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Amarilis (German Edition)

Amarilis (German Edition)

Titel: Amarilis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Kempas
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und doch
waren sie weiter geflogen, als sie es normalerweise jemals innerhalb eines Menschenlebens
erreichen konnten. Aber auch dieser Teil des ihm unbekannten Sternenhaufens
glich in allem dem, was er bereits gesehen hatte. Er hatte eigentlich, obwohl
er es sich nicht eingestand, eine tiefgreifende Veränderung des Weltraums
erwartet. Doch auch hier sah es genauso grenzenlos, still und dunkel aus. Der
Kosmos blieb, wie er war. Nur der Mensch veränderte sich. Das Weltall
wiederholte sich lediglich in der Durchdringung seiner Räume, wie ein Meer,
dessen Wellen sich im Laufe der Gezeiten zurückzogen und wieder auseinanderliefen.
Der Mensch wiederholte sich niemals. Ihn gab es nur einmal. Wenn er starb, dann
blieb nichts.
       Angelo seufzte laut auf. Wie vermochte der Kosmos ihm qualvoller
die Winzigkeit seiner irdischen Bedeutung aufzuzeigen, als das er ihm nur einen
Ausschnitt, einen kleinen Einblick in die eigene Unendlichkeit gewährte.
       Plötzlich überkam ihn wieder die alte Furcht vor dem Fremden,
dem Unerreichbaren und der eigenen Unzulänglichkeit. Wie oft hatte er danach
getrachtet, sich zu vervollkommnen, und wie oft musste er dabei die Begrenztheit
seiner kleinen Welt erkennen. Ein Zittern überkam ihn.
       ‚Ich muss mich ablenken’, sagte er sich. Er nahm ein paar
Notizen, über die er sich Auskunft holen wollte und ging in die Bibliothek. Als
sich die Tür hinter ihm schloss, gewahrte er am büchernahen Fenstertisch Steff
Maiger. Erst konnte er sich nicht entschließen, zu ihm zu gehen, da er sich
noch immer nicht in der Gewalt glaubte, doch dann versuchte er den Zwiespalt,
der sich tief in seine Brust gegraben hatte, zu verdrängen.
       »Hallo Steff«, begrüßte er den Paläontologen. »Ist ja eine
Überraschung, dich auch hier zu treffen.«
       Dieser nickte ihm zu. »Ich versuche mir gerade über etwas
Klarheit zu verschaffen, bei dem ich noch gar nicht weiß, unter welchem Namen
ich es eigentlich suchen soll.«
       »Oh, das hört sich zumindest interessant an. Darf man
vielleicht fragen ...«
       »Fragen schon.« Steff lachte. »Aber ob du auch antworten
kannst.«
       »Na, dann gib mir eine Chance.«
       »Weißt du, über die Begrenztheit der kosmischen Materie ist
ja einiges bekannt. Sie ist endlich und bleibt immer erhalten ...«
       »Nicht so schnell, Steff«, unterbrach ihn Angelo. »Dass die
Gesamtmaterie endlich ist, gilt bislang nur theoretisch. Aber das ihre Masseverhältnisse
unverändert bleiben, ist auf keinen Fall immer so richtig. Zum Beispiel haben
Photonen als Lichtwelle Masse, und bei einem Aufeinandertreffen von Materie mit
ihren antigeladenen Teilchen entsteht reine Energie. Aber diese Erwägungen
beziehen sich nur auf das, was wir schon wissen ...«
       »Ja, was wissen wir schon«, sagte Steff vor sich hin, doch
Angelo zog es den Magen zusammen. »Ich wollte auch nur darauf hinaus, dass wir
uns im Gegensatz zum stofflichen Kosmos noch keine Vorstellungen über seine
Räumlichkeiten machen können. Denn eine Unendlichkeit vermögen wir eben nicht
zu begreifen.«
       Der Italiener ergänzte: »Ich gehe sogar soweit, dass es sie gar
nicht gibt. Auch der Raum ist endlich!« Seine Stimme erhielt einen aggressiven
Unterton. Eifrig wandte er sich Steff wieder zu: »Ich versuche dir das mal zu erklären.
Aber ich kann dir nichts versprechen.«
       Er stand auf und betätigte einige Schalter. Matt
fluoreszierten sich kleine Punkte in der Mitte des Raumes. »Hier siehst du die
Milchstraße.« Er schaltete noch eine Ebene hinzu und dirigierte die
Lichtstrahlen, die von verschiedenen Seiten kamen, zu einem einheitlichen Bild.
»Und hier siehst du nun die Galaxie, die sich unserem System anschließt.« Dann
schaltete er einen weiteren Lichtkreis ein. »Und das hier ist unser gesamter
Sternenhaufen.«
       Er schien Steff während seiner Vorführungen kaum zu beachten,
und dieser fragte sich mittlerweile, worauf er eigentlich hinaus wollte. Wie in
emsiger Arbeit vertieft, schaltete Angelo ein neues Sternensystem ein. »Dieses
ist nun die Galaxie der Santoganer. Siehst du, hier kannst du sogar ihren
Planeten erkennen.« Er wies mit einem langen Zeigestock auf einen
bläulich-gelben Punkt inmitten eines Nebels aus tausend Sternen.
       Steff, der sich nun wieder angesprochen fühlte, fragte ihn an
dieser Stelle: »Aber was willst du mir damit sagen, Angelo?«
       Dieser schaltete völlig unbeirrt einen weiteren Sternenhaufen
ein und erklärte ihm dann:

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