Am Sonntag kommt das Enkelkind - und andere Einblicke in meine Wel
gepressten Orangensaft als besonderes Frühstückserlebnis. Die Idee kam aus Amerika, damals noch das Land der unbegrenzten Möglichkeiten.
Die Sehnsucht deutscher Kinder galt in dieser Zeit Chewinggum und Coca-Cola. Derweil sangen sie Wasser ist zum Waschen da und Wasser trinkt das liebe Vieh. Ihre Väter ließen wissen Wer niemals einen Rausch gehabt, der ist kein echter Mann. Selbst Mami, die Hüterin der Volksgesundheit, trank lieber Kaffee als Wasser. Nach den wissenschaftlichen Erkenntnissen von heute hätte die Generation von vorgestern schon in der Kindheit austrocknen müssen wie eine grob misshandelte Primel. Dehydrieren nennt man das heute und runzelt die Stirn.
Menschen, die in Notzeiten aufgewachsen sind, neigen immer noch dazu, nur dann zu trinken, wenn sie Durst haben, in diesem Fall trinken sie selbstredend auch Wasser. Mit gefüllten Dreiviertelliterflaschen einkaufen oder ins Café geht die ältere Generation selten und ungern. Sie scheut den zusätzlichen Ballast. Und weshalb sind die Alten so schwächlich? Bestimmt haben sie in ihrer Jugend nicht genug Wasser getrunken.
Gespräch mit einer Rose aus Afrika
Die Rosen lagen auf dem Küchentisch, in der Vase perlte das Wasser, da flüsterte die rosa Dornenschönheit zart Jambo, und ihre wolkenweiße Schwester murmelte mit allerliebster Stimme Safari. Erst da fiel mir auf, dass die Blumen nicht aus Steinfurth stammten, wo seit jeher wunderbare Rosen wachsen. Sie hatten in Kenia erlebt, wie es ist, wenn in Afrika die Sonne feuerrot aufgeht und der Morgentau Geschichten von Gazellen und Giraffen erzählt. Weil aber die Menschen heute nichts mehr lassen mögen, wie es ursprünglich war, wurden Kenias Rosen gepflückt, auf Blatt und Knospe geprüft, verpackt und in eine fliegende Kiste gesteckt. Ciao, Heimat, Deutschland ruft!
Blumen, die einst in Bauerngärten wuchsen, kommen heute mit der gleichen Selbstverständlichkeit aus fernen Ländern wie Kaffee, Kakao oder Smaragde. Wer als Rose oder Nelke empfindliche Europäer bei Laune halten will, lässt allerdings wissen, dass der betreffende Blumenimport dem internationalen Standard für fairen Handel entspricht. Der Kunde, so las ich auf dem Verpackungspapier, würde durch seinen Kauf für verbesserte Lebens- und Arbeitsbedingungen der Plantagenarbeiter auf den Blumenfeldern sorgen. All dies machte ich den Reisenden aus Afrika klar.
Weil aber Rosen bekanntlich äußerst eigen sind und zu einer eigenen Meinung neigen, befahl mir eine rote Rosenkönigin mit eindeutiger Bewegung ihrer Dornenhand, auf der Stelle den Mund zu halten. Ihr wären ein Schmetterling in Afrika und sogar ein rotzfrecher Pavian tausendmal lieber als jede zeittypische Bekundung, dass die Menschen in Europa so sympathisch und menschenfreundlich wären. Weshalb, wurmte es die afrikanische Rose, holen sich die Leute denn immerzu Dinge ins Haus, die weite Wege zurücklegen müssen?
Wozu wirklich? Es gibt Spargel aus Peru, Erdbeeren aus Malawi und Kartoffeln aus Marokko. Für Deutschlands feine Herren werden die Hemden aus ägyptischer Baumwolle in Thailand genäht. Plastikpüppchen, indische Seidenkissen und Uhren, die so aussehen, als wären sie nie über den Schwarzwald hinausgekommen, reisen um die halbe Welt. So mancher Becher Joghurt legt mehr Kilometer zurück als ich in drei Jahren. Kommt eines gar nicht so fernen Tages die Frankfurter Grüne Soße aus Ghana und die bayerische Lederhose aus Bali? Und wer weiß, wie lange noch der deutsche Sommer der deutschen Petersilie die Laune verhageln darf, ehe sie für ein Beet in Bolivien optiert.
Im Juli liegt das Paradies zum Greifen nahe
Jetzt fragt niemand mehr, wann es endlich wieder richtig Sommer wird. Verdrängt haben wir, dass es so hässliche Worte wie Winter, Glatteis und Dauerhusten gibt. Der Juli ist aus ganz anderem Stoff, er ist ein Synonym für Sommer und Lebensfreude. Vom Sommermenschen wird deshalb erwartet, dass er mopsfidel und eine rundum sympathische Erscheinung ist.
Das ist viel verlangt. Gerade Sommermenschen haben einen eigenwilligen Geschmack. Grauköpfe tragen kurze Hosen, weiße Kindersocken und Sandalen, und manche Frau, die altersmäßig zu ihnen passt, zwängt sich in Jeans, mit denen ihre Enkelinnen sich wahrscheinlich nicht auf die Straße trauen. Die Jugend selbst liebt es tätowiert. Das hat den Charme von Litfaßsäulen.
Zu einem deutschen Sommer gehört auch, dass wir die ewig gleichen Mahnungen zu hören bekommen. Ärzte und sogar Minister sorgen
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