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Am Sonntag kommt das Enkelkind - und andere Einblicke in meine Wel

Am Sonntag kommt das Enkelkind - und andere Einblicke in meine Wel

Titel: Am Sonntag kommt das Enkelkind - und andere Einblicke in meine Wel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Langen Müller
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brauchen, als wir haben, um das Durchschnittliche im Leben gut zu würzen?

Machen wir es wie die Schildkröten …
    Was muss nicht alles getan werden, ehe eine Schüssel Kartoffelsalat einem Würstchen ihr Jawort gibt! Kartoffeln pflanzen, um Regen und Sonne beten, die Knollen ernten, in die Geschäfte schaffen und verkaufen, nach Hause tragen, schälen und klein schneiden. Gleiches mit den Zwiebeln tun. Dann Mayonnaise anrühren, würzen, den Salat mischen, von der Küchenschüssel in die feine Servierschale umfüllen und appetitanregend dekorieren. Mich wundert, dass es irgendwo auf der Welt noch Menschen gibt, die sich mit Kartoffelsalat einlassen.
    Der Frühstückskaffee hat auch seine Geschichte. Ein Kaffeebaum muss Blüten tragen, aus Blüten sollen Bohnen werden, die werden getrocknet, geröstet und oft auch gemahlen, ehe der Kaffee im Supermarkt auftaucht und Frau Meyer den Preis eine Zumutung findet. Als Kind habe ich im Hochland von Kenia erlebt, wie launisch und wetterempfindlich Kaffee ist. Er kriegt Migräne bei Hitze, und sind die Nächte zu kalt, leidet er an Depressionen. Und wir Hiesigen bestellen einen Cappuccino oder nippen am Espresso, und keiner von uns redet vom Kaffeebauern in Brasilien oder denkt an die Pflückerin in Äthiopien.
    Wer macht sich noch klar, dass das Wahre, Schöne und Gute grundsätzlich nur mit dem Prädikat langsam angeliefert wird! Siehe die Raupe, aus der ein Schmetterling wird, das Schneeglöckchen, das ursprünglich ein Samenkorn war, und das Elefantenbaby, das 22 Monate braucht, ehe es sich entschließt, Mamas Kuschelbauch für das Licht der Welt aufzugeben. Vergessen wollen wir auch nicht die Ewigkeiten, die es dauert, ehe eine gute Absicht zu einer guten Tat wird. Und für manche Menschen ist das Leben nicht lang genug, ehe ihnen aufgeht, dass sie den Kopf in erster Linie zum Denken und nicht als Abstellplatz für die Sonnenbrille bekommen haben.
    Seit Anbeginn der Welt tut sich der Mensch schwer mit der Empfehlung, dass sich Hetzen nicht lohnt. Schnecken und Schildkröten sind da klüger; sie bestehen in jeder Lebenslage darauf, dass gut Ding Weile haben will. Kommt aber doch einmal die Rede darauf, dass Gott nur sechs Tage brauchte, um die Welt zu erschaffen, so sind die Apostel der Langsamkeit allerdings bemerkenswert zungenflink. Die Schnecke, mit der ich jüngst über dieses Thema plauderte, schaute angewidert aus dem Fenster ihrer mobilen Villa. Sechs Tage für die ganze Welt, sagte sie patzig, also wenn du mich fragst, ist die Welt auch danach.

Leben zum Sonderpreis
    Ausverkauf, Räumungsverkauf, Sonderverkauf, Schlager für gute Kunden, Treuerabatt für die armen Tröpfe, die nicht begriffen haben, dass schlaue Sparer bis zum Umfallen Preise zu vergleichen haben. Ich melde Dauerbeschuss auf meinen Hausbriefkasten und versuchten Mord an meinen Nerven. Noch ist der Sommer ein Kücken, das unverschämt lange gebraucht hat, um aus dem Ei zu schlüpfen, und schon wird die schönste Zeit des Jahres zum Ausverkauf angemeldet. Vom Bikini bis zum Behälter für Eiswürfel, von Sonnencreme bis zum Rucksack mit eingebauter Kühltasche, Sommerliches gibt es zum Sondersonderpreis; Postwurfsendungen, pseudopersönliche Briefe und Riesenbuchstaben an den Fensterscheiben lassen wissen, dass jetzt die einzige Zeit ist, das kleine Schwarze für das große Gartenfest ins Haus zu holen, den chicen Grillkoffer und den zusammenklappbaren Swimmingpool, in den selbst Mieze gerne ihre Pfoten steckt. Bestimmt ist es auch klug, jetzt einen Mantel für das nächste Frühjahr zu kaufen. Vielleicht sind dann Gänseblümchen auf höllenschwarzem Grund in Mode, und ich stehe morgen dumm da, weil ich nicht gestern zugegriffen habe. Rechtzeitig zuzugreifen lernt man ja schon als Kind, sonst futtert der große Bruder die Sahne von der Torte weg, und die beste Freundin angelt sich den Prachtburschen, für den man seit der dritten Klasse schwärmt. Heute werden der kluge Mann, die beherzte Frau und auch schon die unschuldigen Krabbelkinder angehalten, noch rechtzeitiger zuzugreifen als in den Zeiten, da in den Poesiealben der hübsche Satz Bescheidenheit ist eine Zier zu lesen war. (Böse Buben wussten allerdings damals schon: Doch weiter kommt man ohne ihr.)
    Wo wir alle landen würden, wenn wir uns jedem Sonderangebot kampflos an den Hals werfen, das wissen noch nicht einmal die Schlauberger, die unsere Wirtschaft vom Krankenbett holen wollen, indem sie arme Leute noch ärmer machen, als sie

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