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Am Rande wohnen die Wilden

Am Rande wohnen die Wilden

Titel: Am Rande wohnen die Wilden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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daß es mehr war als ein belangloses Gespräch.
    Als sie sich der mornischen Sektion des Krankenhauses bis auf wenige Schritte genähert hatten, blieb Cosita stehen. Langsam ging Birrha an ihnen vorbei und öffnete die Tür zu den Laborräumen. Karin Bachfeld hatte den Eindruck, als sei Cositas Gesicht gelöster, offener.
    »Wenn wir nach Morn zurückkehren, werde ich einen Sohn haben«, sagte sie.
    War diese Frau zu beneiden? Konnte sie glücklich sein, da sie einen Sohn bekam und den Vater dieses Kindes verlor? Cositas Gedanken mochten ähnliche Wege gehen, denn sie senkte den Kopf und folgte Bracke und Birrha.
    Der Raum, den sie betraten, war nicht eben hell. Das diffuse Licht, das durch die getönten Scheiben hereinfiel, hatte nichts mit der luftigen und hellen Atmosphäre irdischer Krankenhäuser gemein. Aber noch ungewöhnlicher waren die Geräte, die das Labor fast völlig ausfüllten. Überall schwebten glasige Blasen, in denen farbige Flüssigkeiten opalisierten. Gase strömten träge durch wallende Nebel, winzige Manipulatoren zuckten und rührten. Überall an den Wänden blinkten die digitalen Anzeigen.
    Obwohl Karin von alledem nicht das geringste begriff, fühlte sie, wie eine unerklärliche Kraft ihr das Herz zusammenschnürte, wie ihre Knie begannen den Dienst zu versagen. Irgend etwas geschah, und immer noch war das Lächeln in Wolframs Augen. Er sah, daß sie schwankte, und schob den Arm unter den ihren, und sie war ihm dankbar dafür.
    Die beiden Morninnen durchschritten den Raum, ohne einen Blick auf die geheimnisvollen Apparaturen zu werfen. Erst an der hinteren Stirnwand verharrten sie. Vor ihnen stand ein Gerät, in dessen Mitte ein durchsichtiger Körper von zylindrischer Form schwebte. Dann sah sie, daß dieser Körper offensichtlich durch eine Vielzahl von Streben getragen wurde, deren Spitzen in sein Inneres tauchten. 
    Rezeptoren! Wozu brauchen sie diese Unmenge von Rezeptoren? ging es ihr durch den Kopf, und wieder fühlte sie den scheußlichen Druck in der Brust. Ich bin übernervös, sagte sie sich. Wolfram hat recht, das alles war zuviel für mich.
    Etwas wie Furcht, sich sofort auf das Zentrum des Gerätes zu konzentrieren, war in ihr, aber sie wußte nicht, wovor sie sich fürchtete. Langsam ließ sie den Blick an den glatten Streben aufwärts wandern, immer höher. Sie hatte sich nicht geirrt, in diesen Streben mußten sich die Leitungen zu den Rezeptoren befinden, die schemenhaft im Inneren des Glaskörpers schimmerten.
    Es dauerte lange, ehe sie sich ein Herz faßte und den Zylinder aufmerksam musterte. Sie konnte sich nicht erklären, um was es sich bei dem seltsamen Gerät handelte, aber sie wußte, daß es etwas Unfaßbares war. Eine eigenartige Spannung lag in dem ganzen Raum, fast körperlich fühlbar, ebenso deutlich, wie die starren Blicke der Morninnen, die sie beobachteten, die jede ihrer Bewegungen und Regungen zu registrieren schienen.
    Eine gelbliche klare Flüssigkeit füllte den Zylinder, strömte träge auf der einen Seite nach oben und fiel auf der anderen ebenso langsam wieder hinab. Und in der Mitte, jeder Gravitation hohnsprechend, schwebte eine kugelförmige rötliche Masse, die von einer Unzahl feiner Fäden durchzogen war. Im Inneren dieses Balles aber, fast nicht erkennbar, ein heller Kern.
    Lange starrte Karin auf das ungewohnte Bild, und plötzlich glaubte sie zu sehen, daß der rötliche Ball pulsierte. Das war Leben, zweifellos, diese rhythmischen, ungewöhnlich gleitenden Bewegungen, die kaum wahrnehmbar waren, ließen keinen anderen Schluß zu.
    Sie blickte auf Cosita, und ihr schien, als lächele das ausdruckslose Gesicht der Mornin. Wie eine Eingebung kam es über sie, und schlagartig wußte sie, was sie vor sich hatte.
    »Das..., das ist ein Embryo!« flüsterte sie. »Ein Embryo in einem künstlichen Uterus.«
    Schweigend neigte Cosita den Kopf. 
    Vor Karins Augen verschwamm der glasige Zylinder. Sie fühlte sich einer Ohnmacht nahe und angelte instinktiv nach Brackes Arm.
    »Aus welchem Grunde habt ihr hier auf der Erde solch ein Gerät aufgestellt? Noch vor einigen Minuten hast du mir erklärt, daß dein Sohn auf Morn zur Welt kommen wird, daß man dir vor dem Start die Frucht entnommen hat. Wie um alles in der Welt reimt sich das zusammen?«
    Sie wußte es längst, aber noch sträubte sie sich gegen die letzte Gewißheit, von der sie nicht wußte, ob sie ihr Trauer oder Freude bringen würde. Es war nur mehr eine Formsache, als Cosita ihr

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