Am schönsten Arsch der Welt: Bekenntnisse eines Neuseelandreisenden (German Edition)
mal die Schale des Apfel durchdrungen hätte. Ich kann mir kaum vorstellen, dass in den letzten 32 Jahren keine neueren wissenschaftlichen Erkenntnisse mehr aufgekommen sind als die, die schon in meinem Kinderzimmer die Runde machten. Ich bleibe dran …
Aber wo wir schon mal bei Früchten sind: Interessant ist, dass es auf der Insel ursprünglich gar kein Obst gab. Sämtliche Obstsorten sind eingeführt worden, selbst die Kiwifrucht, ohne die wir uns Neuseeland heute gar nicht mehr vorstellen können, ist eigentlich eine »Chinesische Stachelbeere«. Den Maori war dieser Bestandteil der Ernährung weitgehend unbekannt.
Keine wirklich elegante Überleitung zu dem Ausflug, den ich ans Höllentor gemacht habe – aber immerhin sind wir jetzt thematisch wieder in Neuseeland.
Hier bei Hell’s Gate gibt es Magmawellen, die sich aus geologischer Sicht fast bis an die Oberfläche drücken. Adern dieser Wellen können bis an die Oberfläche dringen. An solchen Stellen sickert Wasser ein, verkocht und schießt als Dampf wieder nach oben. Dabei reichert es sich mit Sediment und Mineralien an. Wenn dieses Gemisch die Oberfläche erreicht, bilden sich Schlammpools. Und die können unterschiedlich heiß sein: angefangen von 40 bis zu 120 Grad Celsius. Ja, das kann schon mal über den normalen Siedepunkt gehen, weil die Mineralien im Wasser den Siedepunkt heraufsetzen, genau wie bei Salzwasser, wenn man Nudeln kocht. Die hohenTemperaturen und das Mineralien-Gemisch machen die Umgebung unwirtlich: In der Nähe der Schlammpools wächst so gut wie nichts. Und wenn, dann Pflanzen, die sonst wahrscheinlich nur gemobbt werden und sich hier in Ruhe zurückziehen können. Interessanterweise ist das Ödnisfeld insgesamt von bewaldeten grünen Streifen durchzogen, das sind dann die Stellen, an denen die Magmawelle gerade wieder weiter unten ist.
Dieses geologische Phänomen zog schon immer Menschen an, genau wie uns jetzt. Die ersten Maori auf der Insel fanden sich hier ein und nutzten die heilende Wirkung von Schlamm und Wasser.
In den letzten Jahrzehnten ist an dieser Stelle Neuseelands eine Art Spa entstanden. Der Schlamm wird gesammelt und in geflieste Becken gefüllt. Das hat mehrere Vorteile: Erstens versinken die Gäste nicht im schlammigen Wasser, zweitens verbrühen sie sich nicht, und drittens lösen sie sich nicht auf, weil man unter den kontrollierten Bedingungen eher selten in salzsäurehaltige Becken steigt.
Mit unserem Begleiter geht es dann im Tross über das gesamte Gelände, um uns die bequemen Einrichtungen anzusehen.
Befestigte Wege führen uns an verschiedenen Pools vorbei. Überall gluckst es, Dämpfe steigen auf, die Nase wird immer wieder von stechenden Eindrücken überrascht. Hin und wieder bleibe ich stehen und spreche eben Gelerntes in die Kamera, um die Zuschauer an meinem Erlebnis teilhaben zu lassen.
Der Mann, der uns das Gelände zeigt, ist ein Halbmaori. Ich habe ihn gefragt. Genau genommen habe ich ihn erst gefragt, ob ich ihn fragen darf, ganz genau genommen habe ich mich erst gefragt, ob ich ihn einfach frage oder besser fragen soll, ob ich ihn fragen darf. Ich neige ja dazu, sensibel zu sein.
Er meint, das sei gar kein Problem. Und die Frage nach der Herkunft sei nicht verwerflich. Er selbst habe einen europäischen Vater und eine Maori-Mutter, habe aber nur bei ihr und ihrer Familie gelebt, deshalb habe er helle Haut und ein Maori-Herz.
Wir überschreiten einen Holzsteg.
»Die machen wir zwei Mal im Jahr neu, weil die Dämpfe das Holz wegätzen«, sagt unser Fachmann trocken.
Ich überlege, auf dem Rückweg einen anderen Pfad zu wählen, so sicher bin ich mir nicht, ob ich in die graue Brühe plumpsen will, die von unten das Holz annagt. Unser Begleiter rät mir aber, auf keinen Fall querfeldein zu gehen, das könne bitter enden. Es gebe nämlich schwefelhaltige Seen, in denen bereits nach fünf Minuten sämtliche Gewebeteile säuberlich von den Knochen entfernt würden. Nach 24 Stunden sei dann die ganze Person verschwunden.
Das glaube ich aufs Wort. Die ganze Zeit liegt ein leicht penetranter Geruch in der Luft, an den man sich zwar schnell gewöhnt, den man aber trotzdem wahrnimmt, weil er mal stärker, mal schwächer ist. Dadurch wird einem immer wieder bewusst, was hier so in der Luft schwebt.
Tommy reagiert etwas grober auf die Gase: Ihm schwellen einfach die Lymphknoten an, wie er uns mehrfach erklärt:
»ich glaube meine lymphknoten schwellen an«
»Oh, wirst du
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