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Am Rande wohnen die Wilden

Am Rande wohnen die Wilden

Titel: Am Rande wohnen die Wilden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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Brückner hieß, Gelegenheit, sich zu äußern.
    »Hätte es nicht Zeit mit dem Alarm gehabt, bis wir nähere Einzelheiten über den Boliden wissen?«
    Bracke blickte weiter auf den Schirm. »Ich habe Stufe drei veranlaßt, und ich habe meine Gründe.«
    Brückner verzog das Gesicht. Ihm paßten die häufigen Alleingänge des Alten nicht, obwohl er zugeben mußte, daß seine Entscheidungen immer gut fundiert waren. Trotzdem sollte er das Kollektiv.
    Auf dem Bildschirm erschien das Meldezeichen der Zentrale in Berlin. Ein junger Mann in gut sitzendem Anzug, das dunkle Haar etwas länger gehalten, als es auf Luna üblich war, zog sich die linke Kragenecke gerade und nickte verhalten mit dem Kopf.
    »Wir haben Ihre Warnung kurz nach der von Luna zwei erhalten und danken Ihnen für den schnellen Entschluß«, sagte er, und Brückner lächelte unbewußt über die eigenartige Verbindung seiner Gedanken und der des jungen Mannes auf dem Bildschirm.
    »Wir werden auf Anordnung der Raumbehörde in ständiger Verbindung bleiben, um Einschlagszeit und Einschlagsort so zeitig wie möglich exakt ermitteln zu können«, fuhr der Berliner fort.
    Bracke verzog das Gesicht. Geschraubte Reden gingen ihm auf die Nerven.
    »Das hatte ich erwartet!« erklärte er. »Und nur aus diesem Grund habe ich so schnell gehandelt, was Sie ja bereits gebührend gewürdigt haben.«
    Der junge Mann aus Berlin blickte indigniert und zog sich vom Bildschirm zurück.
    Bracke sah sich im Kreise um. »Ich hoffe, daß meine Entscheidung auch Ihrer aller Wohlwollen findet«, sagte er ungewöhnlich weich und ohne den spöttischen Unterton. »Nehmen Sie Ihre Plätze ein, und erstatten Sie jede Minute eine Meldung an die Zentrale. Die Auswertung wird Mister Milburn hier an Ort und Stelle vornehmen. Mister Milburn...«
    Während die anderen die Zentrale verließen, nahm der Amerikaner seinen Platz vor dem Zentralschirm ein.
    Bracke betrachtete ihn lange und legte ihm schließlich die Hand auf die Schulter. »Raus mit der Sprache, Milburn. Sie bedrückt etwas. Ich sehe es Ihnen an.«
    Milburn öffnete bereits den Mund, als er durch das Einlaufen der ersten Meldungen unterbrochen wurde, Meldungen, die der Zentralrechner speichern und teilauswerten mußte. Er stand auf.
    »Bleiben Sie sitzen!« Wieder legte ihm Bracke seine kräftige Hand auf die Schulter, und der Amerikaner wunderte sich über diese fast freundschaftliche Geste des für sein unpersönliches Verhalten bekannten Leiters.
    »Es ist kaum der Rede wert«, sagte er und blickte zu Boden. »Ich hatte eine kleine Kontroverse mit Günther Freymann.«
    »Berichten Sie, Milburn.«
    »Es ging um Amerika. Er kritisierte die angebliche Laxheit der Amerikaner in politischen Dingen. Darüber habe ich mich etwas geärgert.«
    Bracke nickte. »Ich verstehe Sie. Sie sind stolz darauf, daß es ein neues Amerika gibt. Es ist auch Ihr Amerika. Sie wissen genau, daß die Reste der Vergangenheit in absehbarer Zeit überwunden sein werden.«
    Milburn war erstaunt, wie gut es Bracke gelang, sich in seine Gedanken hineinzuversetzen.
    »Bedenken müssen Sie allerdings«, fuhr Bracke fort, »daß Amerika von einer ganz anderen Grundlage ausgehen kann als unsere Staaten damals. Sie in Amerika werden von aller Welt unterstützt; als wir diesen Weg beschritten, gab es noch eine ganze Reihe von Staaten, die unsere Erfolge verhindern wollten. Und diejenigen, die uns halfen, machten den gleichen Prozeß wie wir durch. Es existierten noch viel mehr Hindernisse, die aus dem Wege geräumt werden mußten. Wenn Sie, Milburn, die Meinung unseres Funkers Freymann unter diesem Aspekt sehen, verstehen Sie ihn vielleicht besser.« 
    In diesen Minuten wandelte sich die reservierte Einstellung des Amerikaners zu Wolfram Bracke. Er begriff, daß der Stationsleiter ein Mensch war, der alle Qualitäten eines verständnisvollen Leiters aufwies und der trotzdem nie ganz mit sich und seinen Mitarbeitern zufrieden war. Impulsiv drückte er dem Alten, wie sie Bracke untereinander nannten, die Hand.
     
    Die entsetzliche Gefahr für Millionen Menschen war Kenneth Milburn bereits nach Auswertung der ersten Schriebe klar. Die ersten Meßdaten über den Boliden ergaben, daß er einen Durchmesser von mindestens sechshundert Metern hatte und daß seine Masse mit rund einhundert Millionen Tonnen im Verhältnis zu seiner Größe erstaunlich niedrig war. Deshalb erschien es unmöglich, seine Zusammensetzung zu bestimmen, wenn man ausschloß, daß er aus Eis

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