Am schönsten Arsch der Welt: Bekenntnisse eines Neuseelandreisenden (German Edition)
auf der Erde leben. Selbst der Kriegsgott stimmte seinem Bruder zu. Einige sprachen sich jedoch offen dagegen aus, zum Beispiel T ā whirim ā tea, der Gott des Windes und Sturmes. Er hatte Angst, dass sein Königreich zerfallen würde.
Egal, es war beschlossene Sache – jeder der Verschwörer würde einmal versuchen, sich zwischen die Eltern zu stellen und sie auseinanderzubringen: Rongomatane, Gott des Ackerbaues, war als Erster an der Reihe. Ihm folgte Haumia-tiketike, Gott der wild gefangenen und geernteten Speisen, dann Tangaroa, Gott der See, und schließlich T ā matauenga, der uns bereits bekannte Gott des Krieges, aber keiner von ihnen schaffte es.
Doch dann kam T ā ne. Er trennte seine Eltern, und auf einmal traf ein Strahl der Sonne die Kinder – sie wurden vom Tageslicht, ao Marama, erleuchtet.
Als es so richtig hell war, mussten sich die Kinder entscheiden, bei welchem der getrennten Elternteile sie künftig wohnen wollten. T ā whirim ā tea, der Windgott, und alle, die gegen die Trennung waren, packten ihre Siebensachen und zogen zum Vater in den Himmel. Nicht ohne mit furchtbaren Stürmen noch einmal Rache an ihrem Bruder zu üben.
Nun gab es also Himmel und Erde, Tag und Nacht.
T ā ne schaute sich um und überlegte.
Irgendwas fehlte.
Genau.
Stimmung!
Deswegen beschloss er, eine Frau zu erschaffen.
Er lud eine Bauanleitung aus dem Internet herunter, schaute sich bei YouTube ein Tutorial zum Thema an und machte sich ans Werk: Er nahm Lehm aus dem Gebiet Kurawaka, modellierte etwas herum, dann hauchte er dem Klumpen Leben ein und erschuf so Hine-ahu-one – das erdgeformte Mädchen.
Kaum erschaffen, ging es zur Sache, und T ā ne und Hine zeugten Hinetitama.
Irgendwann war sie wohl alt genug, und T ā ne vereinte sich mit Hinetitama. Bah, Pfui und Schande über ihn.
Irgendwann wurde Hinetitama neugierig und wollte wissen, wer denn ihr Vater sei.
»Ich bin’s!«, sagte T ā ne, immerhin ein Mann von Ehrlichkeit.
Das hätte er nicht tun sollen, denn der guten Frau war das zu Recht peinlich, und sie floh in die Nacht, um nicht länger gesehen zu werden. Weil sie sich in Rarohenga, der Unterwelt, verkroch, hatte sie bald ihren Ruf weg und nahm einen neuen Namen an: Hine-nui-te- põ, Göttin der Nacht, oder auch der Unterwelt.
Ansonsten änderte sich nicht mehr viel an den Basics auf der Erde. Ranginui, der Himmelsvater, blieb an der Oberfläche, und Papatuanuku, Mutter Erde, blieb unten, um die Kinder zu ernähren.
Zurück zu den Kauribäumen auf der wie auch immer entstandenen Erde. Diese gehören zur Familie der Araukarien, sie sind die größte in Nordneuseeland beheimatete Baumart, ganz grob gesagt so etwas wie monströse Kiefern. Die Größe bemisst sich laut Koro natürlich nicht an der Höhe oder dem Umfang des Stammes, sondern man stellt sie fest, indem man die Holzmasse bis zum ersten Ast erfasst.
Gerade deswegen bin ich sehr beeindruckt, als ich schließlich direkt vor meinem ersten Exemplar der Gattung Kauribaum stehe. Er ist riesig, die Rinde schuppig, und hoch oben in seinen Blättern rauscht der Wind.
Wir stehen vor dem T ā ne Mahuta, dem ältesten noch lebenden Kauribaum, der auch »Lord of the Forest« heißt. Mit beinahe 14 Metern Umfang ist auch er einfach gigantisch, zumal die erste Astgabelung in 18 Metern Höhe liegt. Ich blicke an der silbrig-braun schimmernden Rinde empor und habe für einen Augenblick das Gefühl, als ob dieses Gewächs ein Riese wäre, der gleich die Erde von seinen Wurzeln schütteln und losschreiten könnte. Er wirkt majestätisch, durch sein dichtes Blätterdach dringen nur hier und da Lichtstrahlen, die als helle Flecken den Boden erleuchten.
T ā ne Mahutas Alter wird auf über 2000 Jahre geschätzt. Genau könne man das nicht sagen, weil man den Stamm nicht anbohren wolle, erklärt Koro.
Ich äußere die Vermutung, dass das wohl aus spirituellen Gründen unterlassen werde.
Er schüttelt den Kopf.
Vielleicht gebe es hier keine so extremen Jahreszeiten, welche die Ausprägung von Ringen begünstigten?
Koro schüttelt erneut den Kopf.
Dann erklärt er mir, dass man wisse, in welchem Ausmaß der Umfang pro Jahr zunehme. Aus den aktuellen Maßen könne man so das Alter errechnen.
Allerdings ist das genaue Ergebnis der Altersermittlung auch egal, wenn man sich darüber klar wird, dass der Baum in jedem Fall ein kleiner Setzling war, als Jesus noch nicht mal als kleine unbefruchtete Eizelle in Maria herumhuschte, dass die
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