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Am Sonntag kommt das Enkelkind - und andere Einblicke in meine Wel

Am Sonntag kommt das Enkelkind - und andere Einblicke in meine Wel

Titel: Am Sonntag kommt das Enkelkind - und andere Einblicke in meine Wel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Langen Müller
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die Kinder besorgt. Überhaupt geben uns die Verlautbarungen von Promis, die am Grab ihrer Liebe stehen, viel Anlass zu der Hoffnung, dass die Welt eines Tages doch von ihren Malaisen geheilt wird. Kaum ein Mann, der im Rampenlicht sein Brot verdient, und schon gar nicht die Klassefrauen leisten sich einen befreienden Rundumschlag. Nur ausnahmsweise tun sie kund, die ehemaligen Partner(innen) wären Stinkstiefel, und man wünsche sie dorthin, wo der Pfeffer wächst.
    Jüngstes Beispiel ist die schöne Veronika Ferres, die man so glücklich wähnte wie Schneewittchen und ihr Prinz mit dem Glassarg. Frau Ferres und Gatte lassen uns nun wissen, sie gingen auseinander, aber ihre Freundschaft würde ewig währen. Ihrem Kind soll es an nichts mangeln. Wie das im Alltag funktioniert und ob die Kinder mit nur einem Elternteil wirklich mopsfidel und herzensfroh werden, erfährt man leider nie.

Schlaumeier geht zum Arzt
    Es ist bequem, sich im Grippefall beim Arzt mit einem warmen Händedruck und dem Rat zufriedenzugeben, die Füße warm und den Kopf kühl zu halten. Allerdings wird heute von Patienten mehr Eigeninitiative erwartet. Kluge Leute weisen uns regelmäßig darauf hin, dass es nicht mehr zeitgemäß ist, sich mit Husten, Heiserkeit oder Verdauungsbeschwerden ins Wartezimmer zu setzen und den Dingen ihren Lauf zu lassen. Lieber sollte man schon in gesunden Tagen eruieren, wie der Doktor seiner Wahl zu benoten ist. Kann er eine Grippe so schnell kurieren wie der berühmte Doktor Ching mit den Akupunkturnadeln, oder empfiehlt er immer noch Lindenblütentee und Wadenwickel? Wird er unwirsch, wenn man ihm berichtet, man hätte sich seine Halsentzündung beim Dackel geholt? Soll man Ärzte, die Simulanten für Querulanten halten und dabei aus ihrem Herzen keine Mördergrube machen, weiterempfehlen oder nicht? Man sieht: Beim Ärztetest gibt es mehr Dinge zu beachten, als sich der große Hippokrates (der mit dem Eid) einst träumen ließ.
    Merken wollen wir Schlaumeier uns, dass das Wartezimmer ebenso viel über einen Arzt und seine Persönlichkeit aussagt wie seine Titel und Ratschläge.
    Kratzen zu seinen Füßen glückliche Hühner im Sand, dann praktiziert er wahrscheinlich in Afrika und wird uns bei einer Halsentzündung weder Brombeersaft noch Bettruhe vorschlagen. Liegen in einem Wartezimmer nur Magazine herum, die den deutschen Jäger interessieren, jagt Herr Doktor wahrscheinlich arme Häschen und ist außerdem zu geizig, einen Lesezirkel zu abonnieren. So einer geizt bei seinen Patienten bestimmt auch mit Mitgefühl. Wer Kranke auf harten Stühlen hocken lässt, ist ein Sadist. Dem ist zu wünschen, dass er bald zu sich selbst in die Praxis muss.
    Ich ließ mich diese Woche gegen Grippe impfen. An der Wand eindrucksvolle moderne Kunst. Von einem grüßte ein Massai mit buntem Halsgeschmeide. Ich sehe ihn immer noch. Für Kinder gab es Stühle mit geschnitzten Tierköpfen. All dies ist nirgends zwingend vorgeschrieben, jedoch Augenschmaus und Herzensmedizin. Sie wirken Wunder. Na, sagen wir, kleine Wunder.

Ausflüge beim Kartoffelschälen
    Ein goldener Käfer flog in die Küche. Sechs wohlgeformte Beine, ein edler Kopf, ein schlanker Leib, alles von Meisterhand ziseliert und der Beweis, dass es zwischen Himmel und Erde ganz andere Dinge gibt, um die Phantasie zu beschäftigen, als dümmlich dreinblickende Kürbisköpfe und eklige Hexenmasken. Die machen uns ja schon seit Wochen und Jahr für Jahr aufs Neue weis, dass das amerikanische Spektakel Halloween in Wirklichkeit ein urdeutscher Volksbrauch ist.
    Mein Goldkäfer war eine internationale Erscheinung. Ich spürte spontan, dass es sich um einen verwunschenen Prinzen handelte, der auf einen Erlösungskuss wartete, um wieder ein Mann zu werden. Solche Schlüsse ziehen Frauen jeder Altersklasse. Vor allem beim Kartoffelschälen, das ja viel Freiraum zu inspirierenden Gedanken lässt, kann es vorkommen, dass eine Frau darangeht, sich eine andere Welt als die tatsächliche zu erschaffen. Es wird hier um Nachsicht für all jene gebeten, die nicht imstande sind, ihre Jugendträume beizeiten zu begraben.
    In Sachen verzauberter Prinz bin ich durchaus eine Frau vom Fach, habe ich doch einen gewaltigen Teil meiner Kindheit mit dem Küssen von Afrikas Fauna verbracht. Angefangen hat es mit einer Gazelle, die ich für ein Reh hielt und von der ich hoffte, ein Kuss würde aus ihr einen Bruder machen. Danach waren es Katz und Hund, ein mutterloser Pavian, Kaulquappen und

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