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Am Rande wohnen die Wilden

Am Rande wohnen die Wilden

Titel: Am Rande wohnen die Wilden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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Ecke ein scharfes Zischen. — Natürlich, Karin Bachfeld hieß sie, und sie betreute eine Gruppe der Mornen. Waren die etwa auch.? Dann sah er die schlanken Gestalten der Außerirdischen neben den beiden Frauen. Sie wirkten deplaciert in dieser Umgebung. Er beugte sich weiter vor, als spüre er einen Zwang, ein unerklärliches Bedürfnis, weiter zu ihnen hinzusehen. Eine der Mornen trug das Zeichen der Linguisten, es war Tekla.
    Wieder kam das Zischen aus seiner Ecke. »Entweder du machst dich weiter warm, oder du setzt dich hier auf dein Stühlchen«, flüsterte Brewster leise, aber sehr scharf, und Rod ging gehorsam in seine Ecke. Im Saal wurde es unruhig. Jenkins erwies sich als ein Meister der Psychologie. Erst als die Spannung auf dem Siedepunkt angekommen war, betrat er die Halle.
    Er und seine Trabanten wurden mit einem Pfeifkonzert empfangen, aber Rod wußte, daß dieses Pfeifen nichts mit Antipathie zu tun hatte. Wenn Jenkins marschieren würde und ihn vor sich hertriebe, würden ihm die Tausende zujubeln, ihn zu ihrem König machen, und umgekehrt wäre es nicht anders.
    Jenkins sprang durch die Seile. Er war einer der wenigen Weißen, die sich je mit dem Titel im Schwergewicht schmücken konnten, einer von denen, deren Physis ausreichte, in die Phalanx der dunkelhäutigen Boxer einzubrechen.
    Der kleine Ringrichter winkte sie zur Mitte des Ringes. Rod hörte nicht, wie sie vorgestellt wurden, wie der Sprecher am Ring verkündete, daß Jenkins drei Kilo schwerer sei als Mahoney und Mahoney vier Zentimeter kleiner als Jenkins.
    Er sah nur die Augen seines Gegners. Es waren schmale Augen von wasserblauer Farbe, die wie kaltes Eis glitzerten. Diese Augen, die vor ihm in einem dunklen konturenlosen Raum hingen, der neben ihnen nicht vorhanden zu sein schien, faszinierten ihn, schlugen ihn in ihren Bann. Rod fiel auf, daß sie ständig großer und kleiner wurden. Immer das gleiche Spiel, diese Augen, in denen fast etwas wie Haß zu funkeln schien, wurden kleiner, dann wieder großer und wieder kleiner. Dabei starrten sie ihn ständig an, unbewegt, und schienen ihn zu hypnotisieren. Mit Gewalt riß er sich von ihnen los und blickte auf die Füße des Gegners, der damit seine erste Runde schon gewonnen hatte, bevor der Kampf eröffnet war.
    Mit Erleichterung stellte Rod fest, daß das Größer- und Kleinerwerden der Augen eine Ursache hatte: Jenkins ging ständig zwei Schritte vor und zwei zurück. Er hatte die mächtigen Fäuste vor der Brust liegen und pendelte langsam, die Augen starr auf den Gegner gerichtet, in zermürbendem Gleichmaß. Dann hob der Ringrichter die Hände und deutete auf die Ecken. Tänzelnd trat Rod zurück und warf den Mantel dem Sekundanten zu. Er fühlte, wie ihm jemand den Mundschutz zwischen die Zähne schob, und biß instinktiv zu. Dann wandte er sich zur Ringmitte. Er hörte das Geschrei der Zuschauer.
    Mit den Augen tastete er den Gegner ab, vom Gürtel an aufwärts. Jenkins war austrainiert bis auf das letzte Gramm. Jede seiner sparsamen Bewegungen schien eine Explosion der Muskeln auszulösen, die wie mächtige Wülste auf den Armen, den Schultern und der Brust lagen. Jenkins war auf dem Höhepunkt seiner Leistungsfähigkeit. Rod fragte sich, ob er Angst habe vor diesem Mann, der ihn bedingungslos angreifen würde, aber er fühlte, daß sein Herz nach wie vor ruhig schlug. Er fuhr sich über die Stirn, blickte auf den Handschuh und stellte mit Genugtuung fest, daß er trocken geblieben war. Dann hörte er wie aus weiter Ferne den Gong zur ersten Runde. Sein letzter Gedanke war, daß er sich in den ersten Runden nicht treffen lassen durfte und daß er sein Gesicht schonen mußte, sein ebenmäßiges Gesicht. 

    Er biß auf den Mundschutz, hob die Fäuste vor Brust und Gesicht und ging auf den Gegner zu. Er streckte die Rechte aus und fühlte, wie Jenkins sie mit der Linken zur Seite schlug. Jemand in der Halle schrie: »Buh!« Ohne sich über seine Bewegung Rechenschaft geben zu können, sprang Rod einen Schritt zurück, und die Rechte des Gegners blieb Zentimeter vor seinem Gesicht in der Luft hängen. Jetzt tobte die ganze Halle. Rod nahm die Hände wieder nach oben und preßte den Ellbogen gegen die Lebergegend.
    Dem nächsten Angriff seines Gegners konnte er durch einen Sidestep entgehen. Er wich der Rechten aus und fing die unvermeidlich folgende Linke mit der Deckung ab, aber er spürte die unbändige Wucht des Schlages. Er schob beide Hände nach vorn und drückte Jenkins

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