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Am Sonntag blieb der Rabbi weg

Am Sonntag blieb der Rabbi weg

Titel: Am Sonntag blieb der Rabbi weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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schließt nicht aus, dass ich so was wie eine eigene Meinung habe … Ich bin weiß Gott fair geblieben – Sie waren doch bei der Vernehmung dabei, Rabbi: Hab ich ihn fertig gemacht? Hab ich ihn auch nur angebrüllt? Ich hab ihn praktisch angefleht, sich einen Anwalt zu nehmen. Aber er hat sich geweigert.»
    «Aber als er seine Version erzählte, haben Sie ganz automatisch alles akzeptiert, was auf eine mögliche Täterschaft hinwies, und alles, was für seine Unschuld sprach, als einen Wust von Lügen abgetan, nicht wahr?»
    «Gott, Rabbi – das ist doch immer so: Man muss sich entscheiden, was man für glaubhaft hält und was nicht … Nehmen Sie doch nur mal seine Behauptung, da hätte ein Auto etwa zwanzig Minuten lang vor der Villa …»
    Der Rabbi ließ ihn nicht ausreden. «Der Wagen hat tatsächlich dort geparkt.»
    «Was sagen Sie da?»
    Der Rabbi berichtete von seiner Unterredung mit Paff.
    Lanigan lief im Zimmer hin und her und dachte laut vor sich hin: «Das heißt also, Paff hat möglicherweise gesehen, wie Jenkins ins Haus gegangen ist … Was tut er daraufhin? Er wartet, um zu sehen, wie’s weitergeht … Jenkins bleibt eine Weile im Haus … Fährt Paff einfach wieder davon? Er ist am Tatort; er hat ein Transportmittel, aber kein brauchbares Alibi …» Lanigan blieb stehen. «Nein, Rabbi!» Er schüttelte energisch den Kopf. «Nein – das kauf ich Ihnen nicht ab. Sie werfen doch nicht ein Mitglied Ihrer Gemeinde den Wölfen zum Fraß vor … Da steckt doch noch etwas dahinter!»
    «Ich will Ihnen nur zeigen, dass es noch andere Möglichkeiten gibt. Sie selbst sprachen von Gorfinkle junior und Bill Jacobs … Sehen Sie, Jenkins ist eben nicht der einzige Verdächtige. Ganz abgesehen davon, dass Ihre Beweisführung gegen ihn Löcher hat wie ein Sieb.»
    «Zum Beispiel?»
    «Zum Beispiel der Tod jenes Mannes in Boston. Was hatte Jenkins damit zu tun?»
    «Ich behaupte ja gar nicht, dass er was damit zu tun hatte. Zwischen dem Tod dieses Mannes und seinem Kontakt zu Moose braucht doch kein Zusammenhang zu bestehen!»
    «Es gibt solche Zufälle, das bestreite ich nicht. Aber sie sind selten … Nein, mein Hauptargument gegen Ihren Verdacht auf Jenkins ist, dass dieser Nachbar …»
    «Begg?»
    «Ja, Mr. Begg … dass er das Licht brennen sah. Deshalb hat er ja dann bei Ihnen angerufen.»
    Lanigan stutzte einen Augenblick, dann grinste er. «Ach so – jetzt verstehe ich … Sie wollen darauf hinaus, dass jemand nach Jenkins ins Haus gegangen ist, das Licht angeknipst und Moose umgebracht hat – vielleicht Ihr Mr. Paff … Nett ausgedacht, Rabbi, aber leider nicht stichhaltig: Jenkins sagt, er hat die Vorhänge zugezogen, bevor er Licht machte … Richtig?»
    «Richtig.»
    «Und er hat keinen Anlass, in diesem Punkt zu lügen.»
    «Einverstanden.»
    «Wenn also Paff oder irgendein geheimnisvoller Unbekannter Licht gemacht hätte, war es draußen nicht zu sehen.»
    «Ja, eben. Wie konnte also Begg das Licht sehen?»
    «Eh … wie?»
    «Die Jungen stimmen darin überein, dass sie das Licht nicht angeknipst haben; Jenkins hatte eine Taschenlampe, aber er zog erst die Vorhänge zu.»
    «Wie konnte dann also Begg Licht im Haus sehen?»
    «Das fragte ich Sie soeben», versetzte der Rabbi spitz. «Aber ich kann Ihnen die Antwort sagen: Die einzige Möglichkeit, bei verdunkelten Fenstern ein Licht zu sehen, ist, selber ins Haus zu gehen und es anzuknipsen.»
    «Sie meinen, dass …»
    «Ich meine, dass Begg wartete, bis Jenkins das Haus verließ, und dann selber hineinging – als Hausmeister hatte er ja den Schlüssel; die von Jenkins verschlossene Tür war also kein Hindernis. Begg knipst das Licht an, geht durch sämtliche Zimmer … Und ich behaupte, dass er dem Jungen die Plastikfolie über den Kopf gezogen hat. Dann lässt er das Licht brennen, damit er einen Grund für den Anruf bei der Polizei angeben kann, und geht hinüber, um zu telefonieren.»
    «Und vergisst, die Eingangstür zu schließen?»
    «Nein. Die hat er absichtlich offen gelassen. Entweder, damit es die Polizeistreife entdeckt – in diesem Fall hätte er nicht anzurufen brauchen –, oder um die Frage, wie der Mörder ins Haus gekommen war, gar nicht erst aufkommen zu lassen.»
    Lanigan rieb sich mit der roten Pranke das viereckige Kinn und dachte angestrengt nach. Dann fing er plötzlich an zu lachen: «Jetzt hätten Sie mich doch um ein Haar aufs Kreuz gelegt, Rabbi! Klingt alles sehr plausibel – bis auf eine Kleinigkeit …» Er

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