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Am schönsten Arsch der Welt: Bekenntnisse eines Neuseelandreisenden (German Edition)

Am schönsten Arsch der Welt: Bekenntnisse eines Neuseelandreisenden (German Edition)

Titel: Am schönsten Arsch der Welt: Bekenntnisse eines Neuseelandreisenden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hoecker
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krank?«
    »meine lymphknoten schwellen an«
    »Du solltest dich wärmer anziehen!«
    »meine lymphknoten sind angeschwollen«
    »Du musst dich einfach mehr schonen.«
    »mahaiäää lüphkooooten …«
    »Tommy, ich will das nicht sehen, mach den Mund zu. Danke.«
    Jaja, die Schwefelbecken.
    Ich blicke in ein solches Becken und überlege, wie viele schonda drin … Also die Maori waren ja bekanntlich nicht zimperlich …
    Ich frage unseren Begleiter. Er sagt, nein, die Gefangenen habe man da nicht reingeworfen, sondern in das andere Becken, 100 Grad, dann seien die in zwei Stunden durch, und dann habe man die gegessen. Aber er könne mich beruhigen: Das sei nicht aus Hunger, sondern zu rituellen Zwecken geschehen.
    Ich sage nichts, glaube aber, dem gekochten Krieger war es egal, warum er da hineingeworfen wurde. Er fand es vermutlich einfach nur heiß.
    Ich kann förmlich spüren, wie sich die kochende Temperatur langsam durch die verschiedenen Hautschichten arbeitet und die Nerven reizt, die erst die Empfindung von Wärme ans Gehirn senden, dann aber unglaublichen Schmerz bis zur Bewusstlosigkeit erzeugen. Vielleicht schaue ich auch einfach nur die falschen Filme.
    Mir stellt sich an dieser Stelle die Frage: Haben die den gedämpften Kämpfer ein bisschen angeknabbert oder gleich komplett verschnabuliert?
    Mir liegt es fern, dem kollektiven Maori-Gedächtnis eine historische Demenz zu attestieren, aber ich fürchte, die gruselige Sachlage könnte sich etwas komplexer gestalten. Bis heute sind sich Historiker, Anthropologen, Ethnologen, Archäologen und viele andere Vertreter der Wissenschaft nicht einig darüber, ob es gesellschaftlich akzeptierten Kannibalismus wirklich jemals gegeben hat. Und damit ist nicht gemeint, dass man sich gelegentlich ein bisschen Asche des verblichenen Großvaters aufs Butterbrot gestreut oder ein wenig Blut in die Tomatensuppe gerührt hat. Diskutiert wird der herzhafte Verzehr von Menschenfleisch als rituelle Handlung oder Nahrung. Und das nicht im Rahmen einer hungerbedingten Notlage. Aus guten gesundheitlichen Gründen ist es nämlich in den meisten Kulturen ein kulinarisches Tabu, seine Artgenossen zu verspeisen. Belege pro und contra »Gab es Kannibalismus als kulturelles Inventar einer Gesellschaft?« werden von beiden Lagern im wissenschaftlichen Diskurs angeführt.
    Neben der Untersuchung von Speiseresten in den archäologischen Müllhalden der verdächtigen Ethnien gelten Augenzeugenberichte als besonders wertvoll. Diese genießen den Status besonderer Glaubwürdigkeit. Allerdings nur auf den ersten Blick. Gerade die europäischen Entdecker und die ihnen rasch nachfolgenden Missionare der kolonialen Eroberungswellen trugen in großem Maße dazu bei, eine bestimmte Vorstellung von den Menschen der neuen Welt zu schaffen. Und die war zwar nicht generell bös gemeint, zeugte aber von der empfundenen Überlegenheit der Europäer über die primitiven Völker. Illustrationen von wilden Menschenfressern wurden rasch in der zivilisierten Welt verbreitet. Ein bastberockter Mohr mit Knochen im Haar hüpft freudig erregt um einen großen Kessel, in dem die bedröppelt dreinschauende menschliche Hauptspeise auf kleiner Flamme vor sich hin köchelt. Die zehn kleinen Negerlein, die in den letzten 150 Jahren millionenfach in »zivilisierten« Kinderzimmern gesanglich verstorben sind, und der Sarotti-Mohr, der als unterwürfiger schwarzer Diener bis vor wenigen Jahren auf diversen Schokoladenprodukten unterwegs war, sind nur weitere Metaphern für ein überaus ethnozentrisches Weltbild.
    Auch wenn die Wirklichkeit weit entfernt von diesen Schauermärchen war und ist, findet man immer wieder Berichte über menschenfressende Wilde in den Beschreibungen von Reisenden aus der Kolonialzeit.
    Aus ethnologischer Sicht finde ich es unglaublich spannend, wenn solche Geschichten und ihre Konnotation von den betreffenden Völkern als Teil ihrer eigenen Historie und Mythologie wahrgenommen werden, nur weil sie in der Literatur der »westlichen« Forscher und Entdecker nachzulesen sind.
    Es ist also gut möglich, dass dein Informant seine Vorfahren für Kannibalen hält, obwohl das über ein paar Schreckgeschichten der P ā keh ā in die eigene Legendenbildung Einzug gehalten hat.
    Könnte sein – muss aber nicht!
    Diese Vorstellung und das ganze Gerede über Gegnerverspeisung bringt mich direkt zur nächsten Frage: Egal, wo ich hinkomme, und egal, was ich von den Maori höre, immer geht es um Krieg,

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