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Am Rande wohnen die Wilden

Am Rande wohnen die Wilden

Titel: Am Rande wohnen die Wilden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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Schritt zu geben.
    Kein Bericht wäre in der Lage gewesen, die spontane Bereitschaft Hunderttausender von Menschen zu schildern, die in den nächsten Stunden in dichten Schlangen die Blutbanken belagerten, um mit ihrem Blut dazu beizutragen, daß die Mornen von einem schmerzlichen Verlust verschont blieben, einem Verlust, der genaugenommen durch eine ehemalige Gesellschaftsordnung verursacht worden wäre, die auf Morn seit undenklichen Zeiten, auf der Erde aber erst seit einigen Jahrzehnten beseitigt worden war.
    Überall in den Sanatorien und Krankenhäusern der Region Nord liefen die Aggregate zur Herstellung des neuen Serums an, des Serums, von dem noch niemand sagen konnte, ob es den gewünschten Erfolg auch tatsächlich bringen würde.
    Zur Herstellung weniger Milliliter waren einige Liter Blut erforderlich, aber die vielen Tausende, die sich zur Spende meldeten, garantierten die Herstellung einer ausreichenden Menge des Serums.
    Bei der Operation selbst fungierten die Ärzte Morns lediglich als Zuschauer, höchstens noch als Beobachter der Instrumente, die als einzige in der Lage waren, die Reste des schwindenden Lebens in den Körpern der Verletzten anzuzeigen. Die wenigen Handgriffe, die die irdischen Ärzte bei der Operation zu tun hatten, bereiteten ihnen eine solche Pein, daß sie nicht in der Lage waren, ihnen zur Hand zu gehen. Zu ungewöhnlich erschienen der mornischen Medizin die hier praktizierten Methoden.
    Noch Stunden nach dem Eingriff, die Patienten lagen längst mit abgedeckten Wunden unter ihren Foliezelten, beobachteten sie ängstlich die Instrumente, jeden Augenblick befürchtend, die träge tickenden Anzeigen könnten in ihre Nullstellung laufen und so das Ende eines Mornen andeuten. Aber es zeigte sich keinerlei Veränderung im Befinden der drei.
    Im Abstand von wenigen Stunden wurde die Bevölkerung der Erde über Presse, Fernsehen und Funk vom jeweiligen Stand der Ereignisse unterrichtet. Die Menschen rissen sich die Zeitungen aus den Händen, nie hatten die Fernsehprogramme höhere Einschaltquoten, aber ihre Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt. Es schien, als weigere sich die Natur, ihre Opfer wieder herauszugeben.
     
    Niemand hätte behaupten können, Bojan habe sich jemals eine Entscheidung leicht gemacht. Aber so schwer wie jetzt waren ihm Entschlüsse noch nie gefallen. Er fühlte sich überfordert.
    Acht Wochen waren seit dem Unfall vergangen, und hinter ihm lagen die aufreibendsten Tage seines Lebens. Ständige Konsultationen durch die Wissenschaftler der Erde, die sich das Wissen ihrer neuen Freunde mit Feuereifer zu eigen machten, die Besichtigungen von Projekten, die an allen Punkten des Planeten in Angriff genommen worden waren, und die ständigen, immer wiederkehrenden Versuche, zu den Hirnen der Verletzten vorzudringen, drohten ihn zu zermürben.
    Nun waren auch noch die Vorbereitungen zum Rückstart angelaufen, zu einem Rückstart, der den meisten Teilnehmern der Expedition wie eine Flucht erschien und den sie unter diesen Umständen und zu diesem Zeitpunkt energisch ablehnten.
    Und doch mußte es sein! Die Befragung des Tentakels hatte nicht so sehr das Suchen nach einer optimalen Lösung zum Inhalt, die glaubte Bojan ohnehin zu kennen, vielmehr glich sie diesmal einem komplizierten Spiel, bei dem er versuchte, die Maschine zu überlisten, ihr eine Entscheidung abzutrotzen, die seinen eigenen Wünschen und denen der Besatzung nahekam. Es waren emotional entstandene Wünsche; über das, was die Vernunft oder die Logik gebot, mochte er jetzt nicht nachdenken.
    Er hatte zuerst die Frage gestellt, ob im Hinblick auf den Gesundheitszustand der drei Expeditionsteilnehmer eine Verschiebung des Starttermins geboten sei. Das war bereits eine Frage, die nur die halbe Wahrheit enthielt, aber der Tentakel ließ sich nicht täuschen. Er entschied sich für eine Beibehaltung des Termins und schlug vor, die außerirdischen Forschungen einzustellen, um die verbliebene Kapazität auf die Arbeit im irdischen Bereich konzentrieren zu können. Schon hier hatten sich also Dissonanzen ergeben. War seine Frage von der Möglichkeit ausgegangen, daß sich das Befinden der Kranken doch noch bessern konnte, so setzte der Tentakel ausschließlich den Zeitdruck in Rechnung, der durch die nicht vorhersehbare intensive Zusammenarbeit mit den Menschen entstanden war, eine Zusammenarbeit, mit der nach den ersten Kontakten niemand rechnen konnte.
    Bojan schloß die Augen, als er sich zum zweitenmal

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