Am schönsten Arsch der Welt: Bekenntnisse eines Neuseelandreisenden (German Edition)
der vergeht, ohne dass wir große Strecken zurücklegen müssen. Ich freue mich, dieses Land heute nicht nur durch Autofensterglas zu besichtigen, sondern es anzufassen, anzuspüren oder einfach auch mal anzuriechen.
Heute geht es direktemang zu meiner ersten Aufgabe. Da wir ja Werbung für Neuseeland machen, gibt es einige sprachliche Restriktionen, an die ich mich während der Aufnahmen halten muss. Ein eisernes Gesetz besagt also, dass das, was ich hier mache, natürlich nicht als »Aufgabe« oder »Pflicht« bezeichnet werden darf, weil das nicht nach Freiwilligkeit klingt, sondern nach Zwang. Elke und Jakob von der Werbeagentur lauschen ganz genau, ob das, was ich sage, neuseelandtourismusgerecht ist.
Im Laufe der vergangenen Wochen habe ich mich daher durch hartes Training von vielen sprachlichen Wendungen verabschieden müssen, die mir lieb und teuer waren:
»Heut muss ich …«
Möööp! Du musst nicht, du willst.
»Weil Peter X. das gewünscht hat, mache ich …«
Mööööp! Nicht weil er das gewünscht hat, weil du dir das wünschst …
»Soll ganz toll sein …«
Mööööööp! Soll nicht, ist!
Also begeben wir uns zur ersten Aufga… möööp! – zur ersten Herausforderung: »Leg am Ninety Mile Beach mit Handtüchern deinen Namen in den Sand!«
Ja, das hätte ich schon immer mal machen sollen … äh, wollen. Aber jetzt mal unter uns: Ich hasse Strand. Der besteht aus Sand. Und Sand hängt nachher überall am und im Körper.
Aber von den über 4000 Vorschlägen waren für jeden Tag eben drei ausgewählt worden, die rein zeitlich und räumlich möglich waren. Und dann haben die User in Deutschland in den 24 Stunden vorher per einfachem Voting darüber abgestimmt, was ich genau zu tun habe. Wir machen uns also auf den Weg zur 115 Kilometer entfernten Westküste.
Der Strand ist, wie der Name schon sagt, sehr, sehr lang. Auch wenn die hier ein wenig großzügig mit Vermessungstechnik umgehen. Denn der 90-Meilen-Strand zieht sich leider nur 55 Meilen die Küste entlang, hinter dem Scott Point im Norden ist Schluss mit Sand. Falls also jemand vorhaben sollte, sich ab Kilometer 56 zu verabreden, findet das Treffen leider im Pazifik statt. Und da gibt’s Haie.
Um beim Dreh nicht in solcherlei missliche Lagen zu geraten, brauchen wir einen Experten. Da wir als deutsche Arbeitstouristen natürlich keine Ahnung von den Details des Landes haben und froh sind, wenn unsere satellitengestützte Navigation uns zum Ziel führt, vertrauen wir auf unsere stets gut gelaunte Neuseelandfachfrau Katie. Seltsamerweise ist sie hier keine große geografische Hilfe, denn sie arbeitet normalerweise von London aus für »Travel New Zealand«. Damit ist sie für siebenhundert Millionen Europäer zuständig. Derzeit aber speziell für acht Deutsche. Und man wächst ja mit seinen Aufgaben. Und diese machen sie im Grunde zu einem Tourismus-Schießhund, immer auf der Jagd nach eventuellen Fehlgriffen unsererseits. Schließlich soll Neuseeland so dargestellt werden, wie es ist: fantastisch. Und nicht so, wie ich mich gerade fühle: jetlagig. Ich habe aber schon herausgefunden: Sobald ich mich bewege, ist das Müdigkeitsgefühl verschwunden. Organisationstalent Katie hat just jemanden aufgetan, der sich seinen Lebensunterhalt mit der Vermietung von Spaßgeräten wie Kajaks, Tauchausrüstungen und Quads verdient und uns vor Ort unterstützen wird – mit seinem Fahrzeug, seiner Ortskenntnis und vor allem mit seinem Wissen. In Ahipara werden wir ihn treffen.
Zugegeben, an dieser Stelle musste ich schon etwas schmunzeln. Genau genommen habe ich jetzt einen halben Liter Apfelschorle in Nase, Nebenhöhlen und auf der Tastatur. Alpin-Bernhard, dessen euphorischstes Prädikat für Strandurlaub »laaangweilig« lautet, verschlägt es bei seiner ersten Aufgabe, Verzeihung Erlebnis, in den größten Sandkasten der Insel. Dabei hast du doch schon schlechte Laune, wenn deine Tour-Garderobe zur Dekoration mit einem Einmachglas voller Sand und Muscheln versehen ist. Als Hobby-Nordfriese habe ich dafür natürlich nur wenig Verständnis. Bin ich doch jahrzehntelang nach Amrum gepilgert, um mich an den Weiten des Kniepsands zu entspannen. Aber 10 Quadratkilometer Strand, die an der breitesten Stelle 1,5 Kilometer bis zur tosenden Nordsee bieten, sind natürlich ein Nichts gegen die 88 Kilometer, die du am Startpunkt deines neuseeländischen Trips vorfandest. Toll! Also für mich ist allein die Vorstellung einer solchen Sand-Ansammlung
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