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Am Rande wohnen die Wilden

Am Rande wohnen die Wilden

Titel: Am Rande wohnen die Wilden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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Es ist keine Schadenfreude.«
    Sie mochte recht haben. Vielleicht fühlte sie das alles besser als er. Bestimmt sogar hatte sie recht. Er ließ das Feld unter der Sonde ganz in sich zusammenbrechen und beobachtete, wie der Boden des Planeten mit ungeheurer Geschwindigkeit heranraste. Im nächsten Augenblick fühlte er lähmendes Entsetzen. Die Sonde würde unzählige von ihnen töten, sie würde auf dem in Jahrtausende währender Entwicklung kultivierten Planeten furchtbare Verwüstungen anrichten. Sie mußten hinter der Sonde einherstürzen, sie mit ihren eigenen Schwerefeldern auffangen, zum Abdrehen zwingen. Sie hatten sich furchtbar geirrt. Dieses Raumschiff barg in sich eine Gefahr für sie alle. 
    Neben ihm schrie Tekla auf, laut und schrill: »Was soll das, Bojan? Willst du sie morden?«
    Plötzlich war die Angst verschwunden. Er begriff, daß es nicht seine Angst gewesen war, sondern die intensiven Gefühle der Resoren, die sich ihm, in der Stunde der höchsten Gefahr für einen Teil ihrer Zivilisation, mitgeteilt hatten. Fast schämte er sich ein wenig.
    Es bereitete ihm keine Schwierigkeiten, das Kraftfeld unter der Sonde erneut zu errichten. Der Raumkörper stieg schnell, von keiner fremden Kraft mehr beeinflußt. Von den Resoren war weit und breit nichts zu sehen, aber das Emitternetz übertrug Erleichterung und vielleicht auch, ein wenig Bedauern darüber, daß der fremde Raumkörper seinen überlichtschnellen Flug in das All fortsetzte.
    Sie informierten die Besatzung von den eigenartigen Vorfällen und diskutierten darüber, ob es sinnvoll sei, den Flug für eine längere Dauer zu unterbrechen, um näheren Kontakt mit den Resoren aufzunehmen. Aber die meisten der Besatzungsmitglieder entschieden sich für den unverzüglichen Weiterflug. Zu fremd schien ihnen die entdeckte Zivilisation, als daß man sie im Vorbeigehen kennenlernen konnte.
    Sie setzten einen Spruch an das Heimatsystem ab, schilderten ihre Entdeckung und erklärten sich bereit, auf dem Rückflug weiteres Material zu beschaffen. Dann würden sie auch versuchen, eine normale Kontaktaufnahme zu erreichen.
    Nur vier von ihnen stimmten dem allgemeinen Beschluß nicht zu. Einer von ihnen lehnte die Kontaktaufnahme mit den Resoren kategorisch ab. Es war Faunian.
    Als Bojan die Zentrale verließ, sah er, daß der Kommandant still und in sich gekehrt war. Mit Sicherheit waren seine Gedanken unerfreulicher Natur, aber er versuchte nicht, sie zu belauschen. 
     
     
LUNA
     
    In den Kasematten von Luna vier riefen die Tonsäulen zum Schichtwechsel.
    Aufatmend schaltete Günther Freymann den Televisor aus. Er stand auf, wusch sich sorgfältig die Hände und strich sich mehrmals über das schüttere blonde Haar. Dann richtete er sich zu seiner vollen, nicht eben bedeutenden Größe auf und fixierte sein Gegenüber aus wasserhellen Augen. »Ihr Amerikaner lernt es wahrscheinlich nie«, stellte er kopfschüttelnd fest.
    Der andere, der seine lange Figur in dem für ihn viel zu kleinen Sessel nur unvollständig untergebracht hatte, zog die dichten Brauen unwillig zusammen. »Unsere Demokratie ist ganze dreißig Jahre alt, mein Lieber«, erklärte er. »Da hat man leicht spotten, wenn man aus einem Lande stammt, das diese Zeit der Veränderungen schon wer weiß wie lange hinter sich hat.«
    Freymann kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. »Ihr braucht doch nur mit den Unsitten der Vergangenheit aufzuräumen. Niemand verbietet es euch, und niemand wird es euch verübeln. Aber ihr.« Er winkte ab.
    »Die Hälfte der Menschen meines Landes stammt noch aus der alten Zeit. Sie haben Gewohnheiten und Verhaltensweisen entwickelt, die man nicht über Nacht ausmerzen kann. Die Jahrhunderte haben in mein Land und seine Gesellschaft ihre Spuren gegraben. So leicht wie du es dir vorstellst, krempelt man die Menschen nicht um.«
    Wieder winkte Freymann ab. »Die meisten von ihnen wird man nicht umkrempeln müssen, sie ändern sich ganz von selbst. Das darf aber auf keinen Fall zu Laxheit und Opportunismus verleiten. Ich begreife einfach nicht, wieso in eurem Land Leute wie dieser Boxer frei herumlaufen dürfen. Glaub mir, derartige Auswüchse wiederholen sich, wenn man sie nicht mit allen Mitteln verhindert.«
    Der Amerikaner zuckte die Schultern. »Verhindern., verhindern! Mann, Günther, wir haben endlich eine Gesellschaftsform, die nicht nur dem Namen nach eine Demokratie ist. Soll all das, was in den letzten Jahren mühsam im Bewußtsein der Menschen

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