Am schönsten Arsch der Welt: Bekenntnisse eines Neuseelandreisenden (German Edition)
Hartschalensitz und gebe vor zu pennen.
9 | M ILFORD S OUND
Auf der Suche nach der Suche
achdem wir gestern bei Kaikoura die großen schwimmenden Verwandten der Flusspferde gesehen hatten, fuhren wir direkt weiter nach Christchurch, gaben das Wohnmobil beim Verleih ab und flogen mit dem Flugzeug nach Queenstown.
Es war bereits so spät, dass ich von der Stadt nicht mehr viel sah, sondern direkt ins Hotel, dort ins Zimmer, dort ins Bett und dort dann in den Schlaf stürzte.
Jetzt stehe ich vor dem großen Fenster meines Zimmers und blicke auf die Stadt mit dem dahinterliegenden Lake Wakatipu vor der Kulisse des Mount Talbot und anderen Bergen, deren Gipfel teilweise noch mit Schnee bedeckt sind. Heute werde ich die Stadt wohl ebenfalls nicht mehr sehen, die Arbeit ruft.
Einige Vorschläge sind bereits aus dem Rennen.
Johanna, Stuttgart: »Lerne nette Menschen aus aller Welt bei einer Kurzkreuzfahrt im Milford Sound kennen.« Eine andere Userin ist um meine Körperhygiene besorgt – Elisabeth, Karlsruhe: »Nimm eine Dusche unter einem Wasserfall und sing dabei laut. Vielleicht vertreibt es ja die Sandflies.« Auch sehr schön.
Es gewinnt aber zu meiner Freude ein Vorschlag, der mich an meine ureigensten Wünsche erinnert.
Edvard, Hamburg: »Schlag im Fjordland-Nationalpark dein Zelt auf«, steht da, »und erzähl am Lagerfeuer mitten in der Wildnis eine Gruselgeschichte.«
Die Frage ist nur, wie soll man das in einem Film auf interessante Weise unterbringen und dabei auch noch das Land zeigen? Ein wenig ratlos überlegen wir dies und das. Dann komme ich auf die glorreiche Idee, vielleicht die Suche und den Weg zum Lagerplatz zu zeigen.
Aus dramaturgischen Gründen lässt du recht unsubtil anklingen, Urheber der Idee zu sein. Aber ich weiß, dass sie von Tommy stammt … Ich hab doch an dem Tag noch mit dir telefoniert.
Die Geschichte, die wir also erzählen, ist die, dass ich zu Fuß und mit verschiedenen Fortbewegungsmitteln unterwegs bin, um den Zeltplatz zu finden, auf dem ich dann am Lagerfeuer meine Geschichte erzähle.
Das Ganze soll sich rund um den Milford Sound abspielen.
Im Vorfeld habe ich mich natürlich schlau gemacht: Sound heißt eigentlich nur Meeresarm, und der reicht hier 15 Kilometer von der Tasmanischen See ins Festland hinein. Dieser hier hat seinen Namen vom Ort Milford Haven in Wales. Im Gegensatz zu den Marlborough Sounds handelt es sich beim Milford Sound auch um einen Fjord. Es ist also nicht nur Wasser in ein gewöhnliches Tal gelaufen, als sich das Festland absenkte, sondern diese Buchten entstanden durch einen Gletscher. Während der Eiszeit schliff dieser dann nicht nur sich selbst, sondern auch Felsen auf seinem Weg ins Meer ab. Irgendwann schmolz er und das Meerwasser lief ins Tal. Anschließend hob sich die Landmasse noch einmal an, weil das Eis ja entschwunden war und dadurch Gewicht entfiel. Und schon sieht es toll aus. So einfach geht das, da braucht es kein Vulkangedöns, auch Schnee macht schön. Wenn er weg ist.
Leider ist der Weg in diese malerische Landschaftalles andere als optimal. Unser Quartier liegt in Queenstown, der mit 10000 Einwohnern nicht allzu großen Hauptstadt des Queenstown-Lakes-Distrikts in der Region Otago. Es gibt nur eine 286 Kilometer lange Straßenverbindung, die lockere drei bis vier Stunden dauert. Erst weit nach Süden und dann in einem großen Bogen um die Mavora Lakes und die sie umgebende Gebirgslandschaft herum, weil einfach keine 16-spurige Autobahn quer durch den Fjordland-Nationalpark gebaut werden darf.
Schon die ersten Segler befuhren den Sound nicht, weil die Einfahrt am Meer zu eng war, als dass man vermuten konnte, hier auf einen so langen Meeresarm zu stoßen. Außerdem hatte man Sorge, durch die Enge des Tales zur Manövrierunfähigkeit verdammt zu sein. Pech gehabt, die haben was verpasst.
Was sollen wir tun, damit uns die lange Autofahrt erspart bleibt? Da wir über unsere immer gut gelaunte Neuseelandfachfrau Awesome-Amazing-Katie recht gute Kontakte zu den diversen Schaltstellen in der Region Southland haben, werden wir am Morgen zu einem kleinen Wiesenplatz gefahren, wo ein Hubschrauber auf uns wartet. So fliegen wir einfach über die Berge. Dadurch allerdings nur mit einem kleinen Team: Tommy, die immer gut gelaunte Neuseelandfachfrau Awesome-Amazing-Katie, Alex, Jakob und ich. Renate, Elke und die immer lächelnde Claudia müssen in Queenstown bleiben und arbeiten: shoppen, Landschaft ansehen und schlafen.
Schade
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