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Am schönsten Arsch der Welt: Bekenntnisse eines Neuseelandreisenden (German Edition)

Am schönsten Arsch der Welt: Bekenntnisse eines Neuseelandreisenden (German Edition)

Titel: Am schönsten Arsch der Welt: Bekenntnisse eines Neuseelandreisenden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hoecker
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Labyrinthe in den sanft schwingenden Wipfel eines lebenden Turms der Wälder emporgestiegen ist und diesen erobert hat. Die Rufe der Begleiter werden leiser, das Rauschen des Waldes schwillt mit jeder Windböe an. Es ist zugig dort oben. Idealerweise überklettern wir das Niveau der umliegenden Baumkronen, und es offenbaren sich ganz oben ein Meer aus Wald und eine umwerfende Fernsicht. Ebenso wie man erst auf dem Rücken eines Elefanten spürt, welch mächtiges, tonnenschweres Getier sich da unter einem befindet, so wird auch die Wahrnehmung eines starken, hochgewachsenen Baumes erst aus der Höhe wirklich erfahrbar. Die zurückgebliebenen Erdlinge wirken aus der vertikalen Ferne wie kleine Insekten, und genauso fühlt man sich selbst, wenn man den dicken Stamm mühevoll heraufkrabbelt.
    Auch über die Schwierigkeit, in unserem Kulturbereichskontinuum 3 mit dem Tod umzugehen, parlieren Koro und ich.So erzählt er, dass bei den Maori die Verstorbenen aufgebahrt werden und dann das ganze Dorf, der ganze Stamm sowie Freunde und Verwandte vorbeikämen und dabei nicht nur geweint, sondern auch gesungen und gelacht würde. Drei Tage lang. Beneidenswert. Ich selbst kenne das zwar aus meiner eigenen Familie, dass Beerdigungen immer auch ein Ereignis sind, bei dem Geschichten erzählt und Erlebnisse ausgetauscht werden, aber ich denke mal, so wie hier in Neuseeland ist es bei uns dann doch nicht.
    Einen auf den ersten Blick ähnlich entspannten Umgang mit dem unumgänglichen Vorgang des Abgangs habe ich vor einigen Jahren beobachten dürfen, als ich, von Singapur kommend, kurz vor Neuseeland rechts abgebogen bin, auf Bali.
    Auf einer Wanderung stieß ich in einem kleinen Ort an der Küste auf eine Prozession, die einem fantasievoll geschmückten thronartigen Gebilde folgte, welches von vielen Männern auf einem Bambusgestell über die Straßen gewuchtet wurde. Zwar trugen einige Leute in dem Gefolge dunkle Hemden, aber ein Großteil der Anwesenden war in farbenfrohe Sarongs gekleidet. Auf einem gewöhnlichen Parkplatz in der Nähe des Strandes machte der Zug halt, und die Menschen verteilten sich im Schatten umliegender Palmen und kleiner Unterstände, die eigens für diese Zeremonie bereitgestellt worden zu sein schienen. Eine Gruppe von Gamelan-Musikern, die zuvor den Zug angeführt hatte, verlud ihre Instrumente und sich selbst auf einen viel zu kleinen Pritschenwagen und verließ die Veranstaltung, bevor sie richtig begonnen hatte. Die Musiker hatten allem Anschein nach ihren rituellen Anteil geleistet.Kinder rannten spielend umher, und es wurden Getränke und große Platten mit kunstvoll angerichteten Speisen gereicht. Überall auf dem Boden kokelten Räucherstäbchen in kleinen Schalen aus Bananenblättern mit Reis und bunten Blüten darin. Die Situation wirkte wie ein herzliches, wenngleich nicht besonders ausgelassenes Familienfest. Wie es sich für eine solche Zusammenkunft gehörte, kamen natürlich auch eine Vielzahl von Fotoapparaten und Videokameras unter den Feiernden zum Einsatz. Touristen, die sich angesichts der pittoresken Szenerie über die Anstandsgrenze des unbeteiligten Beobachters hinweggesetzt hatten und mit ihren Camcordern recht nah an die Festgäste herangerückt waren, wurden freundlich Obst und andere kleine Köstlichkeiten angeboten.
    Nach einer Weile begann ein Mann mit dem Duktus eines Zeremonienmeisters und der Aufmachung eines Grillwürstchen-Verkäufers damit, einige Vorbereitungen an dem bambushölzernen Thron zu treffen. Ein längliches, in weiße Tücher eingeschlagenes Paket wurde mit vereinten Kräften aus dem Innern in ein bereitstehendes kistenförmiges Gebilde aus dicken Bambusrohren geschoben. Tüten unbekannten Inhalts stopfte der Zeremonienmeister in verschiedene Öffnungen des Kastens, dann wurden diese verschlossen. Neben der befüllten Bambuskiste befand sich eine Apparatur, bestehend aus einer großen Gasflasche, an der mittels eines roten Kunststoffschlauchs eine lange metallische Düse befestigt war. Insgesamt handelte es sich hier um einen ausgewachsenen Flammenwerfer. Nur wenige Minuten später hatte der geschickte Einsatz dieses Geräts das komplette Gebilde in einen rauchenden Feuerball verwandelt. Du wirst es ahnen – es handelte sich natürlichum die öffentliche Verbrennung eines Toten. Die Menschen kamen immer näher und standen, so dicht es ging, an den lodernden Flammen, schritten um den brennenden Turm herum und schauten, filmten und fotografierten. Mittlerweile

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