Am zwölften Tag: Denglers siebter Fall (German Edition)
bulgarische Frauen an Bordelle und Laufhäuser in Deutschland vertickt. Der Teilnehmer heißt Marcus Steiner und ist einer der Chefs der First Rocker Crew. Wir checken gerade das Telefon der Frau, mit der er telefoniert hat.«
»Ich brauche unbedingt den Standort des Handys von diesem Marcus Steiner. Ich würde auch gerne wissen, mit wem dieser Steiner sonst noch spricht.«
»Kompliziert, Georg, kompliziert. Das machen jetzt nicht mehr die spanischen Kollegen, das läuft jetzt direkt über Wiesbaden.«
»Es geht um meinen Sohn, Christof.«
»Ich weiß, ich weiß. Aber ich bin jetzt am Ende meiner Möglichkeiten. Sorry. Aber das ist eine heiße Spur. Die Kollegen in Wiesbaden …«.
»Ich brauch deine Hilfe. Wo sitzt dieser Steiner? Hallo? Hallo, Christof? Hallo?«
94. Büro Dr. Richard Müller, BKA Wiesbaden, vormittags
»Marlies, vielen Dank, dass Sie wieder mal an einem Sonntag für mich ins Büro gekommen sind. Was liegt noch an?«
»Die Unterschriftenmappe. Ich würde sie gerne wieder mitnehmen. Ich will dann auch gleich nach Hause und hätte die Sachen gerne weg von meinem Schreibtisch.«
»Okay, okay. Was Wichtiges dabei?«
»Nichts Wichtiges, ein paar Sachen nur, Büromaterial, Druckerpapier, zwei Tonerkartuschen, die ich dringend brauche, eine Telefonüberwachung, das Protokoll der letzten Sitzung des ... «
»Okay, okay. Warten Sie kurz, Marlies. Sie können die Mappe gleich wieder mitnehmen.«
Dr. Müller unterschreibt mit schwungvollem Bogen die Formulare und reicht die Mappe Marlies zurück.
Monolog Carsten Osterhannes
Um ein Beispiel zu nennen: Wir zahlen dem Subunternehmer 1,03 Euro pro geschlachtetes Schwein. Früher lagen die Kosten mehr als doppelt so hoch, nämlich bei 2,50 pro Schwein. Der Subunternehmer schlachtet 600 Schweine in der Stunde und braucht dazu 60 Mann. Er bekommt also von uns 618 Euro in der Stunde. Wir bekommen dafür von ihm fertig zerlegte Schweinehälften. In diesem Preis ist enthalten: das Aufhängen der betäubten Schweine, das Stechen, das Schrubben der Haut, das Kopfabschneiden, das Fußabhacken, das Entfernen und Säubern der Darmpakete und so weiter.
Auf seine Leute umgerechnet setzt der Subunternehmer also 10,30 Euro pro Arbeitskraft und Stunde um. Davon muss er für seine Leute jedoch noch Arbeitskleidung, Werkzeuge, Beile, Messer und Sozialversicherung zahlen. Und er wird reich dabei. Der deutsche Subunternehmer, der uns jahrelang mit Rumänen belieferte, erzielte innerhalb von vier Jahren fünf Millionen Euro Privatvermögen – nach Steuerzahlung.
Für die Rumänen am Band bleiben dann zwei Euro, zwei Euro fünfzig oder drei Euro pro Stunde. Da das fleißige Leute sind, die zehn und mehr Stunden arbeiten, freuen die sich. Für die ist das viel Geld. Allen ist geholfen. Alle sind glücklich.
Um einen Schlüsselbeinknochen auszulösen, braucht man zwei oder drei kräftige Schnitte. Meine Personalabteilung hat es ausgerechnet: Pro Schnitt verdient eine Frau 0,0098 Euro, ein Mann 0,0131 Euro. Es ist eine harte Arbeit, ich weiß. Mit 100000 Schnitten im Monat erhält eine rumänische Frau 980 Euro – brutto.
Und das muss so sein. Ohne die Werkverträge müssten wir Tariflöhne bezahlen. Mir schaudert allein bei dem Gedanken. Durch die Werkverträge haben wir ein Niedriglohnparadies mitten in Deutschland geschaffen. Das ist unsere Basis, um den europäischen Markt aufzurollen. Mitten in Deutschland, im schönen Oldenburger Land, rund um das idyllische Münster mit den schönen Boutiquen, im Herzland des Katholizismus, haben wir es geschafft, ein Lohnniveau zu schaffen wie in den Karpaten.
Es ist kein Wunder, dass Danish Crown Schlachtbetriebe in Dänemark geschlossen hat und zu uns ins Oldenburger Land gekommen ist. Belgische Schlachtereien siedeln sich hier an. Nirgends sonst ist die Arbeit so billig wie hier.
Okay, es gibt Verfahren bei der EU wegen des angeblichen Lohndumpings in der Fleischindustrie in Deutschland. Aber dem sehen wir ruhigen Blicks entgegen. Solange die Regierung unsere Expansion fördert, werden wir dieses System ausbauen.
Wir stehen ja erst am Anfang.
95. Hotelzimmer, Barcelona, mittags
»Georg?«
»Hallo Marlies. Hast du was für mich?«
»Ja, mein Süßer, habe ich. Ich hab’s gemacht wie früher. Dem Müller einfach eine Postmappe …«
»Klasse, ich danke dir. Und?«
»Sei doch nicht so kurz angebunden. Der Anruf kam von einem Bauernhof in der Nähe von Oldenburg. Ein kleines Anwesen, das einem Bauern namens Zemke
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