer verhielt, versuchte er ihr den Vorschlag auszureden, den sie soeben gemacht hatte.
Jetzt hätte sie schon nicht mehr genau sagen können, was sie auf den Gedanken gebracht hatte, den Boxer Mahoney mit auf die Expedition nach Amazonien nehmen zu wollen. Vielleicht war es der niederschmetternde Eindruck, den der gestrige Kampf auf sie gemacht hatte, der möglicherweise ihren Wunsch, die Abgründe in den Menschen kennenzulernen, hervorgerufen hatte, vielleicht war es auch die Tatsache, daß ihr Rod durch seinen Sport besonders gut zu den Menschen zu passen schien, deren Leben sie in den kommenden Wochen untersuchen wollten, Menschen, von denen ihre Mitmenschen behaupteten, sie seien in der Entwicklung zurückgeblieben.
Sie alle waren entsetzt über die Brutalität, deren die Menschen fähig waren, betroffen von der Sinnlosigkeit dieser öffentlichen Schlägerei, deren Zeugen sie geworden waren. Vielleicht lagen hier die Gründe für ihren Vorschlag. Es konnte durchaus sein, daß sie im Unterbewußtsein nach einer Aufklärung dieser von allen Mornen verurteilten menschlichen Brutalität und ihrer Ursachen suchte. Welche bessere Möglichkeit des Kennenlernens gab es, als die tagelange gemeinsame Arbeit in einer Umwelt, in der jeder auf jeden angewiesen war?
Anders als Bojan hatte Faunian reagiert. Er hatte nicht versucht, ihre Beweggründe zu erfahren, sondern hatte sofort und erregt abgelehnt, als fürchte er, daß die Sitten der Menschen unter den Mornen Nachahmer finden könnten. Der groteske Gedanke erheiterte sie, zugleich dachte sie aber auch daran, daß Widerspruch in der Art, wie ihn Faunian vortrug, sie nur um so fester auf ihrem Vorschlag beharren lassen würde. Und sie wußte, daß sie in solchen Fällen in der Wahl ihrer Mittel durchaus nicht immer kleinlich war.
Kurzerhand schlug sie vor, eine Meldung an alle Forschungsgruppen abzusetzen und ihnen mitzuteilen, daß man die Psyche der Menschen offensichtlich falsch eingeschätzt habe. Sie beobachtete Bojan genau.
Er war nachdenklich geworden. Nachdem sie dokumentiert hatte, daß ihr Vorschlag in bester Absicht erfolgt war,
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