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Am schönsten Arsch der Welt: Bekenntnisse eines Neuseelandreisenden (German Edition)

Am schönsten Arsch der Welt: Bekenntnisse eines Neuseelandreisenden (German Edition)

Titel: Am schönsten Arsch der Welt: Bekenntnisse eines Neuseelandreisenden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hoecker
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heraus und mache sogar Bilder mit mir selbst im Vordergrund.
    Das hat Tommy mir erklärt.
    »du brauchst ne anbindung«
    »Was brauche ich?«
    »ne anbindung wegen der geschichte«
    »Welche Geschichte? Das ist ein Bild, da bewegt sich nichts.«
    »auch bilder erzählen geschichten«
    »???«
    »bilder mit walen gibt es wie sand am meer nix besonderes«
    »Ja, aber das Bild ist von mir.«
    »wer weiß das«
    »De…, also … di… Niemand.«
    »eben also guck dass du mit drauf bist dann ist es eine geschichte«

    Kommt es bei dieser Art der Darstellung nicht auch auf das Ziel einer Dokumentation an? Wenn ich Professor Grzimek auf jedem seiner Filme in ähnlicher Weise hätte in die Kamera grinsen sehen, wäre das zwar ganz prima an ihn angebunden, aber tierfilmerisch irgendwie unrund. Bei Löwen, Flusspferden und Giftschlangen zudem äußerst fahrlässig.
    Zunächst einmal bedanke ich mich ganz herzlich bei dir, dass du meinen Ausflug auf einem Hochseeschnellboot und das spontane Abknipsen abtauchender Wale zum Festhalten des Moments mit dem dokumentarischen Anspruch eines Tierfilmers gleichsetzt. Der allerdings verbringt gerne mal Stunden, Tage oder gar Monate, wenn nicht Jahre, im Busch oder unter Erdhügeln. Manchmal sogar im Wasser, um später von all den vielen Aufnahmen die Essenz zu zeigen, quasi die Diamanten aus dem großen Sandhaufen des Gesehenen. Wenn dabei der Fotograf immer mit auf dem Bildmaterial wäre, würde es die Würde des Motivs beeinträchtigen. Aber hier ist der Unterschied: Ich bin das Motiv.
    Der majestätische und selten zu erblickende Wal, das eigentliche Objekt der temporären Begierde, gerät zum Nebendarsteller? Warum kommt mir gerade bloß der Name »Ahab« in den Sinn?
    Die ganze Zeit höre ich natürlich auch den Gesprächen der anderen Mitfahrer zu. Irgendwann wundere ich mich über den inflationärenGebrauch des Wortes »Sperm«. Das kann ich sofort übersetzen, weil ich während meiner Revoluzzer-Katholiken-Phase oft das Lied »Every Sperm ist Sacred« von Monty Python gehört habe. Aus Protest. Alleine in meinem Zimmer.

    Ich werde dann aber schnell der Tatsache gewahr, dass der »Pottwal« im Englischen »Sperm Whale« genannt wird. Man mag sich gar nicht vorstellen, wie jemand auf diesen Namen gekommen ist. Was war das Erste, das man gesehen hat, als man nach einem Namen für den Wal gesucht hat …
    Die Erklärung, die uns der Tour-Begleiter gibt, ist dann doch völlig anders, aber nicht weniger anzüglich: Der Waltran, der sich in diesem großen unförmigen Ding befindet, das gerne als Kopf bezeichnet wird, hat die Konsistenz von Sperma. Dieser Waltran heißt Spermaceti: »Samenflüssigkeit eines Meerungeheuers«.
    Die Skurrilität dieser Namensgebung hat weniger mit der leicht schmuddeligen Anmutung zu tun, die vielleicht das Herz eines über Vierzigjährigen höher schlagen lässt, sondern mit der Vorstellung, dass dieser Name an jeder Kinderzimmerwand hängt, an der Poster mit Pottwalbildern befestigt sind.
    Außerdem möchte ich sehr gerne mit fundamentalen amerikanischen Evangelikalen einmal über die Schöpfung Gottes und natürlich insbesondere die des »Sperm Whale« reden und jedes Mal nach dem Namen und der genauen Aussprache fragen.
    Weniger schmuddelig ist die Funktion der Pampe beim Meeressäuger: Sie dient als Empfänger des Echolotsystems im Wal, da sie direkt vorn liegt und nur eine kurze Leitung ins zentrale Informationsverarbeitungssystem benötigt. Und sie funktioniert so gut, weil ein ausgewachsener Pottwal mit mehr als zwei Tonnen davon in seinem Kopf herumschwimmt. Leider ist diese enormeMenge auch einer der Gründe für seine Verfolgung. Dem toten Tier entnommen, verwandelt sich der Tran in eine wachsartige Substanz und diente bis zum Verbot des Walfangs als Kerzenwachs und Schmiermittel. Außerdem wurde er Kosmetika und Gerbstoffen beigefügt.
    Die deutsche Bezeichnung Pottwal, die sich vom niederdeutschen »Pott«, also Topf, ableitet, ist weit weniger anstößig, dafür aber eine Beleidigung für die Eleganz dieser Meeressäuger.
    Diese lassen sich nicht durch das zunehmende Interesse beirren, das ihnen zu Wasser und auch aus der Luft entgegengebracht wird. Denn über uns kreist eine kleine Propellermaschine, die anscheinend auch nach diesen Cetacea Ausschau hält.
    Ein zweites Boot ist in der Nähe, und durch Funk wird sich verständigt, wer wann wo einen Wal gesehen hat. Als der letzte Riese abgetaucht ist, fahren wir los und treffen uns an einer

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