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Am schönsten Arsch der Welt: Bekenntnisse eines Neuseelandreisenden (German Edition)

Am schönsten Arsch der Welt: Bekenntnisse eines Neuseelandreisenden (German Edition)

Titel: Am schönsten Arsch der Welt: Bekenntnisse eines Neuseelandreisenden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hoecker
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die Inquisition, die Ideologie, also du. Aber das schreibst du ja gar nicht, und es würde auch den Rahmen dieses Buches sprengen …
    Du hast natürlich recht: Dann würde das Buch ausufern. Also setze ich weiter oben wieder an. Dass solche Versuche doppelblind – was bedeutet, dass weder Versuchsleiter noch Versuchsperson wissen, ob ein Wirkstoff oder ein Placebo verabreicht wurde – und randomisiert – also ohne vorhersehbaren Versuchsablauf – abliefen, kann ich mir im maorischen Kontext sehr gut vorstellen. Die Kollegen galten ja als äußerst unzimperlich. Wenn sie tatsächlich etwas über die Wirkung von Schlamm herausfinden wollten, hätten sie bestimmt alle Feinde mit den unterschiedlichsten Haut- und Knochenkrankheiten auf einen Haufen geworfen und nach und nach in die verschiedenen Schwefelsuppen gewuppt. Die Frage ist nur, inwieweit sich die Probanden danach noch an ihre ursprünglichen Beschwerden erinnern konnten. Gut, heute laufen evidenzbasierte doppelblind randomisierte Studien vermutlich ein Stück weit strukturierter ab.
    Vor Homöopathen und Astrologen habe ich im Übrigen schon seit Langem den Respekt verloren: Seitdem ich wissenschaftliche Berichte gelesen habe, die diesen Unfug auseinandernehmen und denen ich vertraue. Wissenschaftliche Erkenntnisse zur maorischen Schwefelschlamm-Badekultur habe ich noch nicht gefunden. So lange genießen sie mein Wohlwollen.
    Wir verlassen das Tümpelfeld und gehen durch ein Waldstück, um ein weiteres Areal zu besuchen. Da greift unser Lehrer zu einem Farnblatt und zeigt uns die Rückseite. Sie schimmert hell – daher auch der Name »Silberfarn«.
    Diese Farn-Art wurde von den Maori benutzt, um ihre Laufrichtung anzugeben, wenn sie des Nachts durch die Wälder streiften. Nachfolgende Stammesmitglieder konnten dieser wie ein Pfeil aussehenden Markierung folgen, da sie das Mondlicht reflektiert. Der Letzte dreht den Farn um, damit er nicht mehr zu sehen war. Okay, man hätte ihn auch einfach ins Gebüsch werfen können. Oder ich hätte in Englisch besser aufpassen können, dann hätte ich verstanden, was genau unser Fremdenführer dazu gesagt hat.
    Der Silberfarn ist auch das Logo der All Blacks, der neuseeländischen Rugby-Nationalmannschaft. Er soll zeigen: Alle Mann voran! Folgt dem Farn! Die Pflanze taucht in allen möglichen Logos auf. Zum Beispiel bei der neuseeländischen Eisenbahn, in deren Firmenzeichen der Farn aussieht wie eine Schiene, oder besser: in dem die Schiene aussieht wie ein Farn.
    Bevor der Wald den Blick auf ein weiteres Schlammpool-Areal freigibt, sehen wir am Waldrand einen Wasserfall. Über mehrere Stufen schießt das Wasser auf einer Breite von 15 Metern etwa 10 Meter hinab. An dieser Stelle im Wald findet schon seit Hunderten von Jahren das Aufnahmeritual für die Jungen der Stämme statt, das einer Taufe gleicht. Nach Schlachten traf man sich hier außerdem, um sich zu reinigen und seine Wunden zu versorgen.

    Ein kleines Detail finde ich besonders interessant: In den Felsen des Wasserfalls sind Zeichen eingeritzt. Diese stammen jedoch nicht von den Maori, sondern von den ersten Europäern, die hier vorbeikamen und sofort ihre privaten Graffiti in den Stein meißelten. Offenbar war der Mensch schon immer bestrebt, sich irgendwo zu verewigen. Somit ist der geritzte Name im Schultisch durchaus sehr natürlich und archaisch und als solches nicht mehr verachtenswert.
    Weiter geht es den Pool-Trail entlang, vorbei an hellem, dunklem und grauem Schlamm, 40, 80, 120 Grad Celsius. Alles ist zu finden.
    »hier machen wir die mondszene«, sagte Tommy unvermit-telt.
    »Was machen wir?«
    »die mondszene«
    »Für die ist doch gar nicht gevoted worden!«
    »trotzdem«
    »Der Helm ist alles andere als hygienisch.«
    »trotzdem«
    »Das wird keiner verstehen.«
    »trotzdem«
    »Es ist …«
    »trotzdem«
    Seit Beginn der Reise fahren wir das Raumfahrerkostüm mit uns herum. Regelmäßig kullert mir der Helm entgegen, wenn ich den Kofferraum öffne. Dauernd habe ich Schläuche im Gesicht, wenn eine Tür nicht richtig zu ist. Und jetzt zücken meine Mannen und Frauen auf einmal eine Tasche und stecken mich in das darin befindliche Kostüm.
    »wir drehen die farbe raus und machen das etwas langsamer«, sagt Tommy, der sich sicher ist, auf diese Weise eine super Mondlandungsoptik erzeugen zu können.
    Und dann bringt er mich dazu, in leichtem Schritt über getrocknete Schlammhügel zu laufen und Zeitlupe zu spielen, indem ich mit den Händen

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