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Am Ufer Des Styx

Am Ufer Des Styx

Titel: Am Ufer Des Styx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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ich alles – und ich meine alles – für Kamal tun würde, selbst wenn die Aussicht auf Erfolg noch so gering wäre. In diesem Fall jedoch ist es weder mein Glaube noch meine Verzweiflung, die mich zum Handeln veranlasst.«
    »Nein? Aber sagten Sie nicht eben …?«
    »Dass ich nach Prag reisen will, in der Tat«, bestätigte sie, »allerdings nicht, weil mich die Kraft des Mythos dorthin zieht, sondern weil ich sicher bin, dass man mich dort haben will. Wäre es anders gewesen, hätte man Kamal ermordet, statt ihn in jenen elenden Zustand zu versetzen. Auch hätten die Buchstaben auf seiner Stirn dann wohl anders gelautet.«
    »Was bedeutet das nun wieder?«
    »Entfernt man den ersten Buchstaben des hebräischen Wortes emeth, so bleibt das Wort meth, was nichts anderes als ›Tod‹ bedeutet – auf diese Weise wurde der Golem von Rabbi Löw unschädlich gemacht, nachdem er zur Bedrohung geworden war.«
    »Sie glauben also, es handelte sich bei der Aufschrift auf seiner Stirn um eine Art Botschaft?«, fragte Dr. Cranston.
    »In der Tat. Eine Aufforderung, nach Prag zu kommen und dort nach der Wahrheit zu suchen – wie immer sie auch aussehen mag.«
    »Und wie fügt sich Laydon in dieses Mosaik?«
    »Nach allem, was ich herausgefunden habe, bin ich nicht mehr der Ansicht, dass er mir aus freien Stücken geholfen hat – ich denke, man hat ihn dazu angestiftet. Die Organisation wusste, dass er nach Bedlam überstellt werden würde, ebenso wie sie wusste, dass ich mich zunächst an ihn wenden würde. Also benutzte sie ihn, um meine Aufmerksamkeit zu wecken und mir einen ersten Hinweis zu geben. Der Zeitungsartikel war Hinweis Nummer zwei.«
    »Wollen Sie damit sagen, dass der Artikel nur aus diesem Grund in der Times erschienen ist?«, erkundigte sich Cranston. »Dass der Einfluss jener Leute so weit reicht?«
    »Wie weit er tatsächlich reicht, wage ich nicht zu beurteilen«, erwiderte Sarah. »Aber dass die Organisation über große Macht verfügt, hat sie wiederholt bewiesen. Und wenn ich im Schatten von Thot eines gelernt habe, dann, dass ihr alles zuzutrauen ist.«
    »Allmählich verstehe ich.« Die Einsicht, dass Gardiner Kincaids Tochter nicht absonderlichen Hirngespinsten verfallen, sondern nach wie vor Herrin ihrer Vernunft und ihres Verstandes war, beruhigte Jeffrey Hull sichtlich. »Eines jedoch sollten Sie bedenken, Sarah.«
    »Nämlich?«
    »Wenn all diese Informationen nur zu dem einen Zweck ausgestreut wurden, Sie nach Prag zu locken, dann sollten Sie damit rechnen, dass es sich bei diesem infamen Spiel um eine Falle handelt. Nach allem, was geschehen ist, hat die Organisation keinen Grund, Ihnen wohlgesonnen zu sein.«
    »Dessen bin ich mir durchaus bewusst, Sir Jeffrey. Aber ich denke nicht, dass es unseren Feinden nur darum geht, sich an mir zu rächen – andernfalls wäre Kamal längst nicht mehr am Leben, und man hätte nicht solchen Aufwand betrieben, um mich zu ködern. Ganz offensichtlich will man etwas von mir, und Kamal dient dabei als Faustpfand. Mir ist klar, dass darin eine gewisse Gefahr liegt, und Sie dürfen mir glauben, dass ich nichts lieber täte, als zusammen mit Kamal nach Kincaid Manor zurückzukehren und diesen ganzen Albtraum möglichst rasch zu vergessen. Aber die Gefahr ist gleichzeitig auch Kamals Chance – und zwar die einzige, die er hat.«
    »Ich verstehe.«
    »Zudem«, fügte Sarah beschwichtigend hinzu, »glaube ich mich meinen Feinden gegenüber im Vorteil.«
    »Aus welchem Grund?«
    »Die Gegenseite ahnt nicht, dass ich ihren Plan durchschaue. Anders als im vergangenen Jahr bin ich vorbereitet – und ich habe ganz sicher nicht vor, mich zweimal mit demselben Trick ködern zu lassen. Die Spur führt nach Prag.«
    »Wenn Sie gehen, werden Sie allein gehen müssen«, sagte Sir Jeffrey. »Die Reise nach Ägypten hat mir meine Grenzen aufgezeigt. Ich werde zu alt für derlei Dinge …«
    »Das verstehe ich.« Sarah nickte. »Grämen Sie sich deswegen nicht, lieber Freund. Sie haben mir bereits mehr geholfen, als ich Ihnen jemals vergelten kann.«
    »Dennoch sollten Sie keinesfalls allein reisen«, wandte Sir Jeffrey ein.
    »Das werde ich nicht – Kamal wird mich begleiten.«
    »Sie … wollen ihn mitnehmen?«, ächzte Cranston.
    »Natürlich. Sollte es ein Heilmittel geben, so muss er es sofort bekommen. Die Zeit drängt, das waren Ihre Worte.«
    »Dennoch ist eine solche Reise mit unzähligen Unwägbarkeiten und Strapazen verbunden. Für einen Patienten in Kamals

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