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Am Ufer Des Styx

Am Ufer Des Styx

Titel: Am Ufer Des Styx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Zustand können schon geringfügige Veränderungen fatale Folgen …«
    »Wenn er hier bleibt und nichts geschieht, wird er in jedem Fall sterben, oder nicht?«, fiel Sarah ihm ins Wort.
    »Das … nehme ich an«, kam der Doktor nicht umhin zuzugeben.
    »Dann ist es entschieden«, erwiderte Sarah hart. »Sir Jeffrey – bitte sorgen Sie dafür, dass Kamals Haft umgehend ausgesetzt wird.«
    »Man wird ihm nicht gestatten, das Land zu verlassen«, meinte Cranston überzeugt. »Immerhin steht er noch immer unter zweifachem Mordverdacht.«
    »Der Doktor hat Recht«, pflichtete Sir Jeffrey bei. »Zumindest wird man darauf bestehen, dass ein von Amts wegen bestellter Begleiter an der Reise teilnimmt.«
    »Ein Aufpasser, ja?«, fragte Sarah wenig begeistert.
    »Ein Beobachter«, drückte Cranston es neutraler aus. »Zudem wäre es gut, einen Arzt dabeizuhaben, der sich um Kamal kümmern und gegebenenfalls den Fortschritt seiner Genesung verfolgen und unterstützen könnte.«
    »Auch damit haben Sie sicher Recht«, gab Sarah zu, »aber ich sehe nicht, wie ich binnen kürzester Zeit …«
    »Ich wäre dazu bereit«, verkündete Cranston unerwartet.
    »Sie würden …?«
    »Die Zustimmung des Gerichts vorausgesetzt, würde ich Sie auf Ihrer Reise begleiten, Sarah – sowohl als offizieller Beobachter als auch in meiner Eigenschaft als Arzt.«
    »Eine vortreffliche Idee«, lobte Sir Jeffrey. »In Anbetracht von Dr. Cranstons makellosem Ruf und seinem Engagement in Newgate wird das Gericht gar nicht anders können, als unserem Antrag stattzugeben.«
    »Natürlich vorausgesetzt, Sie stimmen ebenfalls zu, Lady Kincaid«, wandte sich Cranston an Sarah.
    »Natürlich stimme ich zu«, versicherte Sarah, verwundert über diese glückliche Wendung. »Ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen für Ihr freundliches Angebot danken soll …«
    »Sie brauchen mir nicht zu danken, Lady Kincaid«, erwiderte Cranston galant und mit gewinnendem Lächeln. »Es wäre mir ein tiefes Bedürfnis und eine Ehre, Sie bei Ihrer Suche zu unterstützen.«
    »So ist Ihnen mein Dank doppelt gewiss«, entgegnete sie.
    »Trefflich, trefflich«, triumphierte Sir Jeffrey. »Somit wäre dies also geklärt. Alles, was Sie nun noch brauchen, ist ein Vertrauter auf dem Festland, der alle notwendigen Vorbereitungen trifft.«
    »Dafür habe ich schon jemanden im Auge«, versicherte Sarah, »und ich denke, dass er uns gerne behilflich sein wird.«
    »Wann werden Sie aufbrechen?«
    »So bald wie möglich«, antwortete Sarah. »Je eher wir mit der Suche nach einem Heilmittel für Kamal beginnen, desto besser.«
    »Tally-ho«, sagte Cranston. »So sagt man, wenn es zur Jagd geht – und wenn ich richtig verstanden habe, sind wir im Begriff, uns auf eine solche zu begeben, habe ich Recht?«
    »Allerdings, Doktor«, pflichtete Sarah bei, und ein grimmiges Grinsen spielte um ihre angespannten Gesichtszüge. »Allerdings …«
    K INCAID M ANOR , Y ORKSHIRE
N ACHT ZUM 2. O KTOBER 1884
    Ein helles Klirren beförderte Trevor Gordon aus dem tiefen Schlaf, in den er gefallen war.
    Der ältliche Steward, der schon seit vielen Jahren in den Diensten der Familie Kincaid stand, fungierte zu Zeiten, in denen die Herrin des Anwesens anderorts weilte, als Verwalter des Hauses.
    Er hatte sich um die Einnahmen und Ausgaben zu kümmern und darum, dass die Ländereien auch in Absenz ihrer Besitzerin Gewinn abwarfen; er hatte dafür Sorge zu tragen, dass die Hausdiener, Stallknechte und Küchenmägde ihrer Arbeit nachgingen, dass das Anwesen gepflegt und die Tiere in den Stallungen versorgt wurden; und er war für die Sicherheit des Besitzes verantwortlich, solange sich Lady Kincaid im fernen London aufhielt.
    In früheren Nächten hatte die Last dieser Verantwortung den alten Mann bisweilen kein Auge zutun lassen. In dieser Nacht jedoch – mochte es am Neumond liegen oder an der warmen Milch, die er vor dem Zubettgehen getrunken hatte – hatte er tief und fest geschlafen. Bis ihn besagtes Geräusch aus seinen Träumen riss, die von heißem Kaffee, frischem Schmalzgebäck und kandierten Äpfeln gehandelt hatten …
    Alarmiert fuhr der Verwalter hoch.
    Das Erste, was er wahrnahm, war ein frenetisches Knacken und Brausen, das von draußen zu kommen schien – im nächsten Moment erfasste sein vom Schlaf noch trunkener Blick das orangerote Flackern, das die dem Fenster gegenüberliegende Wand erhellte.
    Feuer!
    Mit einem schmerzhaften Stich im Herzen schoss der Verwalter aus dem Bett. In dem

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