Am Rande wohnen die Wilden
würde es nicht allzulange dauern, bis er sich mit ihren Gründen anzufreunden begann. Sie kannte ihn gut und glaubte hoffen zu können, daß sie gewonnen hatte.
Sie wußte aber auch, daß Faunian sie durchschaute, und sie schämte sich ein wenig ihrer Unaufrichtigkeit. Doch dann bekam sie unerwartet Unterstützung. Birrha, die Biologin, streckte sich in ihrem Blasluftsessel aus und schlug die langen Beine übereinander. »Was habt ihr eigentlich von den Menschen erwartet?« fragte sie und blickte sich im Kreise um. »Als wir sie noch nicht kannten, rechneten wir mit eben dem Tierstadium entwachsenen Wesen, die sich gegenseitig bedenkenlos umbringen. Welch abenteuerliche Welt hatten wir uns vorgestellt. Und jetzt seid ihr bitter enttäuscht, weil uns der erste, erstaunlich günstige Eindruck getrogen hat. Wohlgemerkt, ich versuche eure Meinung zu interpretieren. Ich halte diesen Boxkampf nicht für ein Zeichen mangelnder Reife, sondern für einen Beweis dafür, daß man die Menschen nicht mit unserem Maß messen kann.«
»Das ist grotesk, Birrha!« Faunian hob beschwörend die Hände, aber Bojans abwehrend ausgestreckte Rechte gebot Schweigen. Bojan sprach langsam, jedes Wort abwägend: »Birrha hat nicht unrecht. Wir müssen uns darauf einrichten, die Psyche der Menschen in einem langwierigen und schwierigen Prozeß kennenzulernen. Und wir müssen versuchen, sie zu begreifen. Das, Faunian, scheint mir das wichtigste zu sein.«
Faunian sprang auf. »Durch derartige Leichtfertigkeiten kann unsere gesamte Expedition gefährdet werden.« Mit langen Schritten ging er auf und ab. Sein Gesicht hatte sich verfinstert.
So kannte ihn Tekla nicht. Bisher war er immer als besonnen und ruhig bekannt gewesen, er redete eher zuwenig als zuviel. Sie wußte aber auch, daß das Aufbegehren Faunians jetzt nichts mehr würde ändern können. Ihr Wort zählte, und auch Faunian hatte das erkannt.
»Welche Schwierigkeiten vermag uns ein einzelner Mensch zu machen?« fragte sie und fuhr, ehe die anderen antworteten, schnell fort: »Wir könnten uns beispielsweise mit Waffen versehen, gegen die er absolut machtlos ist., wenn ihr Sorgen haben solltet, er würde uns mit bloßen Händen angreifen.«
»Du weißt genau, daß es nicht um einen Angriff geht«, murmelte Faunian. Er schien bereits aufzugeben. Sein Protest war nur noch schwach. Er mochte wohl fühlen, daß er überstimmt werden würde. »Ich weise nur darauf hin, daß er uns mit unüberlegten Handlungen in Schwierigkeiten bringen könnte.«
»Nun, das werden wir sehen.« Bojan versuchte die Diskussion abzuschließen, und Tekla triumphierte innerlich, als sie feststellen konnte, daß Faunian nichts mehr erwiderte. Es war entschieden, Rod Mahoney würde die Expedition begleiten. Sie freute sich sehr auf die interessanten Studien, die sie dabei an ihm und seinem Verhalten vornehmen konnte. Bisher hatten es die Mornen immer verstanden, mit Intelligenzen, die ihnen nicht ebenbürtig schienen, in gehörigem Abstand zu verkehren. Das mußte nach ihrem Empfinden endlich anders werden, wenn man die Absicht hatte, die anderen Wesen tatsächlich zu begreifen.
Bei diesen Gedanken fiel ihr ein, daß es noch gar nicht sicher war, ob der Boxer überhaupt Lust verspürte, die ihm wahrscheinlich unheimlichen Mornen zu begleiten. Vielleicht würde es einer erheblichen Anstrengung bedürfen, ihn zu überreden.
»...werden wir in jedem Falle die Paralyser mitnehmen, damit wir für alle Eventualitäten gewappnet sind«, schloß Bojan eben seine Betrachtungen ab, als die blonde Frau und das dunkle Mädchen durch die Luftschleuse in den Disko eingelassen wurden.
Selbst Tekla. die sich meist ausgezeichnet zu beherrschen wußte und die ihre Handlungen stets genau analysierte, stellte fest, daß die erregte Diskussion, die sie eben gehabt hatten, das Verhalten der Mornen gegenüber ihren menschlichen Gästen beeinflußte. Obwohl sie sich Mühe gab, wie immer zu sein, fiel ihre Begrüßung wesentlich kälter aus, als es noch am Vortag der Fall gewesen war. Die Mornen waren nicht in der Lage, sich zu verstellen, und ihr war klar, daß die Menschen einen Hauch dieser Kälte spüren mußten.
Wenige Minuten später betrat Wolfram Bracke den kleinen Raum im Landefahrzeug, der speziell für derartige Kontakte hergerichtet worden war. Seine breite Gestalt schien die zierlichen Mornen erdrücken zu wollen, und seine tiefe Stimme füllte den Raum, als er sich sofort Betty zuwandte.
»Na, war das ein
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